Pullach:Krach um eine Lärmschutzwand

Pullach: Um die im Bau befindliche Lärmschutz an der Wörnbrunner Straße in Pullach gibt es politischen Streit.

Um die im Bau befindliche Lärmschutz an der Wörnbrunner Straße in Pullach gibt es politischen Streit.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Die WIP-Fraktion hält die Erneuerung des Bauwerks an der B 11 für unsinnig und beklagt, dass dafür Bäume fallen müssen. Der Gemeinderat stimmt dennoch dafür.

Von Michael Morosow, Pullach

Gibt die Gemeinde Pullach 1,8 Millionen Euro aus und fällt eine ganze Baumreihe für eine Lärmschutzmauer, die die Anwohner gar nicht für nötig halten? Die Fraktion der Wählergruppe Wir in Pullach (WIP), die gegen die Errichtung einer Schallschutzwand entlang der Wolfratshauser Straße (B 11) argumentiert, behauptet dies steif und fest, steht mit dieser Meinung aber nahezu alleine da. In der Aprilsitzung des Gemeinderates votierte die Mehrheit des Gremiums gegen die Stimmen der WIP und FDP-Gemeinderat Alexander Betz für den zweiten Bauabschnitt.

Doch der Krach um den Lärmschutz ist damit nicht beigelegt, in einem Nachtarock im Gemeindeblatt hat nun WIP-Vorsitzender Reinhard Vennekold insbesondere die Grünen attackiert für eine ökologische Fehlentscheidung, wie er schreibt. Stein des Anstoßes sind dabei abermals notwendige Rodungen, insgesamt 84 Bäume müssen auf einer Länge von 600 Metern gefällt werden, damit die Lärmschutzmauer fest im Boden verankert werden kann. Es sind dabei nicht die einzigen Bäume, die weichen müssen. Bereits für den noch im Bau befindlichen südlichen Abschnitt des Bauwerks mussten aus technischen Gründen 52 Bäume mehr als vorgesehen entfernt werden, was ebenfalls zu einem Aufschrei im Gemeinderat geführt hatte.

Zugezogene sind offenbar lärmempfindlicher als alteingesessene Anwohner

Die circa 1000 Meter lange Lärmschutzwand ist nach 30 Jahren so marode, dass der Gemeinderat im September 2020 beschlossen hatte, die Holzkonstruktion für insgesamt 1,8 Millionen Euro erneuern zu lassen. Beim Bau der Lärmschutzwand im südlichen Bereich war die WIP noch dabei, bei der 600 Meter langen Verlängerung zwischen dem nördlichen Ende der Römerstraße und der Wolfratshauser Straße 44 aber nicht mehr. Der Mitteleinsatz dafür in geschätzter Höhe von knapp mehr als einer Million Euro sei unverhältnismäßig und der Zeitpunkt grotesk, erklärt Vennekold im Gemeindeblatt und spricht damit die Tatsache an, dass die B 11 in Bälde einen Flüsterasphalt erhalten wird.

Dieses Argument brachte zuletzt im Gemeinderat bereits Vennekolds Fraktionskollegin Christine Zechmeister vor, als sie einen Vertagungsantrag stellte, um erst einmal Erfahrungen mit dem Lärm mindernden Straßenbelag sammeln zu können. Der Antrag wurde mit 5 zu 15 Stimmen abgelehnt. Im Laufe der Debatte zeigte sich, dass die WIP-Vertreter beim Straßenlärm offenbar eine deutlich höher angesiedelte Schmerzgrenze haben als die Fürsprecher der Lärmschutzwand. Sie sei oft an der Wolfratshauser Straße, "die Leute dort können sehr gut schlafen, in der Ortsmitte ist es lauter", sagte etwa Angelika Metz, die es daher für "größenwahnsinnig" hält, eine Million Euro für Lärmschutz auszugeben.

Ins gleiche Horn stieß ihre Fraktionskollegin Zechmeister. Viele Bürgerinnen und Bürger dort wünschten sich den Erhalt des Grüngürtels, "die fühlen sich ausreichend geschützt", sagte die Dritte Bürgermeisterin, nachdem sie sich über den Zustand der Vegetation im südlichen Abschnitt ausgelassen hatte: "Wer vorbeifährt, muss schockiert sein: kein Baum, kein Strauch, nur ein paar vertrocknete Sträucher." Unterstützung bekam die WIP-Fraktion von Alexander Betz (FDP), der sagte, der von der S-Bahn ausgehende Lärm sei deutlich höher.

Aber wer fordert dann überhaupt den Lärmschutz neben der B 11? Die Alteingesessenen hätten keine Lärmprobleme, nur einige Neubürger, sagte Christine Zechmeister. Angelika Metz monierte daher eine Goodwill-Aktion für diesen Personenkreis - zu dem sich auch Caroline Voit (Pullach plus) zählt, wie sie sagte: Sie fühle sich vom Lärm der S-Bahn weniger gestört als durch den dauernden Geräuschteppich neben der B 11. Ihre persönlichen Gesprächspartner seien "megadankbar" für eine Lärmschutzwand. Sie glaube, dass für den nördlichen Abschnitt eine gute Lösung gefunden worden sei, sagte Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) und sprach von einer "Investition in die Zukunft".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: