Pullach:Kommunaler Energieversorger darf Stromnetz behalten

Putzbrunn, Stromversorgung, Blick Richtung Putzbrunn an der StaatsstraÃüe 2079,

Der Rechtsstreit zwischen der Bayernwerk AG und Pullach könnte richtungsweisend für andere Gemeinden werden.

Im Prozess mit der Eon-Tochter Bayernwerk erringt die kommunale Energiegesellschaft einen Etappensieg. Das Ausschreibungsverfahren muss nicht wiederholt werden. Der Kaufpreis allerdings bleibt umstritten.

Von Stefan Galler

Die Innovative Energie für Pullach GmbH (IEP) hat im Rechtsstreit gegen die Bayernwerk AG um die Übergabe des Stromnetzes in der Isartalgemeinde einen Etappensieg eingefahren: Das Landgericht München I wies die Forderung der Bayernwerk AG, einem Tochterunternehmen des Energieriesen Eon, zurück, dass das Ausschreibungsverfahren über die Neuvergabe des Netzes mangels Transparenz und Fairness neu gestartet werden muss. Damit bleibt die Konzession bei der Kommunalgesellschaft IEP. "Dass das Konzessionsverfahren nicht mehr angetastet wird, ist für uns ein wichtiger Erfolg", sagt deren Geschäftsführer Helmut Mangold.

Die Bayernwerk hat eine wichtige Frist verstreichen lassen

Richterin Elisabeth Waitzinger begründete ihre Entscheidung damit, dass die Bayernwerk AG es im Frühjahr 2014 versäumt hatte, innerhalb von 15 Tagen nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Ausschreibung Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Verfügung gegen diese Entscheidung zu beantragen. "Die Gemeinde hatte bis zur Unterschrift des neuen Konzessionsvertrages sogar einen Monat zugewartet, um Bayernwerk die Möglichkeit zu geben, zu reagieren", sagt IEP-Chef Mangold.

Die Gegenseite widerspricht: "Hätten wir eine einstweilige Verfügung angestrebt, wäre das de facto eine Klage gegen die Gemeinde Pullach gewesen", sagt Ursula Jekelius, Leiterin Kommunen und Kooperationen bei Bayernwerk. Da jedoch eine Zusammenarbeit auch auf Vertrauen basieren müsse, sei man zu diesem Schritt nicht bereit gewesen. "Ein Bayernwerk, das sich mit Kommunen vor Gericht trifft, war für uns lange undenkbar", so Jekelius. Auch Gerichtsurteile in vergleichbaren Streitfällen hätten die Bayernwerk-Führung darin bestärkt, dass eine schriftliche Beschwerde ausreichen würde, um einen Neustart des Verfahrens zu erwirken.

Im Streit um die Ablöse geht es um zwei Millionen Euro

Endgültig entschieden ist mit der Einlassung des Landgerichts jedoch noch gar nichts. So sind weiterhin die Ablösemodalitäten, die der Ausgangspunkt der Klage der kommunalen Energiegesellschaft gewesen sind, heftig umstritten. Dabei geht es einerseits um den Kaufpreis für die vorhandenen Anlagen: Die IEP bietet bislang 2,7 Millionen Euro, die Bayernwerk AG verlangt jedoch 4,7 Millionen. "Der Sachwert lässt sich objektiv festlegen", sagt Mangold.

Das Landgericht hat die Bayernwerk AG nun aufgefordert, bis 26. Februar ein neues Angebot vorzulegen. Sollten sich die Parteien nicht rasch einigen, wird ein unabhängiger Sachverständiger zu Rate gezogen, der einen Kaufpreis festlegt. IEP-Geschäftsführer Mangold spricht bereits von einer "Gutachterschlacht" und betont die "Präzedenz-Wirkung" des Falles auf weitere Konstellationen, in denen junge kommunale Unternehmen die Netze von alteingesessenen Konzernen ablösen wollen.

Ein Berufungsverfahren könnte alles noch einmal in Frage stellen

In der Tat könnte sich das Verfahren noch lange hinziehen: Sollte nämlich die Bayernwerk AG das Ergebnis des Gutachtens über einen adäquaten Kaufpreis nicht mittragen, bliebe in nächster Instanz der Schritt in die Berufung. Dabei würde man laut Ursula Jekelius möglicherweise auch das gesamte Konzessionsverfahren noch einmal angreifen. "Hier liegt keine Rekommunalisierung vor, weil das Netz nie in Besitz der Kommune war", sagt die Bayernwerk-Sachgebietsleiterin. "Es ist unser Netz, unser unternehmerisches Eigentum. Und deshalb versuchen wir, uns im Wettbewerb durchzusetzen."

Nicht nur der Kaufpreis bleibt umstritten, kompliziert ist auch der Streit zwischen Bayernwerk und IEP über die Erlösobergrenze. Laut Berechnungen des bisherigen Konzessionärs Bayernwerk dürfte die IEP nicht mehr als 350 000 Euro pro Jahr mit dem Netz in Pullach erwirtschaften. Für Mangold ein Unding: "Das sind keine betriebswirtschaftlich sinnvollen Konditionen. Mit einer solchen Maßgabe könnten wir unsere Kosten nicht einmal während der gesamten 20-jährigen Laufzeit der Konzession decken." Die IEP verlangt eine mehr als doppelt so hohe Erlösobergrenze. "Wenn Bayernwerk damit durchkommt, wird das politische Ziel, den Strommarkt zu liberalisieren, ad absurdum geführt", so Mangold.

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