"Präventionsautomat" am Goetheplatz:Fixerbesteck für 50 Cent

Am Goetheplatz können Drogenabhängige nun ein sauberes Fixerbesteck aus dem Automaten ziehen. Neben sterilen Nadeln sind auch Kondome im Angebot.

Stephan Handel

Eine rote Aids-Schleife und ein paar wenige Worte auf blauem Grund - das ist er, der "Präventionsautomat", der seit kurzem am Goetheplatz hängt. Für wenig Geld können Drogensüchtige hier zu jeder Tages- und Nachtzeit sterile Spritzen und anderes Besteck erhalten. Zudem sind auch Kondome hier erhältlich - zwei Maßnahmen, die mithelfen sollen, die Ausbreitung von Aids einzudämmen.

München, Goetheplatz, Spritzenautomat

Präventionsautomat am Goetheplatz: Für 50 Cent gibt es hier Spritzbesteck und Kondome - ein Angebot, das Leben retten kann.

(Foto: Angelika Bardehle)

Als 1998 der erste "Spritzenautomat" in München installiert wurde - am Gesundheitsamt an der Dachauer Straße - gab es große Aufregung und zahlreiche Bürgerproteste: Die Junkies würden angelockt werden, weggeworfene gebrauchte Spritzen stellten eine Gefahr dar für Kinder und andere Passanten.

Zwölf Jahre später ging alles ruhig über die Bühne: Die Münchner Aidshilfe an der Lindwurmstraße informiert ihre Klientel über die neue Gelegenheit, steriles Material zu bekommen, über größere Proteste von Anwohnern ist nichts bekannt. Die Aidshilfe kontrolliert und bestückt den Automaten auch - und wird nach einer sechsmonatigen Probephase berichten, wie er denn angenommen wird. "Bislang gut", sagt Thomas Niederbühl, Aidshilfe-Geschäftsführer.

Eine Spritze, eine Kanüle, Ascorbinsäure, einen Filter, ein Alkoholtüchlein zum Desinfizieren der Haut und einen sterilen Löffel, außerdem ein Informationsblatt enthält das Set, das für 50 Cent gezogen werden - und Leben retten kann. Denn gerade in der Nacht ist laut Thomas Niederbühl bei Süchtigen der Druck oft groß, da werde ohne großes Nachdenken auch ein bereits benutztes und damit vielleicht kontaminiertes Besteck verwendet.

Zwei Kondome für 50 Cent

Ohne Zahlen nennen zu können, sagt Niederbühl, die kostengünstige Bereitstellung sterilen Bestecks habe Ansteckungen signifikant verringert.

Allerdings macht dem Geschäftsführer ein anderes Problem Sorgen: "Früher waren die Junkies eine einigermaßen homogene Gruppe. Durch die repressive Linie der Polizei wandert die Szene jedoch immer mehr ins Private ab. Aufklären und präventiv wirken können wir jedoch nur, wenn wir die entsprechenden Leute auch erreichen." Durch den Spritzenautomaten sollen jedoch auch jene Süchtigen bedient werden, die keine Beratungen oder andere Hilfen in Anspruch nehmen.

Dass München nun ausreichend versorgt wäre mit Spritzenautomaten, davon kann jedoch laut Niederbühl noch lange keine Rede sein: Die Deutsche Aidshilfe geht von einem Bedarf von einem Automaten pro 250.000 Einwohner aus. Danach würde die Stadt bei gut 1,3 Millionen Einwohnern noch drei bis vier weitere Anlaufstellen brauchen.

Der Automat heißt "Präventions-" und nicht "Spritzenautomat" - nicht nur aus wortklauberischen Gründen: Neben dem Junkie-Set können dort auch Kondome gezogen werden, zwei Stück plus Gleitcreme plus Informationsblatt für ebenfalls 50 Cent. Das ist deutlich billiger als an den kommerziellen Kondom-Automaten in Gaststätten. Der Weg zum Goetheplatz muss allerdings noch dazugerechnet werden.

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