Süddeutsche Zeitung

Ortsumfahrung Putzbrunn:Ein Stadel verbaut die Trasse

Die Putzbrunner Gemeinderäte genehmigen ihrem Kollegen Josef Jakob den Bau einer Maschinenhalle. Der dritte Abschnitt der Umgehungsstraße kann deshalb nicht wie geplant gebaut werden.

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Am Dienstagabend um exakt 21.43 Uhr war es endgültig amtlich: Der fehlende dritte Teil der Umfahrung Putzbrunns wird bis auf Weiteres nicht gebaut. Die vom Gemeinderat bereits zwei Mal mehrheitlich beschlossene Trasse, die vom Kreisverkehr an der Grasbrunner Straße bis zur Bundesstraße 471 im Kreuzungsbereich Hohenbrunner Straße/Autobahnanschlussstelle Hohenbrunn führen sollte, ist nun definitiv nicht mehr realisierbar. Grund dafür ist die Tatsache, dass zwölf von 19 abstimmungsberechtigten Gemeinderäten dem Bauvorhaben des Landwirts und FWG-Gemeinderat Josef Jakob junior zustimmten, der auf seinem Grundstück eine Maschinenhalle mit Getreidelager und Rindermast errichten will. Das Problem: Diese Halle wird nun exakt dort gebaut, wo die Umgehungsstraße geplant gewesen war.

Vor einem Jahr war das Bauvorhaben von der Mehrheit des Gemeinderates noch abgelehnt worden, schließlich hatten Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) und seine Verwaltung damals Stellungnahmen des Landratsamtes vorgelegt, wonach der Baukörper "in der beantragten Form nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb" diene, zudem wurden fehlende Erschließung und die nicht den Ansprüchen genügende Kanalisation angemahnt.

Der betroffene Gemeinderat darf nicht abstimmen

Mittlerweile habe der Bauwerber jedoch nachgebessert, teilte das Landratsamt vor wenigen Wochen der Gemeinde mit. Die Abmessungen seien nun passender, prompt befürwortete das Amt für Landwirtschaft das Vorhaben. Und weil auch das Staatliche Bauamt der verkehrlichen Erschließung über die Zufahrt an der Hohenbrunner Straße mittlerweile zugestimmt hat, ist das Landratsamt nun der Meinung, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist.

Josef Jakob junior war wegen seiner persönlichen Beteiligung nicht berechtigt, an Debatte und Abstimmung teilzunehmen, zeigte sich jedoch zufrieden: "Das Fachliche hat am Ende gesiegt", sagte er am Rande der Sitzung.

Der Abstimmung war eine leidenschaftliche Debatte vorangegangen. Bürgermeister Klostermeier versuchte, das Gremium davon zu überzeugen, eine Veränderungssperre über jenes Areal zu verhängen, das zur Realisierung der Ortsumfahrung nötig ist. "Unsere Beschlüsse bezüglich der Trasse A haben weiterhin ihre Gültigkeit", sagte Klostermeier. "Und die Verwaltung soll die Beschlüsse zur Trasse umsetzen." Davon wollte der Großteil der Gemeinderäte jedoch nichts mehr wissen.

So sagte Jakobs Fraktionskollege Martin Adler, nach dem Schreiben des Landratsamtes spreche "nichts dagegen", man müsse dem Bauvorhaben jetzt zustimmen. Zudem könne gar keine Veränderungssperre wegen des Straßenführungsplans verhängt werden, weil dieser gar keine Gültigkeit mehr habe. Hintergrund ist, dass die Gemeinde Grasbrunn zuletzt ihre Bereitschaft zurückgezogen hatte, die vom Putzbrunner Rat beschlossene Trasse über ihr Gemeindegebiet laufen zu lassen: Man wolle erst die Ergebnisse jener interkommunalen Gruppe aus den Gemeinden Putzbrunn, Grasbrunn, Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn abwarten, die sich zur Lösung der Verkehrsprobleme in diesen vier Kommunen zuletzt konstituiert hatte.

Darüber hinaus behaupteten Adler und der Kandidat der Gemeinschaft pro Putzbrunn (GPP) für die Bürgermeisterwahl 2018, Walter Hois, an der Stellungnahme des Landratsamtes habe sich im Vergleich zum vergangenen Jahr gar nichts Entscheidendes geändert, schon damals sei das Bauvorhaben genehmigungsfähig gewesen. "Das wurde damals von der Verwaltung anders dargestellt", sagte Hois. Und Adler ergänzte, die Gemeinderäte hätten damals "verkürzte Informationen" erhalten. Klostermeier wies diese Vorwürfe vehement zurück: "So ist es nicht. Die baulichen Tatsachen sind jetzt anders, deshalb hat das Landratsamt seine Meinung geändert", so der Bürgermeister.

"Er will dort die Umgehung nicht haben, sie ist damit dort gestorben"

Abgesehen von der Debatte um verwaltungstechnische Spitzfindigkeiten wurden dann noch handfeste persönliche Argumente ausgetauscht. So vertraten Martina Hechl (GPP) und Robert Schmelzer (CSU) die Meinung, man könne die Umfahrung sowieso nicht erzwingen, weil Jakob offensichtlich keinerlei Bereitschaft zeige, seinen Grund zu veräußern. "Da können wir mit dem Fuß aufstampfen", sagte Hechl. "Wenn der Eigentümer nicht verkaufen will und er selbst ein privilegiertes Bauvorhaben plant, können wir nichts tun." Schmelzer ergänzte: "Er will dort die Umgehung nicht haben, sie ist damit dort gestorben."

Deutlich wurde die Grüne Sybille Martinschledde: "Ein Bürger verhindert durch dieses Bauvorhaben eine Trasse, die für viele eine riesige Entlastung wäre. Er hätte früher sagen können, dass er die Umgehung nicht will. Jetzt damit um die Ecke zu kommen, finde ich unverschämt." Abermals sprang Martin Adler für seinen Fraktionskollegen Jakob in die Bresche: "Er war schon immer gegen die Trasse, im Übrigen steht nirgends, dass ich als Eigentümer meinen Grund verkaufen muss."

Schließlich äußerte sich Jakob junior, dessen Familie beim Bau des Autobahnrings A 99 nicht nur enteignet, sondern deren Besitz durch dieses immense Bauwerk in der Mitte durchtrennt worden war, noch einmal mit einem kurzen Satz gegenüber den Pressevertretern im Gremium: "Nur so viel: Seit 40 Jahren wird über die Umfahrung gestritten", sagte er. Es sollte wohl heißen: Dass das Projekt gescheitert ist, dafür will er nicht alleine verantwortlich gemacht werden.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2017
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