Pullach:Hochkarätige Hommage

Nelle Polatschek

Erzählt von ihrer turbulenten Liebesbeziehung zu einer merkwürdigen Insel: Nele Pollatschek.

(Foto: Pollatschek)

Den "Tag der Bibliotheken" feiert die Bücherei Pullach mit Lesungen dreier namhafter Autoren

Ein Raum oder Saal mit vielen Büchern entfaltet oft einen ganz eigenen Zauber - wer hier zwischen den Regalen umherflaniert, geht wohl immer auch auf intellektuelle Entdeckungsreise, erahnt den Geist, der zwischen manch Buchdeckeln konzentriert ist, nimmt den Duft von Papier wahr, schätzt den haptischen Reiz beim Ergreifen schön gestalteter Werke. Bei allen digitalen Angeboten und Möglichkeiten ist es doch der reale Genius loci, der eine Bibliothek (oder auch eine Buchhandlung) so reizvoll macht.

Solche Orte ab und an zu feiern, ist keine schlechte Idee. Alljährlich am 24. Oktober macht der "Tag der Bibliotheken" mit einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm auf das vielseitige Angebot der rund 11 000 Bibliotheken in Deutschland aufmerksam - gleichsam "als für die Demokratie unverzichtbare Kultur- und Bildungseinrichtungen", wie es so schön heißt. Der "Tag der Bibliotheken" wurde 1995 unter der Schirmherrschaft Richard von Weizsäckers von der deutschen Literaturkonferenz ausgerufen. Er erinnert an die von Karl Benjamin Preusker am 24. Oktober 1828 in Großenhain, Sachsen, eingerichtete Schulbibliothek, die vier Jahre später nach Preuskers Plan zur ersten deutschen Bürgerbibliothek erweitert wurde und unentgeltlich von allen Interessierten benutzt werden konnte.

Auch im Isartal nutzt man nun die Gelegenheit zur Hommage an die Welt der Bücher. "Wir freuen uns sehr, den Pullacher Literaturfans an diesem besonderen Tag gleich drei besondere Gäste und ihre neuen Bücher vorstellen zu können", erklärt Eveline Petraschka, Leiterin der Charlotte-Dessecker-Bücherei in Pullach. In der Tat hat sie eine Veranstaltung mit hochkarätigen Gästen auf die Beine gestellt: Von 15.30 Uhr an wird Martin Schäuble, der für seine kritischen Jugendbücher bekannt ist, aus seinem Werk "Sein Reich" lesen.

Es geht darin um Juri, der die Sommerferien spontan bei seinem Vater verbringt, den er bisher kaum kennt. Der vertritt zwar einige sonderbare Verschwörungstheorien, aber er führt mit seinen Freunden auch ein faszinierendes Leben: Es wird gejagt, geangelt und sie haben ein geheimes Projekt im Wald. Und dann ist da noch Jule, die Juri eines Abends am See kennenlernt ... Aber sind sein Vater und dessen Kameraden wirklich nur harmlose Spinner? Als Juri sich endlich diese Frage stellt, ist es schon fast zu spät - ein Sommer unter Reichsbürgern.

Von 17.30 Uhr an liest Nele Pollatschek aus ihrem 2020 erschienenen, viel beachteten Buch "Dear Oxbridge" - ein Insiderbericht aus den Elite-Universitäten Cambridge und Oxford und ein ambivalenter Liebesbrief an ein eigensinniges Stück Europa. Die 1988 in Berlin geborenen Autorin beschreibt darin ihre Erlebnisse an den beiden Hochburgen des englischen Geistes und ihren exzentrischen Facetten und analysiert (auch im Lichte des Brexit) klug, komisch und wütend ihre turbulente Beziehung zu "einer verwirrenden Insel".

Um 19 Uhr beginnt anschließend die Lesung mit Michael Kumpfmüller, der seinen Roman "Ach Virginia" vorstellt. Darin beschreibt der 1961 in München geborene Autor die letzten zehn Tage der Schriftstellerin Virginia Woolf. Er zeichnet das Bild einer Persönlichkeit, die in Auflösung begriffen scheint und sich auf die Reise in den Innenraum macht, der eine Welt voller Schrecken und eben auch Wunder ist. Für die Nachmittagslesung ist der Eintritt für Jugendliche frei, für die Lesung von Pollatschek kosten Tickets sieben, für die Abendlesung acht Euro. Die Veranstalter weisen auf die beschränkte Platzanzahl wegen der Corona-Auflagen hin, daher ist eine Reservierung erforderlich unter 089/74 44 00-11 oder buecherei@pullach.de. Die Charlotte-Dessecker-Bücherei ist im Bürgerhaus, Heilmannstraße 2.

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