Pullach:Schleusen auf für den Schlauch

Pullach: Das Großhesseloher Wehr soll im Herbst zur Baustelle werden.

Das Großhesseloher Wehr soll im Herbst zur Baustelle werden.

(Foto: Claus Schunk)

CSU und ÖDP scheitern im Umweltausschuss des Münchner Stadtrates mit ihrem Antrag, das Großhesseloher Wehr aufzugeben. Die Anlage soll nun wie geplant vom Herbst an saniert werden - und auch die umstrittene, meterhohe Gummiwand erhalten

Von Konstantin Kaip, Pullach

An zwei Gedanken werden sich Erholungssuchende am Großhesseloher Isarufer gewöhnen müssen: an eine Großbaustelle im Landschaftsschutzgebiet von Herbst an und danach an einen großen Gummischlauch im Fluss. Bekanntlich planen die Stadtwerke München (SWM), das Wehr nahe der Eisenbahnbrücke umfangreich zu sanieren - und dort unter anderem ein so genanntes Schlauchwehr als bewegliche Schleuse zu errichten. Daran konnte auch ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CSU und ÖDP, die Umbau- und Sanierungspläne im Münchner Stadtrat zur Diskussion zu stellen und dabei auch die Option eines kompletten Rückbaus des etwa 100 Jahre alten Wehrs zu berücksichtigen, nichts ändern. Der Antrag wurde kürzlich im Umweltausschuss des Stadtrats abgelehnt.

Die Mehrheit der Ausschussmitglieder folgte der Empfehlung des Umweltreferats, das als Untere Wasserrechtsbehörde für das Wehr zuständig ist und den geplanten Umbau nach Würdigung aller im wasserrechtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahmen, auch von den Naturschutz- und Fischereibehörden, als genehmigungsfähig einstuft. Ein Rückbau komme schon allein wegen der durch das Wehr verlaufenden Haupttrinkwasserleitung nicht in Frage, so die Einschätzung des Umweltreferats. Die Leitung zu verlegen, die die Stadt München mit Wasser aus dem Mangfalltal versorgt, würde nach Einschätzung der Behörde mindestens 800 000 Euro kosten. Zudem wäre eine dafür nötige neue Isarquerung mit umfangreichen Bauarbeiten verbunden, die sowohl die Untere als auch die Höhere Naturschutzbehörde als "massiven Eingriff" in die Natur werteten, der "enorme Auswirkungen auf das betroffene FFH-Gebiet zur Folge haben kann".

Die Stadträte Manuel Pretzl (CSU) und Thomas Ruff (ÖDP) hatten Front gegen die Umbau- und Sanierungspläne gemacht, nachdem die SWM ein Plangenehmigungsverfahren für die Wehrsanierung beantragt hatten. Obwohl das Großhesseloher Wehr auf Pullacher Gemeindegebiet und damit im Landkreis München liegt, ist für das Genehmigungsverfahren die Landeshauptstadt zuständig. Die Anlage besteht aus einem festen Wehr im Eigentum der Stadt München und einem beweglichen Wehr, das den Stadtwerken gehört. Die bezeichnen den Sanierungsbedarf in Großhesselohe als "erheblich". Nötig sei der Umbau aufgrund einer Vereinbarung zwischen SWM und der Landeshauptstadt von 2008. Demnach muss die Mindestwassermenge am Wehr im Jahresmittel auf zwölf Kubikmeter pro Sekunde erhöht werden. Die Restwassermenge ist wichtig, damit sich das Flussbett nicht weiter vertieft. Um den Verlust für die Wasserkraft auszugleichen, soll der Abfluss aus dem Werkkanal auf 80 Kubikmeter pro Sekunde erhöht werden.

Gleichzeitig soll am Wehr die in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderte "ökologische Durchlässigkeit" der Isar für Kleinstlebewesen, Insekten und vor allem Fische hergestellt werden. So soll etwa eine spezielle Fischwanderhilfe die derzeit nicht funktionstüchtige Fischtreppe ersetzen, was nach Einschätzung des Umweltreferats den "Lebensraum für gewässerlebende Organismen deutlich verbessert". Auch der schlechte bauliche Zustand der Anlage macht laut den Stadtwerken eine Sanierung "unbedingt erforderlich", vor allem die Kiesschleuse an der Isar und die Einlaufschleuse am Werkkanal müssen erneuert werden. Um die Eingriffe im FFH-Gebiet möglichst gering zu halten, empfehlen die Stadtwerke, die Sanierungsmaßnahmen zu bündeln.

In ihrem Antrag hatten die Stadträte Pretzl und Ruff kritisiert, dass der Erhalt des Wehrs "aus betriebstechnischen Gründen nicht notwendig und unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll" sei. Eine Verbindung zwischen Isar und Werkkanal sei an dieser Stelle nicht nötig, da die Stadtwerke Kühlwasser für ihr Heizkraftwerk auch direkt aus der Isar an der Kippschwelle unterhalb der Brudermühlbrücke entnehmen könnten. Damit aber wäre laut SWM nur eine "zeitlich begrenzte Notversorgung" des Heizkraftwerks Süd möglich. Die "unterbrechungsfreie Kühlwasserversorgung" könne "nur mit dem Großhesseloher Wehr sichergestellt werden".

Gegen den geplanten Umbau führten Pretzl und Ruff auch "ästhetische Gesichtspunkte" ins Feld, insbesondere was das geplante Schlauchwehr betrifft, eine mehrere Meter hohe Gummiwand, die künftig die Kiesschleuse ersetzen soll. Nach Ansicht der Stadtwerke München fügt sich die geplante Anlage dagegen "harmonisch in das Landschaftsbild ein". Das luftgefüllte Schlauchwehr habe sich in der Prüfung als Vorzugvariante herausgestellt.

Insgesamt werden die Kosten für den Umbau mit zirka 3,4 Millionen Euro veranschlagt. Der Rückbau wäre nach Einschätzung der SWM mit etwa 4,2 Millionen Euro um 20 Prozent teurer. Zudem sei der "Erhalt des Heizkraftwerks Süd im gegenwärtigen Umfang auch mit dieser Summe nicht möglich".

Anders als Pretzl und Ruff gefordert hatten, wird der Umbau des Großhesseloher Wehrs nach dem Beschluss des Umweltausschusses nun nicht im Münchner Stadtrat diskutiert. Das Gremium sei für eine Entscheidung im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren auch gar nicht zuständig, erklärte das Umweltreferat, das gerade dabei ist, die Maßnahme zu genehmigen. "Nach der derzeitigen Planung", heißt es aus der Behörde, "ist mit dem Umbau im Herbst zu rechnen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: