Rücktritt:Baierbrunns Bürgermeisterin wirft hin

Rücktritt: Bei der Einweihung des neuen Wasserkraftwerks an der Isar im Juli machte Barbara Angermaier noch gute Miene. Jetzt wurde ihr die Belastung offensichtlich zu groß.

Bei der Einweihung des neuen Wasserkraftwerks an der Isar im Juli machte Barbara Angermaier noch gute Miene. Jetzt wurde ihr die Belastung offensichtlich zu groß.

(Foto: Claus Schunk)

Barbara Angermaier bittet den Gemeinderat, sie wegen "massiver persönlicher Angriffe" von ihrem Amt zu entbinden. Schon diesen Dienstag könnte Stellvertreter Wolfgang Jirschik die Geschäfte im Rathaus übernehmen

Von Iris Hilberth und Udo Watter, Baierbrunn

Baierbrunn steht vor vorgezogenen Neuwahlen: Bürgermeisterin Barbara Angermaier hat am Montag hingeschmissen. Die parteilose Rathauschefin von der Baierbrunner Interessengemeinschaft (BIG) gab am Montagvormittag bekannt, dass sie beim Gemeinderat einen Antrag auf Entlassung aus dem Bürgermeisteramt gestellt hat. Als Grund für ihre Entscheidung gibt sie "massive persönliche Angriffe" und eine "daraus resultierende Belastung" an.

Eine Entscheidung dürfte schon an diesem Dienstag fallen. Um 19 Uhr tritt der Gemeinderat im Rathaus zusammen und muss über den Antrag entscheiden. Folgt man der Einschätzung des Bayerischen Gemeindetags, ist davon auszugehen, dass die Ära Angermaier in Baierbrunn beendet ist. Zwar will der für kommunale Wahlbeamte zuständige Referent Hans-Peter Mayer sich zu dem aktuellen Fall nicht äußern, er weist aber darauf hin, dass der Gemeinderat grundsätzlich einem solchen Antrag zustimmen muss. "Ein Bürgermeister hat jederzeit das Recht, einen Antrag auf Entlassung zu stellen, und muss diesen auch nicht begründen." Die Regelung wurde erst 2012 eingeführt. Laut Mayer aus gutem Grund: "Wer sich zu einen solchen Schritt entschließt, der hat schwerwiegende Gründe."

Das Landratsamt München bestätigt das: Ein ehrenamtlicher Bürgermeister könne seit der Neuregelung jederzeit ohne Begründung einen Antrag auf Entlassung stellen. Angermaier ist ehrenamtlich tätig. Nach Artikel 34 der Gemeindeordnung ist in Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern der Erste Bürgermeister grundsätzlich ein Ehrenbeamter, es sei denn der Gemeinderat entscheidet etwas anderes. In Baierbrunn, das gerade die 3000er-Marke überschritten hat, soll darüber an diesem Dienstag diskutiert und entschieden werden.

Sobald der Gemeinderat Angermaiers Rücktritt zugestimmt hat, wird der Zweite Bürgermeister die Geschäfte führen - bis zu einer Neuwahl. Wann diese stattfinden wird, ist offen. Das Landratsamt hat zunächst drei Monate Zeit, einen Wahltermin festzulegen. Angermaiers bisheriger Stellvertreter, Wolfgang Jirschik (Überparteiliche Wählergruppe Baierbrunn), gab sich am Montag kalt erwischt von der Entscheidung der Bürgermeisterin: "Das hat mich überrascht." Wie es weitergeht und ob er eventuell auch längerfristig bereit wäre, als Bürgermeister zur Verfügung zu stehen, will der 67-jährige ehemalige Institutsrektor erst mit seiner Frau besprechen. "Ich werde das prüfen und mit der Familie abklären. Auch muss der Gemeinderat erst mal klären, ob er künftig einen ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Bürgermeister haben will." Als hauptamtlicher Bürgermeister würde Jirschik wegen der geltenden Altersgrenze von 65 Jahren nicht infrage kommen.

Zu Angermaiers Rücktritt gibt es unterschiedliche Erklärungen.

Sie selbst war am Montag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte es im Rathaus Querelen gegeben. Mit einem Schlag war damals die komplette Führungsmannschaft, bestehend aus Geschäftsführer, Bauamtsleiter und Kämmerin, von Bord gegangen. Damals war Angermaier vorgeworfen worden, mit dem Amt überfordert zu sein und durch "herrisches Auftreten" schlechte Stimmung zu erzeugen. Seit neues Personal eingestellt ist, sah es für Außenstehende aus, als habe sich die Lage beruhigt. Das bestätigt Jirschik: "Die Neuen sind sehr engagiert und die tägliche Arbeit hat im Großen und Ganzen funktioniert." Angriffe aus dem Gemeinderat auf Angermaier habe es "in jüngster Vergangenheit" nicht gegeben.

Der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende und Gemeinderat Josef Fröhler kann die Begründung der Rathauschefin ebenso wenig nachvollziehen. "Wir haben sie zwar früher massiv kritisiert, aber jetzt haben wir von der CSU das nicht forciert." Das Rücktrittsgesuch habe ihn durchaus überrascht. Fröhler äußert aber Verständnis für Angermaiers Entschluss: "Jeder hat sein gutes Recht, so eine Entscheidung zu treffen. Die Gesundheit ist das wichtigste."

Auch wenn er sich eine kleine Spitze in Richtung Angermaier nicht verkneifen kann ("Personalführung ist nicht jedermanns Gabe."), will Fröhler den Blick rasch nach vorne richten: "Wir sollten uns jetzt nicht fragen, was alles nicht gut gelaufen ist, sondern dies auch als Chance sehen. Wichtig ist, das Beste für den Ort zu erreichen." Der CSU-Ortsvorsitzende Patrick Ott hatte Angermaier im Sommer 2016 heftig wegen ihres Führungsstils attackiert und ihr vorgeworfen, überfordert zu sein. Jetzt gibt er sich in der Wortwahl zurückhaltender, bleibt in der Sache aber hart: "Wir von der CSU finden den Schritt verständlich, dass sie das Amt niedergelegt hat. Sie hat sich ja selbst dahingehend geäußert, wie anspruchsvoll und zeitaufwendig der Job ist." Sein Fazit: "Sie war der Belastung nicht gewachsen." Generell stelle sich die Frage, ob eine Gemeinde der Größe Baierbrunns nicht mittelfristig einen hauptamtlichen Bürgermeister brauche. Die Baierbrunner CSU bevorzuge eine Kompromisslösung: Für die Übergangszeit bis zur nächsten Kommunalwahl 2020 solle es demnach noch mal einen ehrenamtlichen Bürgermeister geben. "Herr Jirschik etwa wäre eine sehr gute Wahl." Danach sollte die Position hauptamtlich werden. Gemeinderat Hans-Peter Hecker von der BIG gibt sich hingegen zugeknöpft, was die Hintergründe für den Rücktritt angeht. Seine Fraktion wollte sich am Montagabend treffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. "Von uns gibt es keinen Kommentar", so Hecker. "Wir wollen die Dienstagssitzung abwarten."

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