Seit die Mitglieder des Pullacher Ferienausschusses am 29. August das bereits vom Gemeinderat erteilte Einverständnis für ein Bürgerbegehren der Gegner der Umbau- und Erweiterungspläne des Chemiewerks United Initiators wieder einkassiert haben, ist es gewiss, dass die Auseinandersetzung gerichtliche Runden drehen wird. Dementsprechend bringen sich gegenwärtig die Rechtsbeistände beider Seiten in Stellung. Der Anwalt der Bürgerinitiative, Maximilian Stanglmeier, hat nun in einer geharnischten Stellungnahme gegenüber der Gemeinde die Entscheidung des Ferienausschusses als blanken Unsinn und zudem nichtig bezeichnet. Nach seiner Auffassung ist es grundsätzlich nicht möglich, ein bereits zugelassenes Bürgerbegehren im Nachhinein doch noch abzuweisen. Aus dem Rathaus kommt Widerspruch, die Rechtsaufsicht des Landratsamtes München hält sich zurück, will möglichen gerichtlichen Entscheidungen nicht vorgreifen.
Pullach:Doch kein Bürgerentscheid im Oktober
Nachdem die Gegner der Chemiewerk-Erweiterung gerichtlich gegen das Ratsbegehren vorgehen, widerruft der Gemeinderat die trotz rechtlicher Bedenken erteilte Zulassung des Bürgerbegehrens. Wie es weitergeht, ist völlig offen.
In das Zentrum seiner Stellungnahme hat Stanglmeier den Beschluss des Ferienausschusses gestellt, das vom Gemeinderat trotz erheblicher juristischer Bedenken zugelassene Bürgerbegehren zu kippen, nachdem die Bürgerinitiative beim Bayerischen Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen das Ratsbegehren eingereicht und zudem eine Klage in der Hauptsache gegen das Ratsbegehren angekündigt hatte. "Es kann keinen wirksamen Gemeinderatsbeschluss auf Aufhebung der Zulassung des Bürgerbegehrens geben", heißt es in dem Schreiben Stanglmeiers. Seine Kanzlei sei aber gerne bereit, mit der Gemeinde Rechtsgeschichte zu schreiben und die Rechtslage gerichtlich bestätigen zu lassen, schreibt der Rechtsanwalt. Für eine Entscheidung maßgeblich ist nach seiner Überzeugung Artikel 18 Absatz 9 der Gemeindeordnung: "Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen (...) werden, (...)." Dieser Artikel sei maßgeblich und nicht Artikel 48 ff des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes, "wo man über die Aufhebung von Verwaltungsakten nachdenkt". Hier liege anscheinend ein tiefes juristisches Missverständnis vor.
Das sieht man im Rathaus anders. Selbstverständlich könne ein Verwaltungsakt zurückgenommen werden, wenn er sich als fehlerhaft herausstellt, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde. Die erklärte Absicht des Gemeinderatsbeschlusses zugunsten der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sei gewesen, dass Bürgerbegehren und Ratsbegehren gleichzeitig stattfinden. Aus der Motivation heraus, die Bürgerinnen und Bürger über das strittige Thema abstimmen zu lassen und dabei beide Fragestellungen und Begründungen - die der Bürgerinitiative und die des Gemeinderats - gegenüberzustellen, sei das Bürgerbegehren trotz erheblicher Mängel in der Begründung zugelassen worden. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht habe die Bürgerinitiative das Verfahren zum Ratsbegehren aber stoppen wollen. Gleichzeitig über beide Begehren abstimmen zu lassen, wäre damit nicht mehr möglich gewesen. Zudem habe die Bürgerinitiative auch im neuen Entwurf zur Darstellung ihrer Auffassung wieder mit falschen Aussagen argumentiert. Vor diesem Hintergrund habe die Mehrheit des Ferienausschusses seine anfängliche Kompromissbereitschaft zurückgezogen.
Eine abschließende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Schreiben Stanglmeiers stehe noch aus, teilt das Landratsamt mit. Sollte die Bürgerinitiative vor dem Verwaltungsgericht Klage erheben, würde die Rechtsaufsicht zunächst die gerichtliche Entscheidung abwarten.