Süddeutsche Zeitung

Raumfahrtprogramm "Bavaria One":Ottobrunn wird zur Universitätsgemeinde

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Bavaria One soll das neue Programm heißen, mit dem Ministerpräsident Söder den Freistaat weltalltauglich machen will. In Ottobrunn löst der Aufbau einer Fakultät für Raumfahrt Begeisterung aus.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn/Taufkirchen

Es kann gut sein, dass die Mitarbeiter im Ottobrunner Bauhof bald die Ortsschilder austauschen müssen. Denn mit der Entscheidung des neuen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), in Ottobrunn - und wahrscheinlich auch auf Grund der Nachbarkommune Taufkirchen - eine neue Fakultät anzusiedeln, wird aus der flächenmäßig kleinsten Kommune des Landkreises plötzlich eine "Universitätsgemeinde".

Genau genommen ist das Ottobrunn bereits heute, hier wird im Algentechnikum der Technischen Universität (TU) geforscht, Studenten der TU und der Universität der Bundeswehr in Neubiberg kommen auf dem Ludwig-Bölkow-Campus durch das Engagement von Munich Aerospace zusammen. Aber eine eigene Fakultät mit bis zu 30 Professoren stellt selbst für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort im Südosten einen Sprung dar. "Das ist ein Hammer", sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn, der sich als Verteidigungsexperte seiner Fraktion stets für den Standort Ottobrunn eingesetzt hat. "Diese Fakultät und dann der neue Superrechner in Garching stärken den Landkreis enorm. Es geht dabei um die zentralen Zukunftsthemen", sagt Hahn.

Der neue Fachbereich für Luft- und Raumfahrt mit dem Raumfahrtprogramm "Bavaria One", sagt Landrat Christoph Göbel (CSU), werde sich "optimal" in den Cluster einfügen, der in Ottobrunn und Taufkirchen vorherrschend ist. "Für Ottobrunn und den gesamten Standort ist der Aufbau der Fakultät für Raumfahrt eine Art Renaissance", sagt Göbel. "Denn es gab ja eigentlich schon den Abgesang auf diesen Wirtschaftsstandort." Der Landrat spielt damit auf Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs an - etwa durch massiven Stellenabbau bei Airbus und EADS. Er selbst, sagt Göbel, habe immer daran geglaubt und auch daran gearbeitet, dass "hier ein Zentrum der Zukunftstechnologien" entsteht.

Der Landrat plant ein Zentrum für Start-Up-Unternehmen

Um dieses neue Zentrum mit Leben zu füllen, müssten laut TU-Präsident Wolfgang Herrmann bis zu hundert Millionen Euro investiert werden, in Gebäude, Maschinenhallen und natürlich in die entsprechende Manpower. Herrmann geht davon aus, dass die neue Fakultät in etwa fünf Jahren voll arbeitstauglich sein wird.

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) zeigte sich von Söders Plänen weniger überrascht als seine Parteikollegen. "Wir in Ottobrunn arbeiten ja seit zehn Jahren daran, dass es hier erfolgreich weitergeht und der Standort ausgebaut wird", sagt Loderer. "Dass jetzt eine neue Fakultät aufgebaut wird, zeigt, wie attraktiv dieser Standort ist." So hätte der andauernde Dialog mit Airbus dazu geführt, den Global Player hier zu halten - und mit den anderen Playern zu vernetzen.

Der Münchner Südosten ist seit Jahren das Herz der Forschung in Luft- und Raumfahrt in Deutschland. Neben Airbus und dem Ludwig-Bölkow-Campus ist hier das Bauhaus Luftfahrt zu Hause. An der Universität der Bundeswehr gibt es seit kurzem den Studiengang Aeronautical Engineering, bei dem fliegerische Kompetenzen mit ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlichen Fähigkeiten verknüpft werden.

Geht es nach Landrat Göbel, sollen diese unterschiedlichen und doch so ähnlichen Strömungen noch enger verknüpft werden. Mehr noch, der Landrat plant den Aufbau eines Zentrums für Start-up-Unternehmen in Ottobrunn und Taufkirchen. "Das Ziel muss es sein, die Studenten und das Wissen hier zu halten", sagt der Landrat. "Dafür müssen wir optimale Bedingungen und Möglichkeiten schaffen." Industrie 4.0, laut das Stichwort, sagt Göbel: Hightech, modernste Informations- und Kommunikationstechnologien. Und das alles geballt an einem Ort. Aus Bavaria One könnte so bald "Ottobrunn first" werden. Die Universitätsgemeinde.

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SZ vom 20.04.2018
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