Pullach:Ein angenehmer Abend für Susanna Tausendfreund

Pullach: Auch bei der Bürgerversammlung Seite an Seite: Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund hier bei ihrem 60. Geburtstag vor kurzem mit Parteifreund und Landratsstellvertreter Christoph Nadler und dessen Frau.

Auch bei der Bürgerversammlung Seite an Seite: Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund hier bei ihrem 60. Geburtstag vor kurzem mit Parteifreund und Landratsstellvertreter Christoph Nadler und dessen Frau.

(Foto: Claus Schunk)

Von dem Streit um das Chemiewerk, das die politischen Debatten überlagert, ist auf der Bürgerversammlung nichts zu merken. So können Bürgermeisterin, Polizei und Landratsstellvertreter Pullach als "Vorzeigegemeinde" preisen.

Von Udo Watter, Pullach

Die Aufenthaltsqualität im Pullacher Bürgerhaus ist schwankend. Bei Konzerten, Kabarett, Buchpreisverleihungen fühlt sich das Publikum wohl und (meist) auf hohem Niveau unterhalten. Bei den Sitzungen des Gemeinderats, wo mäßig schöne Bürokratenbegriffe wie eben Aufenthaltsqualität Teil des Fachvokabulars sind, stellt sich das Fluidum im Saal des Hauses für die Anwesenden oft giftig dar. Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne), entsprechend debattengestählt, wirkte am Dienstagabend von Beginn an freilich ziemlich entspannt, und ihr Gefühl sollte sie nicht trügen: Die Bürgerversammlung entpuppte sich als weitgehend harmonische Veranstaltung.

Ihren tendenziell positiven Berichten folgte eine Eloge des stellvertretenden Landrats Christoph Nadler (ebenfalls Grüne), der Pullach als "Vorzeigegemeinde" in vielen Dingen rühmte - ob bei Geothermie, Wind- und Wirtschaftskraft oder der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen. Wenig überraschend fiel auch der Bericht von Polizeihauptkommissar Andreas Forster alles andere als beängstigend aus: Die Zahl der erfassten Straftaten in Pullach belief sich in 2022 auf 296 und reihte sich damit ein in das konstant geringe Niveau der vergangenen Jahre. Einzig die Zunahme etlicher schwerer Diebstähle, besonders teurer Fahrräder, im Bereich des S-Bahnhofs und des Gymnasiums stach negativ heraus.

Zum Dauerthema "Schockanrufe" verlor Forster einige warnende Worte. Zwar fielen prozentual nur wenige der Angerufenen im Landkreis München auf falsche Polizisten, falsche Enkelinnen et cetera herein; wenn aber gingen oft hohe Beträge verloren. Der Chef der Grünwalder Polizeiinspektion riet davon ab, mutmaßliche Telefonbetrüger selbst in eine Falle zu locken, wie es einem älteren Pullacher in jüngerer Zeit schon zweimal gelungen sei. Denn für solche Aktionen brauche man starke Nerven. Ansonsten gelte: "Wenn Ihnen was komisch vorkommt, einfach auflegen."

Dass die Atmosphäre der Bürgerversammlung bis zum Schluss frei von größeren Dissonanzen blieb, lag an den nur wenigen und maßvoll kritischen Fragen und Anträgen der Pullacher im zweiten Teil des Abends. Überraschend spielte die polarisierende Causa United Initiators kaum eine Rolle. Die Initiative "Schutz des Isartals" und die Agenda 21 wollen nach zwei gescheiterten Anläufen jetzt ein drittes Bürgerbegehren anstrengen, um die Umbaupläne für das Chemiewerk zu stoppen. Tausendfreund verlor in ihrem Bericht zwar ein paar Worte über den Stand der Dinge und die Chronologie der Misserfolge für die Bürgerinitiative, aber Fragen oder gar verbale Attacken aus dem Publikum dazu gab es nicht.

Bei anderen Themen, die angesprochen wurden, konnte die Rathauschefin mitunter nur mitteilen dass die Gemeinde lediglich bedingt Abhilfe schaffen könne, da sie nicht zuständig sei. Etwa was den Missstand anbelangt, dass es im Ortszentrum keine ebenerdige Arztpraxis gibt und Kassenpatienten in andere Orte ausweichen müssen. Oder auch hinsichtlich der Kritik an dem als schmutzig und unästhetisch empfundenen S-Bahnhof Höllriegelskreuth, für den primär die Deutsche Bahn verantwortlich ist.

Bis 2040 will man klimaneutral werden

Für Tausendfreund war es so ein angenehmer Abend. Zum Thema Geothermie verwies sie auf den "Schatz unter Pullach". Schon jetzt wird rund die Hälfte des Wärmebedarfs der Gemeinde durch die Geothermie abgedeckt, und das Fernwärmenetz wird noch weiter ausgebaut. "Der Vollausbau ist geplant. Wir wollen unabhängig und klimaneutral werden", versprach die Bürgermeisterin. Letzteres ist bis 2040 geplant. Die gemeindeeigene Geothermiegesellschaft IEP (Innovative Energie Pullach) hat sich inzwischen einen zweiten Claim ("Pullach Süd") gesichert, der bis zum Starnberger See reicht.

Was die Windkraft angeht, ist Tausendfreund zuversichtlich, dass man 2025 - in einer Arbeitsgemeinschaft mit Schäftlarn, Baierbrunn und Neuried - mit dem Bau von sechs Windrädern im Forstenrieder Park beginnen kann. "Klimaschutz betrifft alle Handlungsebenen und ist ganzheitlich", sagte Tausendfreund. Zu diesen gehört auch die Mobilität, und so gab es zum geplanten Bürgerbus am Dienstag einen Infostand im Foyer des Bürgerhauses.

Tausendfreund sprach noch etliche weitere Themen an: das geplante Familien- und Seniorenzentrum in Großhesselohe, den Ausbau und die Sanierung der Grundschule oder auch die hohe Wirtschaftskraft der Gemeinde ("Wir haben einen sehr guten Gewerbesteuermix"). Außerdem nicht ganz unwichtig: "Der neue Matschspielplatz wird sehr gut angenommen."

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