Putzbrunn:Ein Hoch aufs Brauchtum

Widerstandsnest

Zwischenzeitlich musste der Putzbrunner Burschenverein seine Tätigkeit einstellen - das war während der Diktatur der Nazis, die keine unabhängigen Vereine neben ihren eigenen Organisationen duldete. Allerdings trat dieses Verbot erst in Kraft, nachdem es 1935 zum Eklat gekommen war: Damals ordnete der Neubiberger SA-Ortsgruppenleiter an, dass der im traditionellen Weiß-Blau bemalte Putzbrunner Maibaum weiß überpinselt werden müsse - wogegen sich die Burschen vehement wehrten. In der Putzbrunner Ortschronik von Klaus B. Schubert ist ein entsprechender Brief eines Truderinger SA-Sturmführers abgedruckt, in dem dieser Vorgang beschrieben wird. Von der Gauleitung sei "eine SS-Bereitschaft angefordert" worden, "die endlich Ruhe schaffte". Der Maibaum wurde weiß übermalt, dann jedoch nachts von den Burschen angesägt, sodass er umzustürzen drohte und abgebaut werden musste. In regionalen Nazikreisen war man vom Verhalten der Burschen geradezu empört. In dem Brief heißt es, die Angelegenheit sei von den Putzbrunnern "groß aufgezogen worden, um der SA und der Bewegung eins auszuwischen. An der Spitze steht als Hetzer der Ortsbauernführer und der Burschenverein Putzbrunn". stga

Der Burschenverein feiert sein 125-jähriges Bestehen

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Sagen wir es mit Georg Lohmeier: "Es war eine liebe Zeit, die gute, alte Zeit vor anno 14. In Bayern gleich gar." Der Dichter meint jene Jahre, in denen Prinzregent Luitpold regiert hat. Das Bier sei damals, um die Jahrhundertwende, noch dunkel gewesen, "die Menschen typisch, die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger". So heißt es im Vorspann der alten Fernsehserie "Königlich Bayerisches Amtsgericht", und was für den fiktiven Ort "Geisbach" galt, in dem die kuriosen Gerichtsfälle spielen, dürfte auch für Putzbrunn gegolten haben. Man kann also davon ausgehen, dass die paar Gründungsmitglieder des dortigen Burschenvereins im Jahre 1893 äußerst schneidig waren.

Für den aktuellen Vorsitzenden Sebastian Schmelzer, 27 Jahre alt und seit 2013 im Amt, spielt diese Gründungszeit derzeit eine entscheidende Rolle in seinem gegenwärtigen Alltag: Er kümmert sich um die bevorstehenden Festivitäten zum 125-jährigen Bestehen des Vereins. Und die starten schon diesen Freitag, 9. Juni, mit dem Konzert der Gruppe "Nirwana", die auf Coverversionen spezialisiert ist. Die Band feiert in diesem Jahr ihrerseits 40. Geburtstag, einer rauschenden Partynacht steht also nichts im Wege, Beginn der Veranstaltung ist um 19 Uhr, Karten gibt es an der Abendkasse. Das Konzert findet wie alle weiteren Jubiläumsveranstaltungen in einem 4000 Personen fassenden Festzelt am Florianseck neben dem Sportgelände des Putzbrunner SV statt. Schon am Freitag vor einer Woche haben die Putzbrunner das 3000 Quadratmeter große Zelt aufgestellt.

Am Festwochenende in einer Woche dürfte es hier richtig hoch hergehen: Am Freitag, 15. Juni spielen die Bands "Bast schon" und die jungen "Schürzenjäger" aus dem Zillertal im Festzelt auf, Einlass ist um 18.30 Uhr. Am Samstag, 16. Juni, tritt dann die Comedy-Gruppe "Da Huawa, da Meier und i" auf und gibt ab 18 Uhr ihr aktuelles Programm "Zeit is a Matz" zum Besten. Für beide Veranstaltungen läuft der Vorverkauf. Zum Abschluss der Festwoche gibt es dann am Sonntag, 17. Juni, von 8 Uhr an einen Frühshoppen im Zelt mit einer Feldmesse um 10 Uhr und anschließendem Festzumzug der Putzbrunner Vereine, sowie einem gemeinsamen Mittagessen um 12 Uhr. Es spielt die Glonner Musi.

Für den Verein sind die Feierlichkeiten ein weiterer Höhepunkt, nachdem zuletzt 2016 der neue Maibaum der Gemeinde und vor wenigen Wochen ein eigens gefertigter Maibaum für die Lebenshilfe-Werkstatt aufgestellt worden war. Alljährlich nimmt der Verein an der Leonhardifahrt in Siegertsbrunn teil. Dafür wird auch in diesem Jahr einige Tage vorher ein Festwagen geschmückt. "Für uns spielen Heimatverbundenheit, Brauchtum und Tradition eine wichtige Rolle", sagt Burschen-Vorsitzender Schmelzer. "Die Politik ist bei uns Nebensache." Wie ernst man die Tradition nimmt, zeigt sich anhand der Tatsache, dass man die Vereinsfahne von 1921 für teures Geld hat restaurieren lassen anstatt eine neue fertigen zu lassen. "Das war uns ganz wichtig", so Schmelzer.

39 Mitglieder hat der Verein aktuell, der jüngste Bursche ist 16 Jahre alt, der älteste 59. Zum Aufnahmeritual gehört es, eine Mass Bier zu trinken und eine Zigarre zu rauchen. Um den Zusammenhalt zu stärken, wird viel gemeinsam unternommen, Ausflüge zum Skifahren oder in verschiedene Städte, manchmal treffen sich die Burschen zum Fußballspielen.

Die Amtszeit von Schmelzer neigt sich nach fünf Jahren bereits wieder dem Ende entgegen: "Ich werde wohl aufhören, weil ich beruflich im familieneigenen Betrieb zu viel um die Ohren habe", sagt Schmelzer, der auch der Jungen Union Putzbrunn vorsitzt. Zum Burschenverein war Sebastian Schmelzer einst durch seinen Vater Georg gekommen, der ihn überredete, "da mal hinzugehen". Kein Wunder, schließlich war Schmelzer senior, der für die CSU im Gemeinderat sitzt, zwischen 1979 und 1989 selbst zehn Jahre Vorstand der Burschen.

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