Riesenraumschiffe, Space-Jets, Zeit-Transmitter, Kampfroboter mit Tentakeln oder galaktische Schutzanzüge – die Objekte, die Gregor Paulmann mit seinem Tusche-Fineliner in aufwendiger Detailarbeit auf Papier bannt, sind nicht unbedingt klassische Sujets der Kunstgeschichte. Der Grasbrunner, der als Entwicklungsingenieur bei Airbus Helicopters arbeitet, ist ein Risszeichner: ein kreativer Akteur, der gezeichnete Einblicke in die weite Welt der Technik des Perry-Rhodan-Universums verschafft. „Das ist wie Welten bauen“, schwärmt Paulmann. „Losgelöst von den realen Beschränkungen der Physik kann man immer noch coolere Raumschiffe zeichnen.“ An diesem Sonntag, 1. September, wird die Ausstellung „Angerissene Zukunft“ im Grasbrunner Kulturcafé eröffnet, in der Zeichnungen von Paulmann zu sehen sind.
Sollten jüngere Besucher den Weg in die Ausstellung finden, dürften sie vielleicht fragen: Perry who? Ist das ein Marvel-Held? Hat der Superkräfte? Nein, Perry Rhodan gehört nicht einer weniger bekannten Linie der Avengers an, sondern ist der Titelheld der gleichnamigen deutschen Science-Fiction-Serie, die es bereits seit 1961 gibt, in der Szene Kult-Charakter genießt und wahrscheinlich die längste fortlaufende Geschichte der Welt ist. Seit der Veröffentlichung von Band 1 – „Unternehmen Stardust“ – am 8. September 1961 folgte bisher jede Woche ein neuer Roman. Mittlerweile wurden mehr als 3200 Bände veröffentlicht, zudem rund 160 Silberbände (Hardcover) mit 3-D-Titelbild in Linsenrastertechnik.
Ein charakteristischer Bestandteil dieser Erzählungen sind besagte „Risszeichnungen“: grafische Visualisierungen von den in der Handlung vorkommenden wichtigen technischen Gegenständen und Fahrzeugen. Diese Zeichnungen geben genaue Einblicke in das Innere von komplexen Objekten, um ihre Funktionen zu erklären. „Als ich das erste Mal in meiner Jugend so eine Risszeichnung gesehen habe, war ich hin und weg von der perspektivischen Darstellung eines Raumschiffes“, sagt Paulmann. Inzwischen ist der 1970 in Recklinghausen geborene Ingenieur schon selbst rund 35 Jahre ein quasi professioneller Risszeichner, seit 1991 ist er als freier Mitarbeiter für den Verlag tätig, der die Perry-Rhodan-Hefte publiziert.
Dass er jetzt in seinem Wohnort Grasbrunn eine Soloausstellung hat, freut ihn besonders. Zustande kam dies über die Grasbrunner Bücherei-Leiterin Sabine Dunker und das Team des 2014 gegründeten Kulturcafés, die sich im Jubiläumsjahr offen für diese spezielle Werkschau zeigten. Auf Perry-Rhodan-Conventions, etwa in Berlin, hat Paulmann zusammen mit anderen Risszeichnern schon häufiger ausgestellt. „Uns Risszeichner vereint alle die Liebe zu einer Technik, die es nicht gibt, die es aber geben könnte“, sagt Paulmann, „man darf ja träumen“.
„Es ist ein sehr spezielles Thema, aber vielleicht kommen Leute, weil sie neugierig sind“
Die Ausstellung in Grasbrunn ist der Versuch, ein Publikum außerhalb der Blase der Leser und Bewunderer der Romanheftserie zu erreichen. „Es ist ein sehr spezielles Thema, aber vielleicht kommen Leute, weil sie neugierig sind“, hofft Paulmann. Die ausgestellten technischen Objekte hätten zwar keine reale physikalische Grundlage. Sie zeigten aber auch, wie sich durch menschliche Fantasie Dinge manifestieren, und der Einsatz von aktueller oder heute noch unbekannter Technik mit zur Gestaltung einer positiven Zukunft beitragen kann. Denn das zeichnet den Perry-Rhodan-Kosmos ebenfalls aus, das er bei allen düsteren Kapiteln ein positives Zukunftsbild zeichnet, mehr Utopie als Dystopie ist, auch mit pazifistischen Elementen.
Neben den klassischen Risszeichnungen, die vereinfacht gesagt das Innere eines technischen Gegenstandes in hohem Detaillierungsgrad zeigen, weil Teile der Außenwand weggelassen oder als aufgerissen dargestellt werden, entwirft Paulmann auch weitere technische Skizzen und visualisiert Ideen.
Ursprünglich ist Perry Rhodan ein US-amerikanischer Astronaut, der als erster Mensch den Mond betritt und dort auf die Arkoniden trifft: Mithilfe dieser menschenähnlichen, hochintelligenten Wesen und ihrer überlegenen Technik eint er die Menschheit und führt sie gleichsam zu den Sternen. Was als kurzlebige Romanserie geplant war, entwickelte sich zum Dauer-Erfolg, der bis heute anhält (wenn auch in kleinerem Rahmen) – das ist auch deshalb möglich, weil der Protagonist, nachdem er diverse galaktische Rätsel gelöst hat, schon bald die „relative“ Unsterblichkeit erlangt.
Womöglich bald aussterben wird vielleicht aber die Art, wie Gregor Paulmann seine Risszeichnungen anfertigt, nämlich im Wesentlichen ohne Hilfe von Computerprogrammen. Er ist einer, der noch immer als Tuschezeichner auf eine „Handmade“-Arbeit schwört – als Entwerfer technischer Welten. „Für mich ist das Hobby und Entspannung.“
Die Ausstellung kann bis Ende November zu den Öffnungszeiten der Bücherei im Kulturcafé im Bürgerhaus Neukeferloh (Grasbrunn) besichtigt werden. Die Vernissage an diesem Sonntag, 1. September, beginnt um 13 Uhr.