Ein Konzertflügel auf einer kleinen Bühne, umgeben von Fenstern, die einen wunderbaren Blick ins Isartal gewähren. Im Erdgeschoss der denkmalgeschützten Villa Rank am Kirchplatz in Pullach, die zum Komplex des Wirtshauses Rabenwirt gehört, finden seit etwas mehr als einem Jahr Liederabende und Konzerte statt. Pächterin Sibylla Abenteuer hat die Kulturveranstaltungen maßgeblich vorangetrieben, damit das Gebäude und insbesondere der „Blaue Saal“ im Erdgeschoss wieder der Öffentlichkeit zugänglich werden. Man kann sich gut vorstellen, dass ein Konzertabend in diesem Ambiente ein besonderes Erlebnis ist. Doch der Betrieb ist zuletzt wegen eines Rechtsstreits mit der Gemeinde über die erforderliche Anzahl der Pkw-Stellplätze etwas getrübt gewesen. Nach einem Gerichtstermin vor Ort ist nun jedoch ein Kompromiss gefunden.
Der Gebäudekomplex Rabenwirt besteht aus dem Wirtshaus, einer großen Terrasse und eben der Villa Rank. Der ehemalige Eigentümer, der Münchner Steinbildhauer Josef Heppner, hatte Anfang des 20. Jahrhunderts auf der nördlichen Seite die Villa anbauen lassen, die auch Trutzbau genannt wird, um dem benachbarten Bürgerbräu den Blick auf die Alpen zu versperren. Zu der damaligen Zeit florierte der Betrieb, es kehrten unter anderem Künstler und Studenten im Rabenwirt ein. 5000 Gäste fanden in den zahlreichen Sälen und Gasträumen seinerzeit Platz, heißt es.
Im Laufe der Jahrzehnte waren viele Räume in dem Gebäudekomplex immer wieder anders genutzt worden. 2022 stellte die heutige Eigentümerin einen Bauantrag für verschiedene Nutzungsänderungen, um Rechtssicherheit zu erhalten. Unter anderem ging es um Räume in der Villa Rank und unterhalb der Terrassen, die als Lager und Büro genutzt wurden, was laut Landratsamt zum Teil nicht genehmigt war. 2023 erteilte die Behörde gegen den Willen der Gemeinde die Genehmigung, hinsichtlich des „Blauen Saals“ ging man indes weiter von einer bereits genehmigten Nutzung als Gaststätte aus, auch wenn der Saal in den vergangenen Jahren als Büro diente.
Gegen den Bescheid klagte die Gemeinde Pullach im selben Jahr. Im Rathaus hielt man angesichts der verschiedenen Nutzungen mehr Stellplätze für angebracht oder zumindest eine finanzielle Ablöse. In der Villa Rank etwa residieren neben dem „Blauen Saal“ auch Rechtsanwälte und Beratungsfirmen, wie Klingelschilder zeigen. Da es am Kirchplatz zu wenige Stellplätze gebe, habe man die Gelegenheit nutzen wollen, „alles geradezurücken“, wie Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) sagt.

Bei gleichzeitigem Betrieb im Saal und Lokal sowie auf der Terrasse und möglicherweise noch einer Veranstaltung im danebenliegenden Bürgerhaus könne es zu Chaos auf dem Platz kommen. Verkompliziert wurde der Fall, als die Eigentümerin im Februar dieses Jahres noch einen Änderungsantrag stellte, um den „Blauen Saal“ offiziell als Veranstaltungsraum zu ermöglichen, nachdem er bereits als Konzertsaal genutzt wird.
Das Ensemble lag lange Zeit in einem Dornröschenschlaf
Pächterin Sibylla Abenteuer, die den Rabenwirt zu einem gediegenen Restaurant umgestaltet hat, sagt, sie habe die Villa Rank wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen und insbesondere den Saal und die Nebenräume ihrer ursprünglichen Nutzung für Konzerte und Gastronomie zuführen. Dazu renovierte sie in den vergangenen Jahren das Gebäude, das in einen „Dornröschenschlaf“ gefallen war, wie es auf der Homepage des „Blauen Saals“ heißt. „Der Weg war steinig und kostenintensiv“, sagt die Pächterin. Seit Herbst 2023 finden in dem Saal Abenteuer zufolge etwa zweimal im Monat Veranstaltungen wie Konzerte, Liederabende und Tagungen statt. Der nächste Liederabend steht am 6. April an.

Nach einem Ortstermin der neunten Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts ist nun eine Lösung in Sicht: Unter der unaufgeregten und ausgleichenden Verhandlungsführung des Vorsitzenden Richters Korbinian Heinzeller wurde ein Vergleich geschlossen. Kernpunkt des Vergleichs ist, dass bestimmte Bereiche nicht gleichzeitig bespielt werden dürfen und so die Zahl der Nutzer reduziert wird, wie es auch Tausendfreund als Kompromiss in der Verhandlung vorgeschlagen hatte. So ist nun während einer Veranstaltung im „Blauen Saal“ der Terrassenbetrieb am Rabenwirt eingeschränkt. Im Gegenzug soll die Gemeinde das Einvernehmen zu dem Änderungsantrag vom Februar erteilen und der Rechtsstreit damit beendet sein. Der Rabenwirt sei für die Gemeinde wichtig, die Terrasse ein Höhepunkt, sagte Richter Heinzeller. Das müsse ihr auch etwas wert sein.
Mit diesem Ausgang dürften alle Beteiligten zufrieden sein. Während der Verhandlung erklärten beide Seiten, dass der Rabenwirt und die anderen Gebäudeteile eine große Bedeutung für Pullach hätten. Es sei ein „vernünftiger Kompromiss“, sagte Bürgermeisterin Tausendfreund. Der Gemeinderat muss dem Vergleich allerdings noch zustimmen. Dann können Sibylla Abenteuer und ihre Tochter Chiara, die die Liederabende im Saal kuratiert, weiter Veranstaltungen organisieren – ohne Rechtsstreit im Nacken.