Pullach:Ein Haus wie ein Schiff

Pullach: Markant und etwas höher als die bestehende Bebauung soll das neue Wohnhaus an der Hans-Keis-Straße sein.

Markant und etwas höher als die bestehende Bebauung soll das neue Wohnhaus an der Hans-Keis-Straße sein.

(Foto: Simulation: Hans Hans Architekten)

Umlaufende Balkone sollen das Mehrfamilienhaus, das die Pullacher Wohnungsbaugesellschaft an der Hans-Keis-Straße errichtet, vor allem für ältere Mieter attraktiv machen

Von Konstantin Kaip, Pullach

Das neue Gebäude, das die Wohnungsbaugesellschaft Pullach an der Hans-Keis-Straße errichten wird, wird das Bild der Straße verändern. Nicht nur, weil sich das vierte Obergeschoss von den umliegenden dreistöckigen Mietshäusern abhebt. Sondern auch weil das Gebäude sich mit seinen abgerundeten Kanten und der geschwungenen Fassade an der südöstlichen Seite zum Bahnübergang stilistisch deutlich von den angrenzenden rechteckigen Funktionsbauten unterscheidet. Nun soll der geplante Neubau zudem umlaufende Balkone erhalten, die, in der Vertikalen von durchgehenden Stahlträgern gehalten, dem Baukörper ein bisschen die Gestalt eines Schiffes geben: an jedem Deck eine Reling, mit einem offenen "Oberdeck" - der Dachterrasse im obersten Staffelgeschoss.

Zu sehen ist das auf einer Computersimulation, die das Gebäude von der Hans-Keis-Straße aus zeigt. Der ausführende Architekt Germar Hansmair vom Büro Haas und Hansmair hat sie jetzt im Pullacher Gemeinderat präsentiert. Das Gremium hat bekanntlich den Bau des Gebäudes mit insgesamt zirka 1740 Quadratmetern Wohnfläche im Frühling mehrheitlich beschlossen. Im Zuge der fortschreitenden Planungen haben sich Änderungen ergeben, die der Gemeinderat nun absegnen musste. Dazu gehört im Wesentlichen der umlaufende Balkon. Dass dieser gewünscht sei, habe sich in Besprechungen mit dem Bauherrn bald herausgestellt, sagte Hansmair. Schließlich erlaube der offene Balkon den Bewohnern, die Freifläche zu nutzen auch ohne das Haus zu verlassen. Das sei vor allem für ältere Mieter attraktiv. "Es passt zum vorgesehenen Nutzerideal."

Die Änderung habe sich auch auf den Baukörper ausgewirkt, der nun um das Maß, in dem die Balkone erweitert wurden, zurückgewichen sei, erläuterte der Architekt. Das gebe dem Gebäude "mehr Luft", und die Bewohner gegenüber würden weniger gestört. Verstärkt werde dieser Effekt dadurch, dass sich der Baukörper parallel zur Straße etwas gedreht habe. Eine Optimierung der Ausrichtung, die nicht nur die Statik des Hauses verbessere, das so "wunderschön auf den Stützen steht", sondern auch der Tiefgarage zugute kommt, die unter dem Haus errichtet wird, wie Hansmair sagte.

Die muss laut Vorgabe 75 Stellplätze bieten, weil dort auch die Autos der Garagen untergebracht werden müssen, die für den Neubau des Hauses abgerissen werden. Die Garage bekomme nun eine größere Grundfläche, in die Einfahrt sollen Nebenräume, Fahrradstellplätze und Müllhäuschen integriert werden: die "ökonomischste Lösung", wie Hansmair versicherte. Die Modifikationen wirken sich auch leicht auf die Wandhöhe des Baukörpers aus, die um etwa fünf Zentimeter steigt.

Der Gemeinderat wünscht sich laut Beschluss vom Frühjahr, dass in dem Mehrfamilienhaus eine integrative Wohnform realisiert werden soll. Wie Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) und Architekt Hansmair darlegten, könnte das komplette Erdgeschoss mit Terrasse zu einer integrativen Wohngemeinschaft werden - für fünf behinderte und vier nicht behinderte Bewohner, in der Regel Studenten. Das angepeilte Konzept, das im Gemeinderat demnächst gesondert vorgestellt wird, sieht vor, dass rund um die Uhr mindestens einer der Mieter ohne Beeinträchtigung anwesend ist, um im Bedarfsfall zu helfen. Sollte die WG im Erdgeschoss realisiert werden, würde das die Gesamtzahl der Wohnungen in dem Gebäude von 26 auf 21 reduzieren. Die Entscheidung obliegt letztlich dem Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft.

Der Gemeinderat, der lediglich für den Bebauungsplan zuständig ist, hat darin die für die Modifikationen nötigen Änderungen schließlich mehrheitlich bewilligt. Die Fraktion der Gruppierung "Wir in Pullach" (WIP), die schon im März gegen die Variante votiert hatte, stimmte geschlossen gegen alle Punkte. "Die Ablehnung bezieht sich nicht auf die Schaffung von Wohnraum und integrierte Wohnmodelle", erklärte dazu die Zweite Bürgermeisterin Cornelia Zechmeister (WIP). Sondern auf die Bauhöhe, die Beschattung der Nachbarhäuser und die Lärmbelästigung durch die Tiefgaragen-Zufahrt. Zechmeister zeigte sich zudem besorgt über den Mietpreis. Der drohe zu steigen, weil vergrößerten Balkonflächen zu 50 Prozent als Wohnfläche angerechnet würden, befürchtete sie. "Es ist nicht angedacht, teuren Wohnraum zu schaffen", erklärte Tausendfreund. Schließlich sollten die Wohnungen vor allem für die Pullacher mit geringem Einkommen auf der Warteliste der Gemeinde entstehen. Zwar seien Neubauwohnungen geringfügig teurer als schon bestehende, die Preise sollen sich laut Tausendfreund jedoch "im Rahmen der Mieten der Wohnungsbaugesellschaft" halten.

Der Bebauungsplan für das Mehrfamilienhaus mit einer schalltechnischen Verträglichkeitsuntersuchung sowie den wesentlichen Stellungnahmen dazu liegt von 9. bis 24 November im Pullacher Rathaus zur öffentlichen Einsicht aus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: