Ruhestand:Der letzte Schultag

Ruhestand: Gabriele Kindermann wusste schon an ihrem ersten Schultag, dass sie selbst einmal Lehrerin werden würde. Ihren Entschluss hat sie nach eigenen Angaben nie bereut.

Gabriele Kindermann wusste schon an ihrem ersten Schultag, dass sie selbst einmal Lehrerin werden würde. Ihren Entschluss hat sie nach eigenen Angaben nie bereut.

(Foto: Privat)

Gabriele Kindermann war 42 Jahre Lehrerin. Nun hört sie auf

Von Marie Heßlinger, Unterschleißheim

Die Klassenkasse hat sie mit ihren Schülern zur Eisdiele getragen, das Klassenzimmer ausgeräumt. Ihren Ausstand hat sie gefeiert, die Zeugnisse unterschrieben. So verlässt Gabriele Kindermann nach 42 Jahren die Grund- und Mittelschule in Unterschleißheim. An diesem Freitag ist ihr letzter Schultag.

"Mama, ich will auch mal Lehrerin werden", sagte Gabriele Kindermann vor 60 Jahren an ihrem ersten Schultag. An einem ihrer letzten sagt sie: "Ich habe diesen Entschluss nie, nie, nie in Zweifel gezogen." 1976 hatte sie ihren ersten Schultag als Lehrerin. Sie unterrichtete eine sechste Klasse in Scheyern, 43 Schüler. "Da musste ich spätestens um sieben Uhr im Klassenzimmer sein, um den Ofen anzuheizen", erinnert sie sich.

Ein Jahr später zog sie nach Unterschleißheim, wo sie blieb. Und bis zum Schluss war Kindermann jeden Tag spätestens um sieben Uhr in der Schule. "Zum Quatschen und Kopieren", sagt Kindermann. Wenn sie nun gehe, werde sie ihre Kollegen vermissen.

An den Schulen hat sich in ihren Augen vor allem eines verändert: das Niveau. Die Schüler seien "anstrengender und unselbstständiger geworden", sagt Kindermann. Ein Grund dafür ist ihrer Meinung nach, dass Eltern nach der Grundschule allzu oft entscheiden, ihre Kinder aufs Gymnasium zu schicken. "Viele kommen dann völlig frustriert und demotiviert zu uns", sagt die Mittelschullehrerin. Sie stört sich außerdem an der "Tendenz, die Anforderungen immer weiter runterzuschrauben" und nennt als Beispiel: "Ein Schnitt von 1,8, das ist völlig unrealistisch." Bei ihren jüngeren Kollegen vermisse sie "die kritische Auseinandersetzung mit dem Schulbetrieb", sagt die 65-Jährige und: "Ich würde gerne was von meinem kritischen Geist dalassen."

Diesen kritischen Geist will Kindermann im Ruhestand mit einem Studium Generale fit halten. Als Sportlehrerin geht sie gern wandern und ins Fitnessstudio, das wird sie im Ruhestand noch häufiger tun. Und sie will endlich außerhalb der Schulferien verreisen: Nach Mecklenburg-Vorpommern etwa, wo sie mal auf Klassenfahrt war. Außerdem will sie sich mit ihrem Mann eine Kreuzfahrt gönnen. "Ich gehe vergnüglich", sagt Kindermann und fügt hinzu: "Die Wehmut kommt vielleicht später."

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