Radverkehr:Es läuft noch nicht rund

Radverkehr: In Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben es Fahrradfahrer wie hier in der Bahnhofstraße nicht immer leicht.

In Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben es Fahrradfahrer wie hier in der Bahnhofstraße nicht immer leicht.

(Foto: Claus Schunk)

Ein Fahrradklima-Test des ADFC liefert für 15 Kommunen im Landkreis ein durchwachsenes Bild. Oberhaching werden Fortschritte attestiert. Höhenkirchen-Siegertsbrunn rangiert bundesweit auf Platz 189.

Von Andreas Teodoru

Das Ergebnis des im Herbst 2020 vorgenommenen Fahrrad-Klima-Tests des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) dürften Kommunalpolitiker im Landkreis München als Fingerzeig auffassen. Eine Gesamtnote gibt es nicht, weil die Städte und Gemeinden je nach Größe in unterschiedliche Kategorien fallen. Aber es kam heraus, dass einiges zu verbessern ist. Vor allem gab es Klagen über viele zu enge Radwege und darauf parkende Autos. Im Landkreis sind in 15 Kommunen Aussagen von 1500 Teilnehmenden in die Bewertung eingeflossen - 2018 waren es nur sechs Gemeinden mit rund 500 Stimmen. Für immer mehr Menschen gewinnt die Rad-Infrastruktur also an Bedeutung.

In der Kategorie für Städte und Gemeinden mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern landeten mit der Note 3,54 Unterschleißheim auf Platz 59 bundesweit und Unterhaching mit Note 3,56 auf Platz 67. Weit dahinter liegen dann Haar (Note 3,65) auf Platz 87 und Ottobrunn (Note 3,70), das Platz 112 erreichte.

Viel Luft nach oben

Für den ADFC ist das ein eindeutiges Zeichen, dass im Landkreis noch viel Luft nach oben ist, wie Hartmut Schüler, Landkreis-Beauftragter des ADFC München, meint: "Der Landkreis tritt in jüngster Zeit kräftiger in die Pedale, um den Komfort für Radfahrende zu verbessern. Allerdings gibt es fast überall dieselben Probleme: Zugeparkte, zu enge oder fehlende Radwege machen Radfahrenden das Leben schwer."

Gerade in Corona-Zeiten boomt auch der Fahrradmarkt und immer mehr Menschen entscheiden sich für ein E-Bike, um zur Arbeit zu pendeln oder lange Ausflüge zu genießen. Allerdings ist die Radinfrastruktur laut ADFC noch nirgends auf dem Stand, den sich Radfahrer und Radfahrerinnen wünschen, wie das Testergebnis ebenfalls beweist. "Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests müssen jetzt Anschub und Ansporn für die Gemeinden sein, endlich bessere Radverkehrsbedingungen zu schaffen", fordert der Landkreisbeauftragte. "Für Großprojekte wie Radschnellwege muss auch der Freistaat ran, damit die Umsetzung zügiger vorangeht." Die Menschen stiegen nur aufs Rad um, wenn die Infrastruktur passe.

Am besten hat im Landkreis die Gemeinde Oberhaching abgeschnitten. Sie kommt bei den Orten unter 20 000 Einwohnern mit der Gesamtnote 2,77 bundesweit auf Platz elf von 418. 78 Prozent der Oberhachinger Teilnehmer am Test bereitet das Radeln mehr Spaß als Stress. Vor allem die Erreichbarkeit des Zentrums, das zügige Fahren sowie Werbung für das Radfahren trugen zum positiven Ergebnis bei. Geöffnete Einbahnstraßen und die Möglichkeit, Leihräder zu nutzen, wurden im Vergleich zum Test im Jahr 2018 sehr positiv aufgenommen.

