Projekt zur Artenvielfalt:Es werde bunt

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Wildblumenwiesen ziehen Insekten aller Art an. Genau das ist das Ziel des Projekts, das der Landkreis verfolgt. (Foto: Imago)

Der Landkreis fördert mit dem Projekt "Naturvielfalt Leben im Landkreis München" die Biodiversität. Gesucht werden Landwirte, die Blühstreifen anlegen.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Ignaz Kiechle hieß 1992 der für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten verantwortliche Bundesminister. Ein Name, den heute kaum mehr jemand kennt.

Sein Kollege im Umweltministerium war der CDU-Minister Klaus Töpfer; nicht nur bekannt als Rheinschwimmer. Was Kiechle und Töpfer aus heutiger Sicht interessant macht? Beide wiesen 1992 bei einer vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen initiierten Konferenz zur Bedrohung der Biodiversität auch auf das Insektensterben hin - mehr noch: auf dieser Konferenz wurde die "Konvention für biologische Vielfalt verabschiedet".

Allein, 26 Jahre später hat das Thema des Insektensterbens nichts an Aktualität verloren. Mehr noch, es sind mittlerweile nicht mehr die großen Staaten, die Absichtserklärungen zu Papier bringen - auch im Kleinen werden Maßnahmen getroffen, um die Artenvielfalt zu bewahren. Der Ausschuss für Umwelt im Kreistag hat unlängst das Projekt "Naturvielfalt Leben im Landkreis München" ins Leben gerufen. Erstes Ziel ist es, ein Fachkonzept erarbeiten zu lassen, mit dem die biologische Vielfalt und die Sicherung der Lebensqualität genauer unter die Lupe genommen werden soll.

Parallel zu dieser theoretischen Auseinandersetzung mit dem Umweltschutz sollen bis Ende des Jahres erste praktische Maßnahmen umgesetzt werden. So sucht das Landratsamt aktive Mitstreiter - Landwirte etwa, die bereit sind, Blühflächen für heimische Insekten anzulegen. An die Freiwilligen gibt der Landkreis auch erstmals eine begrenzte Menge an Spezialsaatgut ab.

Bedroht im Speckgürtel

Dass ausgerechnet der Landkreis München das Projekt Naturvielfalt anschiebt, hat sehr konkrete Gründe: Der Speckgürtel um die Landeshauptstadt gehört zu den am schnellsten wachsenden Regionen der Republik und ist eine der am dichtesten besiedelten. Die Lebensgrundlage von Insekten ist hier ganz besonders bedroht. Seit Jahren ist von Unterschleißheim bis Grünwald ein merklicher Rückgang der Arten und ihrer Lebensräume festzustellen. Daher hat der Kreistag bereits im vergangenen Jahr die Aktion "Blühende Äcker und Feldraine" ins Leben gerufen, die jetzt so schnell wie möglich mit selbigem gefüllt werden soll.

Insekten sind noch die artenreichste Gruppe aller Organismen in Deutschland. In Zahlen ausgedrückt: Etwa 70 Prozent aller Tiere sind Insekten. Etwa 80 Prozent aller heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Diese Vielfalt wird freilich dadurch gesteigert, dass viele Insektenarten nur in bestimmten, auf sie zugeschnittenen Ökosystemen vorkommen und dort auch überleben können. Veränderungen und Rückgänge bei Nahrungspflanzen haben also gravierende Folgen - nicht nur für die Vielfalt, die Bestäubung, die Schädlingsbekämpfung. Vielmehr, so haben es die Kreispolitiker formuliert, droht das "gesamte Ökosystem zu zerreißen".

Mit der Aussaat artenreicher Blühmischungen aus alteingesessenen Pflanzenarten - den sogenannten Autochthonen - kann ein Beitrag zur Bewahrung der Artenvielfalt geleistet werden. Auf stillgelegten Äckern, an den Rändern von Feldern und Feldrainen sollen vor allem Wildbienen gezielt gefördert werden.

Landwirte, die Interesse an der Förderung der heimischen Insektenwelt haben und auch am Saatgut interessiert sind, können sich bis Freitag, 13. April, mit Frau May (Telefon: 089/62 21 17 19) und Herrn Wagner (Telefon: 089/62 21 23 67) in Verbindung setzen, um die richtige Mischung zusammenzustellen - und 26 Jahre nach der Konvention von Rio de Janeiro einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität im Landkreis München zu leisten.

© SZ vom 05.04.2018 / müh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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