Süddeutsche Zeitung

Weiterführende Schulen:"Hohenbrunn ist auch ein guter Standort"

Dass die Nachbargemeinde den Zuschlag für die Realschule bekommen hat, überrascht in Höhenkirchen-Siegertsbrunn niemanden. Manche Gemeinderäte können der Entscheidung sogar etwas Positives abgewinnen.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Kaum Überraschung, wohl aber Enttäuschung - und vereinzelt auch Ärger: Das sind die Reaktionen der Lokalpolitiker in Höhenkirchen-Siegertsbrunn auf den Beschluss des Zweckverbands Staatliche weiterführende Schulen im Südosten des Landkreises, die neue Realschule nicht in ihrer Gemeinde zu bauen, sondern in Hohenbrunn.

Recht gefasst gibt sich dabei Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD). "Für uns war es vor allem wichtig, dass jetzt eine Entscheidung da ist", sagt sie. Zwar sei es schade, dass Schüler aus ihrer Gemeinde nun weiter fahren müssten. "Aber das ist nicht tragisch", findet die Rathauschefin. Und sie betont: "Hohenbrunn ist auch ein guter Standort."

Weniger gelassen sieht das Manfred Eberhard, Fraktionssprecher der Unabhängigen Bürger. Er ärgert sich über eine "vertane Chance" und meint damit den Gemeinderatsbeschluss vom September. Seinerzeit gab es bereits ein positives Votum im Kreistag und eine Genehmigung des Kultusministeriums für eine Realschule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn.

Eine Mehrheit im Zweckverband hätte diese gern in Bahnhofsnähe und als Campus-Lösung neben dem Gymnasium gebaut, die Mehrheit des Gemeinderats aber präferierte das Areal an der Brunnthaler Straße - und bekräftigte dies im September: Mit zwölf zu elf Stimmen lehnte das Gremium eine erneute Standortdebatte ab.

Und somit sei damals schon abzusehen gewesen, dass Hohenbrunn das Rennen machen werde, sagt Eberhard. "Einige haben da die Zeichen der Zeit nicht erkannt", kritisiert er und nennt explizit "einige von der CSU". Dass sie angegeben hätten, die Schule unbedingt im Ort zu wollen, dann aber nicht für die Wiederaufnahme der Standortdebatte votiert hätten, könne er nicht verstehen, sagt Eberhard. "Das war ein Eigentor."

Dagegen argumentiert CSU-Fraktionschef Roland Spingler, dass eine Campus-Lösung im Gemeinderat "nicht durchsetzbar" gewesen sei. "Die Chancen waren damals gleich null." Seine Kollegen und er hätten vielmehr die Gefahr gesehen, dass eine Realschule im Ort generell infrage gestellt würde. Dass der Zweckverband sich nun für Hohenbrunn entschieden hat, habe ihn zwar nicht überrascht, so Spingler, "aber enttäuscht".

Er sei jetzt gespannt, "wie schnell das Ganze dort geht - und wie teuer es wird". Sollte es am Standort Hohenbrunn zu Komplikationen kommen und der Zweckverband seine Entscheidung überdenken, müsse Höhenkirchen-Siegertsbrunn bereitstehen, sagt Spingler. "Wir sollten das im Hinterkopf haben. Allerdings gilt es jetzt vor allem, die Planungen für die Mittelschule voranzutreiben."

Die Erich-Kästner-Schule bedarf einer Sanierung und Erweiterung. Im Gemeinderat hatte man bei dem Vorhaben auf Synergieeffekte gehofft durch den Bau der direkt benachbarten Realschule - etwa, was eine neue Turnhalle oder die Mensa betreffe, so Spingler.

Nun werde die Gemeinde die Pläne für die Mittelschule vorantreiben, "ohne die Mühlen des Zweckverbands zu berücksichtigen", sagt Karsten Voges, Fraktionssprecher der Grünen. In dieser Hinsicht sei das Votum zugunsten Hohenbrunns "etwas befreiend".

"Es war ein Fehler, dass wir nicht noch mal über die beiden Standorte inhaltlich diskutiert haben."

Jedoch stellt Voges klar, dass er die Entscheidung im Zweckverband bedauere - in zweierlei Hinsicht. Zum einen hätte Höhenkirchen-Siegertsbrunn mit einer Realschule "das komplette Bildungsangebot im Ort gehabt". Zum anderen geht Voges davon aus, "dass es jetzt deutlich länger dauern wird, bis die Realschule fertig ist. Ich rechne mit einem Jahr Verzögerung."

Der Grünen-Fraktionschef ist aber nicht nur enttäuscht, sondern auch "verärgert". Er ist überzeugt: "Es war ein Fehler, dass wir nicht noch mal über die beiden Standorte inhaltlich diskutiert haben." Laut Voges wurde eine neuerliche Standortdebatte vor der knappen Entscheidung im September "auch von der Verwaltung ein bisschen blockiert".

Zudem glaubt Voges: "Einigen im Gemeinderat war nicht bewusst, wie das Stimmengewicht im Zweckverband ist und welche Ziele der Zweckverband verfolgt." Ganz anders bewertet das Anita Reiprich (SPD), die den Gemeinderatsbeschluss als "nach wie vor richtig" bezeichnet. Schließlich hätte eine Campus-Lösung zu mehr Verkehr in der ohnehin belasteten Bahnhofstraße geführt.

Die Entscheidung des Zweckverbands für Hohenbrunn habe sie "zwiegespalten" aufgenommen, sagt Reiprich. Einerseits bedauert sie, dass mögliche Synergieeffekte bei der Erweiterung der Mittelschule nun entfallen. Andererseits habe die Gemeinde dem Zweckverband ja schon ein Grundstück fürs Gymnasium zur Verfügung gestellt, sagt die Fraktionschefin. "Jetzt ist eben Hohenbrunn dran. Das ist eine gerechte Verteilung."

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SZ vom 03.03.2021/wkr
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