Wie sieht die Arbeitskleidung von morgen aus? Ideen dazu präsentierten jetzt acht angehende Modedesigner bei einer Vorführung in Putzbrunn, zu der die Firma W. L. Gore eingeladen hatte. Gore kooperiert seit mehr als zwanzig Jahren mit dem Modedesign-Zweig der Westsächsischen Hochschule Zwickau – eine Zusammenarbeit, von der beide Seiten profitieren.
Während das Unternehmen die Sichtweise junger Menschen erfährt, haben die Studierenden Zugang zu speziellen Funktionsstoffen und dem dazu gehörenden Know-how: Denn diese Textile erfordern bei der Verarbeitung eine andere Herangehensweise als gewöhnliche Stoffe, wie Projektleiterin Dorette Bárdos von der „Fakultät Angewandte Kunst“ der Hochschule mit Sitz in Schneeberg erklärt.
So müssen bei Funktionsstoffen beispielsweise Nähte mit einem Spezialtape hinterlegt werden, damit sie wasserundurchlässig bleiben. Auch müsse zwischen aufgebrachten Applikationen immer Platz sein, damit Wasserdampf dort entweichen kann und das Kleidungsstück atmungsaktiv bleibt. Auf beides hatten die Studierenden schon beim Entwurf ihrer Modelle zu achten.
Sie sollten zudem Künstliche Intelligenz (KI) einbeziehen, was für sie und die Lehrenden Neuland gewesen sei, betont die Professorin Bárdos. Die KI habe bei der Recherche und ersten Ideen geholfen, außerdem später beim Entwickeln von Varianten der Entwürfe. Ihre Studierenden hätten allerdings gespürt: „KI ist kein Zauberstab, sinnvolle Ergebnisse erfordern exakte Fragen.“
Die angehenden Modedesigner, allesamt Viert-Semester, hatten – ähnlich wie später in der Industrie – nur gut drei Monate Zeit, um eine moderne funktionelle Arbeitsjacke oder -hose für eine bestimmte Berufsgruppe zu entwerfen. Sie mussten unter Zeitdruck die Bedürfnisse der künftigen Nutzer kennenlernen, die Verarbeitung von Funktionsstoffen ergründen und einen stylischen Entwurf kreieren. Fast alle legten viel Wert auf die Sichtbarkeit des Kleidungsstücks und damit des Trägers. Außerdem hatten sie sich gut überlegt, was unterschiedliche Wetterlagen erfordern und wo welche Taschen sitzen müssen.
Da gab es einen Mantel für eine Straßenbauarbeiterin, die ihn an der Taille trennen und den unteren Teil sogar als Sitzdecke verwenden kann. Die Jacke für Bühnentechniker überraschte mit einem integrierten Air-Bag-System, das bei Stürzen vom Gerüst schützen soll. Bei Arbeitsjacken für Fahrradkuriere oder Fahrleitungsmonteure bei der Bahn setzten die angehenden Designer auf selbst leuchtende LED-Streifen. Und durch einen schräg verlaufenden Reißverschluss auf der Vorderseite hatte eine Jacke dort eine Tasche für ein Tablet.
Alle vorgestellten Modelle lassen sich leicht zusammenfalten und die abnehmbaren Ärmel oder Taschen am Kleidungsstück selbst verstauen. Leichte Handhabung, Sicherheit und stylisches Aussehen stehen bei den jungen Modedesignern hoch im Kurs. Die Putzbrunner Funktionsstoff-Firma habe neue Ansichten und Ideen kennengelernt, was auch ein Ziel der Kooperation sei, sagt Susanne Wisbrunn.
Eine Studentin nutzte ihre Präsentation sogar für eine politische Botschaft: Laura Stryczek hatte auf ihrer in knalligem Orange gehaltenen Universaljacke für Seeleute zwei Hände als reflektierendes Muster aufgebracht und ließ in ihrem Kurzvideo die Aktivistin Carola Rackete sprechen, bevor sie auf die Dringlichkeit von Seenotrettungsmissionen und deren Spendenbedarf hinwies.