Süddeutsche Zeitung

Putzbrunn:Schulweg durch den Garten

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Warum Putzbrunns Bürgermeister einen Vorschlag der FWG gar nicht lustig findet

Von Stefan GallER, Putzbrunn

Jeden Morgen gegen halb acht zieht eine Karawane von Kindern durch den Garten, an Küchenfenster und Blumenbeet vorbei und durch eine Lücke im Zaun aufs Schulgelände - und mittags ab eins wieder zurück. Eine befremdliche Vorstellung. Doch würde es nach der gemeinsamen Fraktion von Freier Wähler Gemeinschaft (FWG) und FDP im Putzbrunner Gemeinderat gehen, hätte Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) jeden Tag genau dieses Erlebnis. Nach ihrer Vorstellung würde der künftige Schulweg zum neuen Gymnasium im Ortsteil Waldkolonie genau durch dessen Grundstück führen.

Klostermeiers Doppelhaushälfte liegt direkt neben dem Standort der geplanten neuen Schule, und nach Ansicht der FWG wäre es im Sinne der Schulwegsicherheit, wenn "eine fußläufige, kurze Verbindung" direkt durch den Garten des Rathauschefs führen würde. Dass dieser von der Idee nur mäßig begeistert war, überraschte in der Sitzung des Bauausschusses keinen. Allenfalls, dass Klostermeier geradezu empört reagierte - vor allem nachdem FWG-Gemeinderat Josef Jakob mit Unschuldsmiene ergänzt hatte, bei dem Antrag sei "keine Boshaftigkeit dabei".

Das sehe er anders, sagte Klostermeier. "Wollen Sie mich enteignen? Oder sollen die Kinder mit Gondeln oben drüber schweben?", fragte er mit bebender Stimme und verwies ohne Umschweife auf das fehlende Stück der Putzbrunner Umgehungsstraße, das Jakob vor gut drei Jahren verhindert habe; dieser, erinnerte Klostermeier die Kollegen, habe genau dort, wo die Trasse durchlaufen sollte, eine Maschinenhalle mit Getreidelager errichtet. Der Bürgermeister witterte in dem Antrag zum Schulweg eine Retourkutsche, immerhin hatte er damals kein gutes Haar an Jakob gelassen und ihn immer wieder für das Scheitern der Umgehungsstraße verantwortlich gemacht.

Jakob steckte in der Sitzung keineswegs zurück, setzte sogar noch eins oben drauf: Eine Enteignung Klostermeiers sei gewiss nicht notwendig, man habe ja auch die Möglichkeit, einen Grundstückstausch vorzunehmen, um das Areal des Bürgermeisters nutzen zu können. "Das wäre nur im Sinne der Kinder, die dann anstatt einen Kilometer Schulweg nur 300 Meter hätten", sagte Jakob.

Die anderen Mitglieder des Bauausschusses hielten sich aus dem Schlagabtausch heraus. Alfons Meßner (CSU) fand die Idee eines sicheren und kurzen Schulwegs zunächst grundsätzlich gut, bis er erfuhr, welches Grundstück Freie Wähler und FDP im Auge hatten. Er regte letztlich an, eine Alternative zu suchen, die keine privaten Belange betrifft.

In der anschließenden Abstimmung schlugen sich die übrigen Räte auf die Seite Klostermeiers, Antragsteller Jakob unterlag mit eins zu sechs Stimmen. Dessen Einwand, Klostermeier sei doch eigentlich nicht stimmberechtigt, konterte jener kalt: "Nein, hier liegt keine persönliche Beteiligung vor."

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Quelle:
SZ vom 12.09.2020
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