Abfallwirtschaft:Gebührenkalkulation für die Tonne

Abfallwirtschaft: Die Müllentsorgung wird auch in anderen Kommunen teurer werden. Doch in Pullach kommen noch ein Fehler und die Umstellung auf Elektrofahrzeuge hinzu.

Die Müllentsorgung wird auch in anderen Kommunen teurer werden. Doch in Pullach kommen noch ein Fehler und die Umstellung auf Elektrofahrzeuge hinzu.

(Foto: Marco Einfeldt/)

In Pullach steigen die Müllgebühren im Schnitt um 85 Prozent. Schuld ist unter anderem ein Rechenfehler.

Von Michael Morosow, Pullach

Angesichts der aktuellen Energiekrise werden sicher alle Kommunen in Deutschland ihre Abfallgebühren deutlich nach oben schrauben müssen. Derart explosionsartig wie in Pullach steigen die Kosten aber wohl nirgendwo. Rückwirkend zum 1. Januar müssen die Verbraucher in der Isartalgemeinde für die Entsorgung ihres Restmülls im Schnitt 85 Prozent mehr bezahlen. So erhöht sich zum Beispiel die Gebühr für eine 60-Liter-Tonne von 159 auf 289 Euro, für eine 240-Liter-Tonne von 474 auf 877 Euro. Entsprechend groß war die Aufregung jetzt im Gemeinderat, zumal als bekannt wurde, dass die exorbitante Gebührenerhöhung nicht ausschließlich der Energiekrise, sondern auch einem gravierenden Fehler bei der vorangegangenen Gebührenkalkulation geschuldet ist.

Kämmerer André Schneider erklärte dem Gremium die Hintergründe: Demnach hat ein Beratungsunternehmen die Gemeinde bei der Gebührenkalkulation für die Jahre 2020 bis 2022 unterstützt und dabei die kalkulatorischen Kosten wie Abschreibungen und Verzinsung von Anlagevermögen nicht berücksichtigt. In der Konsequenz seien die Abfallgebühren irrtümlich um bis zu 30 Prozent gesenkt worden, was zu einer Gebührenunterdeckung von jährlich circa 137 000 Euro geführt habe; diese sei nun gezwungenermaßen im neuen Preis enthalten.

Auch die Umrüstung auf Elektro-Fahrzeuge verteuert die Abfuhr

Den Fehler habe man erst bei der Gebührenkalkulation für die Jahre 2023 bis 2025 bemerkt. Aus dieser Fehlkalkulation resultieren etwa 16 Prozent der Gebührenerhöhung. Von dem Beratungsunternehmen habe sich die Gemeinde inzwischen getrennt und auch die Schlussrate nicht bezahlt. Das Unternehmen in Regress zu nehmen, sei aber sehr schwierig, sagte Schneider auf Anfrage.

Anlass für kritische Nachfragen gab aber auch ein weiterer Teuerungsfaktor: Der für 2024 geplante Umstieg von dieselbetriebenen Abfallfahrzeugen auf umweltfreundliche Elektrofahrzeuge mit der Folge, dass die Kosten für die Müllabfuhr von bisher jährlich 394 000 Euro auf circa 552 000 Euro steigen. Daraus ergibt sich eine Gebührenerhöhung von sogar 18 Prozent. Er habe vor einer Umstellung auf Elektro-Müllfahrzeuge gewarnt, sagte Reinhard Vennekold von der Fraktion der Wählergruppe "Wir in Pullach" (WIP), aber die Mehrheit des Gemeinderates habe dafür gestimmt. Jetzt müssten die Bürger nicht nur die Folgen der Fehlkalkulation ausbaden, sondern auch den Umstieg auf die Elektro-Müllfahrzeuge, den Vonnekold als Sieg der Ideologie über das Soziale bezeichnete.

Es gebe Leute, die durch die deutlich höheren Müllgebühren an ihre Grenzen kämen, sagte auch Michael Reich (FDP). Die Verwaltung sollte daher sorgfältig Möglichkeiten einer Unterstützung für entsprechende Haushalte prüfen. Ins gleiche Horn stieß Fabian Müller Klug (Grüne), der nach Möglichkeiten für einen Sozialpreis fragte. Eine Subvention durch die Gemeinde ist laut Kämmerer Schneider nicht zulässig, weil die Abfallpreise zwingend kostendeckend sein müssten.

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