Renaturierung:Garching lässt Gras drüber wachsen

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Schön, aber vergiftet: Der Boden im Naturschutzgebiet Mallertshofer Holz und Heiden ist mit Schwermetallen wie Blei, Cadmium oder Quecksilber belastet. (Foto: Florian Peljak)

Der vergiftete Erdboden im Mallertshofer Holz soll durch Trockenrasen ersetzt werden

Von Irmengard Gnau, Garching

Die Stadt Garching will einen Teil des Naturschutzgebiets Mallertshofer Holz mit Heiden naturschutzfachlich aufwerten und dabei ganz elegant auch auf ihr eigenes Ökokonto einzahlen. Zu diesem Zweck soll von Herbst 2022 an belasteter Boden entfernt und durch hochwertigeren Kalk-Trockenrasen ersetzt werden, der als Lebensraum zur Stabilisierung und Ausbreitung gefährdeter Arten in dem Naturschutzgebiet dient, sowie weiteres Grünland angesät werden. Dafür nimmt die Stadt knapp 1,4 Millionen Euro in die Hand - vorausgesetzt der Stadtrat folgt dem Mehrheitsbeschluss des Bauausschusses und stimmt dem Vorhaben am Donnerstag in seiner Sitzung zu.

"Nationales Naturerbe" heißt eine Initiative des Bundes, unter deren Titel die Garchinger Umwandlung stattfinden soll. Seit 2005 vergibt der Bund bestimmte Flächen aus seinem Besitz, die einst zum Beispiel militärisch, im Braunkohletagebau oder als Sperrzonen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze genutzt wurden, statt sie privat zu verkaufen "in die Hände des Naturschutzes". Im Fall des Mallertshofer Holzes mit Heiden bedeutet das, der Bund hat der Stadt Garching die Fläche des ehemaligen Panzerübungsgeländes überlassen unter der Auflage, dass diese das Gebiet aufzuwerten hat. Das Landschaftsplanungsbüro Schober aus Freising hat der Stadt dafür ein Konzept erarbeitet.

Das Mallertshofer Holz mit Heiden ist zwar seit 1995 von der Regierung von Oberbayern als Naturschutzgebiet ausgewiesen und wird vom Heideflächenverein, zu dem sich die umliegenden Kommunen zusammengeschlossen haben, gepflegt. Doch unter der Heidelandschaft liegen noch Altlasten verborgen: Einerseits ist ein Teil der Böden im Osten des Gebiets mit Schwermetallen wie Blei, Cadmium oder Quecksilber belastet, was Experten auf die jahrzehntelange Aufbringung von Klärschlamm bis Ende der 1980er Jahre zurückführen. Im Westteil befanden sich zudem früher mehrere Kiesgruben, die bis Ende der 1970er Jahre mit Abfall aller Art verfüllt wurden. Auf den meisten dieser Einbauflächen werden dem Büro Schober zufolge Prüfwerte der Bundesbodenschutzverordnung für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze auf Grünlandflächen überschritten, das heißt: Dort dürften keine Nahrungsmittel angebaut werden.

Durch einen Trick sollen diese Böden nun so aufgewertet werden, dass dort zumindest Schafe weiden können, so wie sie es in weiten Teilen der Heide heute bereits tun. Das Büro Schober schlägt vor, auf etwa neun Hektar Fläche im Osten gering belasteten Oberboden und die darunter liegende, Rotlage genannte Bodenschicht abzutragen und diese dann im Westen im Bereich der ehemaligen Kiesgruben wieder einzubringen. Die Abdeckung über den verfüllten Kiesgruben hat sich über die Jahre teilweise abgesenkt, sodass Bodenlöcher entstanden sind. Diese Bodenlöcher sollen nun mit der abgeschobenen Erde aufgefüllt werden. Die nur leicht belasteten Erdschichten überdecken dann also die stärker belasteten und sorgen so für eine bessere Bodenqualität als bisher.

Auf den Abtragsflächen soll ein Kalk-Trockenrasen angesät werden, auf weiteren Flächen artenreiches Grünland. Mit dieser Methode, hofft das Büro, lassen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Stadt muss den schwächer belasteten Boden aus dem Osten des Gebiets nicht teuer auf einer Deponie entsorgen und zugleich muss keine Erde von weit her antransportiert werden, um die Absenkungen der einstigen Kiesgruben zu verfüllen. Bei der Landschaftsbildung will man sich am natürlichen Relief orientieren.

Die Erdarbeiten, Ansaaten und Pflege der insgesamt etwa 90 Hektar großen Fläche kostet nach Schätzung des Büros knapp 1,4 Millionen Euro brutto für die ersten drei Jahre. Im Gegenzug erhofft sich Garching 90 Hektar neue Ausgleichsflächen, welche die Stadt für ihre großen Bauprojekte - allen voran das neue Wohngebiet "Kommunikationszone" mit einer geplanten Größe von etwa 30 Hektar - einsetzen kann. Unter diesem Gesichtspunkt sei das ein gutes Geschäft für die Stadt, sagte ein Mitarbeiter des Büros. Laut dem statistischen Bundesamt lagen die Bodenverkaufspreise in Bayern für landwirtschaftliche Flächen 2019 bei gut 63 Euro pro Quadratmeter.

© SZ vom 29.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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