Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Grüner Wohlfühltermin

Die Fraktionschefs Ludwig Hartmann und Katharina Schulze besichtigen die Pullacher Geothermie-Anlage und richten Forderungen an die Staatsregierung.

Von Michael Morosow, Pullach

Es war ein Wohlfühltermin, der Ludwig Hartmann und Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, am Freitag nach Pullach zur Geothermieanlage der Gemeinde führte. An eine Stelle, von der aus grüne Energie ins Netz gespeist wird und bereits mehr als 50 Prozent des Wärmebedarfs der Kommune abdeckt; in einer Gemeinde, die von Susanna Tausendfreund, einer grünen Bürgermeisterin geführt wird. Der Erfolg der Gemeinde auf dem Gebiet der regenerativen Energie sollte Schule machen, sagt Schulze und adelt denn auch gleich Pullach als Vorreiter, was nicht ganz stimmt, weil Unterhaching schneller war. "Aber wir haben den Vorreiter Unterhaching überholt", sagt Tausendfreund.

"Wow, ist ja alles schon fast abgedeckt", entfährt es Schulze, als sie auf den in der Energiezentrale an der Wand hängenden Ortsplan schaut, auf dem Gelb und Grün dominieren, Farben, die bereits an das geothermische Wärmenetz angeschlossene Straßenzüge kennzeichnen. In der Produktionshalle ist es warm und laut, als Schulze und Hartmann im Schnelldurchlauf die Funktionsweise der Anlage erklärt bekommen. "Hier kommt das Thermalwasser rein und wird über die Wärmetrasseschiene mit der Pumpe ins Netz gespeist und kommt erkaltet wieder zurück", erklärt der Prokurist und Technische Leiter der Pullacher Geothermiegesellschaft IEP, Alexander Seitz-Gutmann, der seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine dreimal so viele Anfragen aus der Bevölkerung nach Anschlüssen ans Fernwärmenetz registriert hat.

Dass die IEP nun in Baierbrunn einen zweiten Claim erworben hat, darauf sechs weitere Bohrungen plant und auf längere Frist dafür bis zu 220 Millionen Euro investieren will, nötigt den beiden Landtagspolitikern Respekt ab, ebenso wie das Windkraftprojekt, das Pullach im Forstenrieder Park anstrebt. Die wohl meisten Gemeinden aber können sich solche Ausgaben nicht erlauben. Und daher forderten die Grünen laut Ludwig Hartmann von der Staatsregierung einen 100-Millionen-Fonds zur Absicherung des Bohrrisikos und wünscht sich Tausendfreund für ärmere Kommunen mehr Freiheiten beim Schuldenmachen, ohne dass ihnen von höherer Stelle der Haushalt nicht genehmigt wird. "Es kann nicht sein, dass eine Gemeinde auf warmem Wasser sitzt, aber aufgrund des finanziellen Risikos nicht fördern kann", sagt Hartmann. Und Katharina Schulze: "Wenn die Windräder ans Netz gehen, kommen wir wieder."

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