Ergebnisse

Städte und Gemeinden zwischen 20 000 und 50 000 Einwohnern. (415 Städte bundesweit in der Bewertung):

• Unterschleißheim: Note 3,54. Platz 59

• Unterhaching: Note 3,56. Platz 67

• Haar: Note 3,65. Platz 87

• Ottobrunn: Note 3,70. Platz 112

Städte und Gemeinden unter 20 000 Einwohnern (418 Orte bundesweit in der Bewertung):

• Oberhaching: Note 2,77. Platz 11

• Putzbrunn: Note 3,36. Platz 47

• Ismaning: Note 3,37. Platz 50

• Aying: Note 3,39. Platz 56

• Garching: Note 3,43. Platz 66

• Kirchheim: Note 3,45. Platz 72

• Neubiberg: Note 3,52. Platz 87

• Oberschleißheim: Note 3,59. Platz 106 • Feldkirchen: Note 3,69. Platz 144

• Unterföhring: Note 3,75. Platz 161

• Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Note 3,82. Platz 189

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Hartmut Schüler sagt, "Oberhaching ist auf einem guten Weg. Ein wegweisender Schritt für den Radverkehr im Landkreis war die Fertigstellung der Radhauptverbindung Süd." Der Ausbau der Teilstrecke, die sich von Oberhaching über die Kugleralm und die Nußbaumranch bis nach Geiselgasteig erstreckt und ganzjährig befahrbar ist, mache das Pendeln mit dem Rad deutlich attraktiver und sicherer. Nur innerorts wünsche man sich mehr Rücksichtnahme von Autofahrern.

Ottobrunn verbessert sich

Zu den Gemeinden im Aufwärtstrend gehört Ottobrunn (Gesamtnote 3,70), welches im vergangenen Jahr noch Schlusslicht im Landkreis war. Das neue Schlusslicht ist Höhenkirchen-Siegertsbrunn mit einer Gesamtnote 3,82. Insbesondere die mangelhafte Kontrolle des Parkens auf Radwegen und die zu schmalen Radwege haben die Bewertung, wie in fast allen Gemeinden, hinuntergezogen. Auf der stark befahrenen Bahnhofstraße wird ein Radweg vermisst. Zwar ist nach Meinung der Testradler das Zentrum schnell zu erreichen und man kommt zügig voran im Ort. Auch MVG-Leihräder gibt es am Bahnhof, was in diesem Bewertungssegment eine Note 2,7 brachte. Doch insgesamt landete die Gemeinde im bundesweiten Vergleich auf Platz 189.

Die Stadt Garching schnitt mit Gesamtnote 3,43 als einzige Kommune im Landkreis schlechter ab als beim Test im Jahr 2018. Das lag wohl auch an dem Unsicherheitsgefühl, das viele Radfahrer in Garching plagt, wie Schüler erklärt: "Bei diesen Kritikpunkten haben auch die Probleme nach dem Umbau der B 471 eine Rolle gespielt, wie uns die Kommentare zeigen. Dort wurden Radler von Autofahrenden überholt, obwohl der vorgeschriebene Sicherheitsabstand bei der Straßenbreite nicht einzuhalten war. Radler sollten so Raser ausbremsen, das hat aber nicht geklappt - mit lebensgefährlichen Folgen für die Radfahrenden."

Ungünstige Ampelschaltungen

Zu den von den Testern beklagten größten Ärgernissen gehört, dass Ampeln ungünstig geschaltet sind. Unzureichende Mitnahmemöglichkeiten in den öffentlichen Verkehrsmitteln und Konflikte mit Autofahrern werden moniert. Am besten bewertet wurde, dass die Politik da und dort handelt und etwa Einbahnstraßen für den radelnden Gegenverkehr öffnet. Und viele freuen sich auch, dass im Landkreis generationsübergreifend insgesamt mehr Rad gefahren wird. Insgesamt spiegelt der Test im Vergleich zu 2018 eine leichte Verbesserung wider. Damals war die Zufriedenheit im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2016 sogar gesunken.

Eine Besonderheit bei dieser Befragung stellten, ergänzend zu den 27 Standardfragen, fünf Zusatzfragen zum Thema "Corona & Radfahren" dar. Die Fragen bezogen sich darauf, ob die Fahrradnutzung durch die Pandemie an Bedeutung gewonnen habe, neue Ziele zum Radfahren erschlossen wurden und ob die Möglichkeiten von Medien und Kommunalpolitiker ausreichend beworben wurden. Das Ergebnis liegt im Durchschnitt bei Note 3.

Die detaillierten Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2020 sind zu finden unter www.fahrradklima-test.adfc.de.

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