Putzbrunn:Abstand zur Kommunalpolitik

Putzbrunn: Mit dem heutigen Bürgermeister Edwin Klostermeier hat Volker Rentschler (von links) seit 2002 eng zusammengearbeitet. Das Bild entstand 2004.

Mit dem heutigen Bürgermeister Edwin Klostermeier hat Volker Rentschler (von links) seit 2002 eng zusammengearbeitet. Das Bild entstand 2004.

(Foto: Claus Schunk)

Der Grüne Volker Rentschler hat nach 18 Jahren seinen Sitz im Putzbrunner Gemeinderat aufgegeben. Das hat mit den coronabedingten Einschränkungen zu tun - und mit dem Stil, der in dem Gremium gepflegt wird

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Fast 430 Leute finden im großen Saal des Putzbrunner Bürgerhauses Platz. In normalen Zeiten, wenn auf der Bühne Programme namhafter Kabarettisten oder Stücke der Theaterabteilung des Putzbrunner SV dargeboten werden. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie gibt es solche Veranstaltungen hier nicht mehr. Dafür tagen die politischen Gremien der Gemeinde nun regelmäßig hier.

Dann sitzen die 20 Gemeinderäte mit Bürgermeister Edwin Klostermeier und den jeweiligen Fachkräften aus der Gemeindeverwaltung in dieser mächtigen Halle - mit so viel Abstand, dass der eine den anderen kaum hören kann. Für Volker Rentschler eine unangenehme Atmosphäre: "Ich fühle mich absolut unwohl, man versteht die Leute schlecht und außerdem gibt es ja auch nach den Sitzungen keinen Kontakt mehr zu anderen Gemeinderäten, wir können ja nicht mal hernach zusammen ein Bier trinken gehen", sagt der Grüne. Diese aus seiner Sicht unguten Rahmenbedingungen haben dann laut Rentschler auch den Ausschlag gegeben, dass er kürzlich seinen Sitz in dem Gremium räumte, in das er 2002 eingezogen war.

"Ich habe mich schon länger mit diesem Gedanken auseinandergesetzt. Es ist ja auch schön langsam Zeit geworden nach 18 Jahren", sagt der 69-Jährige. Doch nicht nur die Auswirkungen von Covid-19 haben dem Grünen die Arbeit in den gemeindlichen Gremien verleidet, auch die teilweise unsachlichen Debatten der vergangenen Jahre sind nicht in seinem Sinne: "Da sind dann doch immer wieder sehr destruktive Vorschläge und teilweise persönlich motivierte Angriffe dabei, das gefällt mir nicht."

Diplom-Informatiker Rentschler, der zuletzt für eine große deutsche Softwarefirma im Bereich Kundenbetreuung tätig war und seit drei Jahren pensioniert ist, war schon bei der Gründung des Grünen-Ortsverbandes Putzbrunn 1997 mit dabei. Bei der Kommunalwahl kurz davor hatte die Ökopartei einen Gemeinderatssitz gewonnen, doch die damals gewählte Petra Holzer-Scheidl trat schon 1998 aus der Partei aus und kündigte die Fraktionsgemeinschaft mit der SPD auf - sehr zum Ärger der anderen Grünen am Ort.

Also ließ sich Volker Rentschler 2002 selbst aufstellen und schaffte prompt den Sprung ins Gremium. Die Kooperation mit den Sozialdemokraten nahm er wieder auf, es entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit dem damaligen SPD-Fraktionssprecher Edwin Klostermeier, der nach dem Sturz von Bürgermeister Josef Kellermeier (zunächst CSU, später fraktionslos) 2006 zu dessen Nachfolger gewählt wurde. "Edwin ist ein super Bürgermeister, er hat seit seiner Wahl unheimlich viel geschafft", sagt Rentschler, der sich an die heftige politische Auseinandersetzung um das Asylbewerberheim 2013 erinnert, in deren Verlauf er "eisern" (Rentschler) an der Seite Klostermeiers gestanden habe: "Damals war das ein riesiges Thema, heute redet da keiner mehr davon."

Vielleicht sind es ja auch die gemeinsamen niederbayerischen Wurzeln, die beide verbinden - Klostermeier ist in Straubing geboren, Rentschler in Passau. Doch der Lokalpolitiker im Ruhestand war nicht nur Mehrheitsbeschaffer, sondern auch immer darauf aus, grüne Ideen durchzusetzen. Die größten Erfolge während seiner Zeit im Gremium? "Der Ausbau des ÖPNV in Putzbrunn, dass wir in der Kinderbetreuung hervorragend aufgestellt sind, die Erweiterung und Sanierung von Bürgerhaus und Rathaus und nun auch noch der Zuschlag für ein Gymnasium in der Waldkolonie, das sind die wichtigsten Projekte, die wir gemeinsam vorangebracht haben", resümiert Rentschler, der zwölf Jahre lang der einzige Grüne im Gemeinderat war. Erst 2014 kam in der Diplom-Sozialarbeiterin Sybille Martinschledde eine Mitstreiterin hinzu. Nach der Wahl in diesem März gesellte sich auch noch die Krankenschwester Doris Böhm dazu, mit drei Sitzen zogen die Grünen im Gemeinderat sogar mit der SPD-Fraktion des Bürgermeisters gleich. Nach Rentschlers Ausscheiden wurde im Oktober bereits als Nachrücker Jean-Marc Baum vereidigt, der Bauingenieur ist gemeinsam mit Martinschledde auch Sprecher des Grünen-Ortsverbands.

Rentschler will seine neu gewonnene Freizeit dazu nutzen, mit seiner Frau öfter mal in die gemietete Ferienwohnung in Tirol zu fahren, "wenn das wieder geht", sagt er mit Blick auf Corona. Dennoch werde er die politischen Vorgänge in seiner Heimatgemeinde weiterhin interessiert verfolgen - wenn auch nicht mehr in dem seiner Meinung nach viel zu großen Saal des Bürgerhauses.

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