Ortsverkehr:Flächendeckende Tempo-30-Regel bleibt auf der Strecke

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Viele Kommunen wünschen sich mehr Entscheidungsbefugnisse beim Erlass von Geschwindigkeitsvorgaben - so auch in Tutzing. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Der Pullacher Gemeinderat lehnt die deutliche Geschwindigkeitsbegrenzung im gesamten Ortsgebiet ab, ringt sich aber zu einem Kompromiss durch: Schneller als 40 Stundenkilometer darf nirgendwo mehr gefahren werden.

Von Michael Morosow, Pullach

Die Tage der Tempo-50-Schilder an Pullacher Straßen sind gezählt, im Gemeindegebiet darf in Bälde nur noch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 beziehungsweise 30 Stundenkilometern gefahren werden. Auf diese Kompromisslösung hat sich am Dienstagabend nach langem Ringen der Gemeinderat geeinigt. Das ist die gute Nachricht für Bürgerinnen und Bürger, die sich einen langsameren Verkehrsfluss im Gemeindegebiet gewünscht haben. Die schlechte Nachricht für sie: Der große Wurf, eine flächendeckende Tempo-30-Regel innerorts, wie mit sechs zu vier Stimmen vom Umwelt- und Mobilitätsausschuss empfohlen, ist auf der Strecke geblieben.

Die Hoffnung von Caroline Voit (Pullach plus) auf flächendeckendes Tempo 30 waren groß gewesen, nachdem sie sich im November im Ausschuss mit ihrem Antrag überraschend hatte durchsetzen können. "Wenn alle da sind, könnte es klappen", hatte sie danach gesagt. Es waren am Dienstag im Gemeinderat bis auf Alexander Betz (FDP) zwar alle da, aber es klappte dann doch nicht. Grund dafür ist unter anderem ein Umdenken bei den beiden SPD-Vertretern, das bereits während einer Online-Diskussion in der Vorwoche eingesetzt hatte, als sich die Teilnehmer überwiegend für Tempo 40 ausgesprochen hatten. Er selbst sei weiter für Tempo 30, aber er habe in seine Partei "hineingespiegelt" und sei nicht auf große Begeisterung gestoßen, sagte Holger Ptacek im Gemeinderat. Es kam aber erst gar nicht zur Abstimmung über ihren Antrag, denn Caroline Voit wartete zu Beginn der Debatte im Gemeinderat mit einem Änderungsvorschlag auf, um einen Kompromiss zu finden, wie sie sagte: Keine Abstimmung zwischen ihrem Beschlussvorschlag für Tempo 30 flächendeckend (Variante 1) und dem der Verwaltung, der eine Temporeduzierung auf allen Tempo-50-Straßen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern (Variante 2) vorsieht, sondern stattdessen Abstimmungen über jede Straße. Und so entschieden die Fraktionen über jede einzelne Straße separat. Das Ergebnis: Die Gemeinde bekommt drei zusätzliche Tempo-30-Straßen und fünf weitere Tempo-40-Straßen. Die Entscheidungen fielen mit jeweils elf gegen neun beziehungsweise zwölf gegen acht Stimmen aus, also denkbar knapp.

CSU und WIP hätten es lieber gesehen, wenn vorher die Bevölkerung befragt worden wäre

Wenn es nach der CSU und WIP gegangen wäre, dann hätte der Gemeinderat am Dienstag gar keine Entscheidung getroffen, sondern zuvor eine Befragung der Bevölkerung initiiert wie bereits 2011 zum gleichen Thema. Dieser alternative Beschlussvorschlag wurde mit neun zu elf Stimmen abgelehnt. Sie habe das Gefühl, dass einige im Gremium Angst vor der Meinung der Bürger hätten, sagte Christine Zechmeister (WIP). Flächendeckend Tempo 30 über den Ort zu gießen, finde die CSU nicht gut, sagte Christine Eisenmann (CSU), die ebenfalls dafür plädierte, wie vor zehn Jahren die Bürger mit ins Boot zu holen. Ins gleiche Horn stieß Reinhard Vennekold (WIP), er wartete aber auch mit einem Nachtarock zur Sitzung des Umwelt- und Mobilitätsausschusses auf. Dieser sei von Voits spontanem Antrag überrumpelt worden wie auch die Bürgermeisterin und viele Bürger, sagte er. Ptacek sprach darauf von hanebüchenen Vorwürfen. Den gefundenen Kompromiss goutierte der SPD-Mann: "Ein guter Schritt voran."

Tempo 30 gilt künftig auf der Pater-Augustin-Rösch-Straße, der Seitnerstraße und auf der Wolfratshauser Straße (zwischen Dr. Carl-von-Linde-Straße und Pater-Augustin-Rösch-Straße). Auf Tempo 40 beschränkt werden: Großhesseloher Straße, Münchner Straße (zwischen Wilhelm-Leibl-Straße und Schubertstraße), Richard Wagner-Straße, Wolfratshauser Straße (zwischen Carl-von-Linde-Straße und B11) und Zugspitzstraße.

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