Chemiewerk Pullach:Verlierer auf beiden Seiten

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Zu spät das Gespräch gesucht: Die Informationsveranstaltung im Pullacher Bürgerhaus zu den Plänen für eine Erweiterung des Chemiewerks von United Initiators hat nicht genügt, um die Gräben am Ort zu überwinden. (Foto: Claus Schunk)

Die Gemeinde steht nach dem Planungsstopp mit leeren Händen da, das Image von United Initiators ist beschädigt.

Kommentar von Michael Morosow, Pullach

Es ist ein fragwürdiges Schauspiel, das aktuell in Pullach aufgeführt wird. Drei Jahre lang hat die Gemeinde mit dem Chemieunternehmen United Initiators über dessen Umbau- und Erweiterungspläne verhandelt, jetzt muss sie wieder bei Null beginnen, nachdem das Unternehmen die Reißleine gezogen und sich von seinem Vorhaben verabschiedet hat. So gibt es nun zwei Verlierer: die Gemeinde, die mit großem Aufwand in Rathaus und Gemeinderat Vorarbeiten geleistet hat und jetzt mit leeren Händen dasteht; und das Unternehmen, dessen Lauterkeit von den Gegnern der Ausbaupläne von Anbeginn in Zweifel gezogen wurde. United Initiator hat einen Imageschaden erlitten, egal ob die Kritik an seinen Absichten durch Falschdarstellungen und Irreführungen seitens der Bürgerinitiative getrieben war, wie ihr Geschäftsführer Andreas Rutsch behauptet, oder durch eigenes Zutun.

Chemiewerk
:United Initiators zieht Erweiterungspläne zurück

Das Unternehmen reagiert auf den anhaltenden Streit über den Ausbau des Standorts in Pullach. Ob die Gemeinde trotzdem ihren Wertstoffhof auf dem Firmengelände verwirklichen kann, ist offen.

Von Michael Morosow

Ironie dieser ebenso traurigen wie verstörenden Geschichte: Der Antrag der FDP-Fraktion, einen Runden Tisch zu bilden, an dem Vertreter von Unternehmen, Rathaus, Gemeinderat, Agenda 21 und Bürgerinitiative in aller Offenheit ihre Standpunkte darstellen und versuchen, mögliche Missverständnisse auszuräumen und einen Kompromiss zu finden, wurde nur wenige Tage vor dem Beschluss des Unternehmens, seine Pläne ad acta zu legen, öffentlich. Mindestens ein Jahr zu spät. Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es vergebens, Zäune um diesen zu ziehen. Es wäre eine formidable Gelegenheit zur Konfliktlösung gewesen, aber inzwischen hat der Streit eine nicht mehr aufzuhaltende Eigendynamik entwickelt und sich zu einer Schlammschlacht ausgeweitet.

Ja, Vertreter der Bürgerinitiative haben sich oft eines verletzenden Tones befleißigt, haben Gemeinderäte als Spielfiguren des Chemiekonzerns und als Lügner bezeichnet. Diese persönlichen Beleidigungen sind zweifelsohne schlechter Stil. Mit ihrer Weigerung, sich mit an einen Runden Tisch zu setzen, haben sie sich außerdem einen Bärendienst erwiesen, was ihre eigene Glaubwürdigkeit angeht. Andererseits hat es die Gemeinde versäumt, frühzeitig das persönliche Gespräch mit der Bürgerinitiative zu suchen. So ist die Sache nach und nach eskaliert.

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