Proberäume in München:Band in a Box

15 Quadratmeter für 180 Euro: Proberäume in München sind Mangelware. Nur mit genügend Kleingeld finden Nachwuchsbands eine Bleibe.

Petra Markovic

Die Sonne scheint, Elvira macht sich auf in den Park - und legt auf einer Wiese los. Doch plötzlich stehen zwei Polizeibeamten vor ihr und fragen, ob sie die "Trompeterin" sei, die hier täglich übe. Die Anwohner des nahe gelegenen Altenheimes hatten sich beschwert.

Proberaum Scurious München Allach Kulturprojekt

Der größte Anbieter für Proberäume ist das Kulturprojekt in Allach. In der Containerstadt stört man niemanden - auch in der Nacht.

(Foto: Petra Markovic)

Trompeterin ist Elvira zwar nicht, aber Saxophonistin. Regelmäßig suchte sie im vergangenen Sommer den Luitpoldpark in Schwabing auf, um zu üben. An diesem Nachmittag endeten die kostenlosen Übungsstunden.

Auch Norbert spielt im Freien. Er geht abends in Gegenden, in denen ausschließlich Bürogebäude stehen. Gehen die Angestellten nach Hause, packt er seine Trompete aus und spielt. Dort, wo ihn niemand hört.

Zwei Beispiele der verzweifelten Suche nach einem ruhigen Plätzchen, sich seinem Hobby zu widmen. Wer es sich leisten kann, findet in München schnell einen eigenen Proberaum. Einen akuten Mangel, wie zum Beispiel in Hamburg gibt es in der Bayerischen Landeshauptstadt nicht. Allerdings herrscht ein Mangel an bezahlbaren schalldichten Kämmerchen.

Die Durchschnittsmiete von Probefläche entspricht in etwa der von Wohnfläche, und die ist bekanntlich nicht billig: Etwa zwölf Euro pro Quadratmeter sind für einen kleinen Raum fällig. Nur, dass es in Bandräumen für diesen Preis in der Regel weder eine anständige Klimaanlage, noch fließend Wasser gibt.

Der größte Anbieter für Proberäume in München ist das Kulturprojekt in Allach. Das ist eine Containerstadt, in der über hundert Bands ein musikalisches Zuhause gefunden haben. In drei Etagen wird hier Musik gemacht. Der kleinste Container hat 15 Quadratmeter und kostet 180 Euro im Monat. In den Sommermonaten ist es hier unerträglich heiß. Der Ventilator läuft auf höchster Stufe und schafft es doch nicht, auch im hinteren Bereich des Containers die Luft aufzuwirbeln.

Ideal sind die Verhältnisse nicht: Die Container sind nicht schalldicht; das heißt, wenn die Heavy-Metal-Band über einem probt, sind Aufnahmen für das nächste Studioalbum nicht möglich. Die extremen Temperaturen machen den empfindlichen Instrumenten zu schaffen. Die Lage ist alles andere als zentral.

Und trotzdem gibt es eine Warteliste, denn hier besteht die Möglichkeit sich zu jeder Tages- und Nachtzeit an sein Schlagzeug setzen - ohne seine Nachbarn zu quälen.

Allerdings kann sich nicht jeder Hobbymusiker diese Extraausgaben leisten. Den Proberaum zu teilen oder unterzuvermieten kommt für die meisten Bands jedoch nicht in Frage, schließlich steht schnell mal Equipment von mehreren tausend Euro in der Ecke. Da muss man schon großes Vertrauen in seine Untermieter haben.

Eine mögliche Lösung ist, sich in gewerbliche Flächen einzumieten. Davon gibt es in München genug. Derzeit stehen über eineinhalb Millionen Quadratmeter Büroflächen leer. Doch der Mieterschutzbund rät beim Anmieten zur Vorsicht: In solchen Fällen gilt nicht das private, sondern das gewerbliche Mietrecht und da gibt es viele Stolperfallen.

Der Klarinettist Wolfram geht dem Proberaumproblem auf eigene Weise aus dem Weg. Früher hatte er etwa 80 Euro im Monat an Miete für sein Hobby gezahlt. Die Unterrichtsstunden, Instrumente und das teure Equipment waren da noch gar nicht mit einberechnet. Den Raum hat er bei einem Schwabinger Anbieter stundenweise gemietet.

Doch irgendwann wurde ihm das zu viel und er hat sich eine Probekabine in die Wohnung einbauen lassen. Die 2,6 Quadratmeter große, schalldichte Box kostet etwa 6000 Euro, je nachdem, ob und wie viele Fenster man einbauen möchte. "Es ist bequemer für mich", sagt er. "Das lästige Ein- und Auspacken fällt weg und die Fahrerei sowieso. Mit der Zeit rentiert es sich auch finanziell".

Doch Nachwuchsbands haben meist nicht so viel Geld zu Verfügung. Oft ist jeder Auftritt - wie zum Beispiel die zehn Bands am Wochenende beim Heavy Summerbreak Festival im Feierwerk - die Möglichkeit, eine Stunde kostenlos zu üben.

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