Das Gerät selber ist nichts, was man spektakulär nennen würde. Das findet auch Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume. Eine weiße Tonne, dahinter ein paar Regale vollgepackt mit Elektronik. Aber dass es da steht, wo es steht, nämlich direkt neben dem Supercomputer des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) in Garching bei München, das ist dann schon etwas Besonderes, sogar eine Weltpremiere. Die Wissenschaftler des LRZ haben in Kooperation mit dem deutsch-finnischen Start-up IQM und anderen Partnern erstmals einen lauffähigen Quantencomputer mit dem dortigen Supercomputer zusammengeschaltet. Weshalb der Minister, der schließlich viel Geld für das Projekt bewilligt hat, denn auch in Garching vorbeischaut.
Noch mehr Geld hat der Bund in das Projekt Q-Exa gesteckt, noch unter der Vorgängerin der jetzigen Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Anja Karliczek, die 40 Millionen Euro lockermachte und damit das Vorhaben zu knapp 90 Prozent finanziert hat. Stark-Watzinger, gerade heftig unter Beschuss, durfte nun das Lob dafür einstreichen und sprach von einem harten Wettbewerb mit geopolitischen Auswirkungen, dem man sich stellen müsse.
Die wichtigste Frage aber ist zunächst wohl die: Was kann man mit dem System, so wie es jetzt dasteht – Kostenpunkt: 45 Millionen Euro nur für den Quantencomputer und dessen Anbindung – eigentlich machen? Versteht man darunter Anwendungen, wie sie etwa die Industrie, aber auch die Forschung herbeisehnt, um endlich Dinge zu berechnen wie die ungeheuer komplexe Faltung von Proteinen, dann ist die Antwort schlicht: nichts.
Die Kombination aus den beiden verschiedenen Arten von Rechnern soll sich zwar irgendwann genau für solche Probleme und eine ganze Reihe anderer mehr eignen. Doch um das zu schaffen, ist der Quantencomputer in Garching noch zu klein. Wofür dann eigentlich die ganzen Millionen?
Nun, wie die beiden grundverschiedenen Arten von Rechnern am besten zusammenarbeiten können, das müssen die Projektbeteiligten erst einmal noch herausfinden. „Wir haben hier viele junge Talente, die mit Quantencomputern forschen und dafür entwickeln wollen“, sagt Dieter Kranzlmüller, Informatikprofessor und Leiter des LRZ. Jan Goetz vom Projektpartner IQM, der den Quantencomputer geliefert hat, ergänzt, es liege sehr viel Wert in der Entwicklung der Algorithmen. Das sind mathematische Rechenanweisungen, die dem System sagen, was es tun soll und wie. Auch viele Firmen aus der Wirtschaft arbeiteten bereits daran, sich fit für die Ära der Quantencomputer zu machen, sie stellten zum Beispiel Experten ein.
Mit jedem Qubit verdoppelt sich die Rechenleistung
Daher sei es wichtig, dass es bereits Systeme gebe, auf denen man solche Algorithmen ausprobieren kann. Aber auch Goetz sagt, bisher könne man nur „Spielzeugprobleme“ lösen. Es gehe darum, einen proof of concept zu machen, also den Beweis anzutreten, dass es funktioniert. Die größten Hindernisse auf dem Weg zu Quantencomputern, die mehr leisten, ist es zum einen, die Zahl der Qubits zu erhöhen. Das sind die Bits, mit denen gerechnet wird und die völlig andere Eigenschaften haben als die Bits gewöhnlicher Computer. Zum anderen produzieren heutige Quantencomputer noch zu viele Fehler.
Quantencomputer unterscheiden sich von herkömmlichen Rechnern dadurch, dass dabei die Quanteneigenschaften der Bits ausgenutzt werden. Diese können nicht nur zwei Zustände darstellen – 0 oder 1 –, sondern beide zugleich. Mit jedem Qubit verdoppelt sich damit die Rechenleistung – theoretisch. Denn in der Praxis kommen eben die Fehler dazu. Und die nehmen mit steigender Anzahl von Qubits zu.
Der Garchinger Quantencomputer hat 20 Qubits. Der jetzige Ausbauzustand soll allerdings nur der Anfang sein, „der allererste Schritt einer langen Reise“, wie Minister Blume das formulierte. In Bayern hat man, um die lange Reise auch durchzuhalten, einen Verbund aus Wissenschaft, Start-ups und Industrie ins Leben gerufen, das Munich Quantum Valley. Bayern hat dafür bisher etwa 300 Millionen Euro zugeschossen.
In Garching und den anderen Standorten hoffen sie nun, dass das Geld auch weiter fließt, damit man trotz hervorragender Forschung nicht auch bei dieser Technologie am Ende wieder das Nachsehen hat.