Präsidentenwahl an der LMU:Highnoon an der Hochschule

Bernd Huber oder Julian Nida-Rümelin: In knapp zwei Wochen entscheidet der Hochschulrat, wer die LMU in den nächsten sechs Jahren führen wird. Die Dekane sind auf Hubers Seite.

Martin Thurau

"Nida-Rümelin for President?" Diese Frage soll durchaus leicht überzogene Assoziationen wecken. Und wenn sie sogar schon kostenlose Anzeigenblättchen stellen, die Woche für Woche stapelweise in allen Hauseingängen liegen - spätestens dann ist diese Personalfrage an der Universität München (LMU) weit draußen in der Öffentlichkeit angekommen.

LMU München

2006 hat die LMU den Elite-Uni-Status und Dutzende Millionen Euro für große Forschungsverbünde bekommen. Nun muss der Hochschulrat entscheiden, wer die LMU in den kommenden sechs Jahren führen soll.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

In knapp zwei Wochen muss der Hochschulrat entscheiden, wer die LMU in den kommenden sechs Jahren führen soll. Bleibt der Finanzwissenschaftler Bernd Huber auch nach zwei Amtszeiten weiter an der Spitze der Universität? Oder zieht der Philosophie-Professor Julian Nida-Rümelin in die Führungsetage im schmucklosen Verwaltungsbau an der Leopoldstraße 3 ein?

Es läuft also unweigerlich auf ein spannendes Duell zu, denn schließlich geht es nicht nur um die Top-Personalie an Deutschlands mindestens zweitgrößter Hochschule, einer der wenigen Exzellenz-Unis obendrein. Es treten auch zwei recht unterschiedliche Kandidaten gegeneinander an: Huber, Jahrgang 1960, gilt vielen als durchaus erfolgreicher, aber in der Öffentlichkeit nicht unbedingt dauerpräsenter Hochschulmanager.

Nida-Rümelin, 55, hat neben seiner akademischen auch eine politische Karriere verfolgt. Immer wieder wird ihm nachgesagt, er wolle Christian Ude als Münchner Oberbürgermeister beerben, was er freilich stets dementiert. Der SPD-Stratege leitet heute die Grundwertekommission seiner Partei, er war Kulturreferent in München und Kulturstaatsminister im Kabinett Schröder. Und ganz offensichtlich genießt er auch Jahre nach seiner kurzen Zeit in Berlin noch eine Art Promimentenstatus - weit über die Hochschulszene hinaus.

Doch wie in früheren Zeiten die Ehrenhändel soll das LMU-Duell gleichsam im Schutz der Morgendämmerung stattfinden. Selten ist eine wichtige Entscheidung an der Hochschule mit so viel öffentlicher Zurückhaltung behandelt und selten ist dabei so sehr die notwendige Geschlossenheit der Universität beschworen worden.

Für Bernd Huber ist die Wahl eine "universitätsinterne Angelegenheit". Er sieht "bei vielen an der Hochschule den Wunsch, darüber keine öffentliche Debatte zu führen". Das ist so ziemlich das Einzige, was Huber zur Wahl und zu seiner Kandidatur sagt, seit Monaten. Sicher, den Kandidaten erscheint es opportun, sich zurückzuhalten. Auch Nida-Rümelin will "bis zum 1. Juni" in dieser Frage "öffentlich nicht mehr in Erscheinung treten".

"Kein Kommentar" heißt auch beim Hochschulrat. Vor eineinhalb Wochen haben beide Kandidaten den drei Damen und 13 Herren zu ihren Konzepten ausführlich Rede und Antwort stehen müssen. Nun zieht es sich mit der Entscheidung noch bis zum 1. Juni, da wäre es unklug, vorab gar Präferenzen erkennen zu lassen. Er sehe sich "zu strikter Neutralität verpflichtet", sagt Martin Hose, Professor für Griechische Philologie und stellvertretender Vorsitzender des Rates.

Neben Hose, einer Handvoll weiterer Professoren und Hochschulangehöriger hat der Rat auch externe Mitglieder, darunter der Vorstandschef der Münchener Rück, Nikolaus von Bomhard, Unternehmensberater Roland Berger und Dieter Lenzen, früher Hochschulmacher an der FU Berlin, neuerdings in Hamburg.

Dass solch ein Gremium den Präsidenten bestimmt, ist an der LMU ein Novum - und ein sichtbares Zeichen dafür, dass nach dem jetzt geltenden Hochschulgesetz die Macht an den Universitäten neu verteilt ist. Die alten Gremien wie der Senat sind formal in Teilen entmachtet, den Präsidenten, der damals Rektor hieß, durften früher der Senat und die Dekane, die Sprecher der Fakultäten, bestimmen.

"Die Pferde besser nicht wechseln"

Dass es jetzt anders ist, sehen manche schon als eine "gewöhnungsbedürftige Umstellung", sagt einer, der tief in der Gremienarbeit steckt. Der Einzug der Externen bringt aber auch eine eigenwillige Konstruktion mit sich: Die Hochschulspitze schlägt zusammen mit dem Ministerium die externen Mitglieder des Hochschulrats vor, der wiederum den Präsidenten wählt. Und womöglich lässt die Bürde dieser Struktur, die intern schon als "Uganda-Prinzip" verwitzelt wird, den Rat noch bedachter agieren.

Partei ergriffen haben jedenfalls andere. Schon früh haben sich die Dekane für Bernd Huber stark gemacht. Er habe bereits gezeigt, sagt beispielsweise der Physiker Axel Schenzle, dass er "die Hochschule in schwierigen Zeiten führen kann". Das sei ein unbestreitbarer Vorzug, schließlich könnten die Zeiten noch deutlich ungemütlicher werden: Neue Spardiktate drohten und gleichzeitig stiegen die Studentenzahlen weiter an.

Außerdem habe Huber maßgeblichen Anteil an den Erfolgen in der Exzellenzinitiative 2006, argumentieren die Dekane. Damals hatte die LMU den Elite-Uni-Status und Dutzende Millionen Euro für große Forschungsverbünde bekommen. Nun laufen die Vorbereitungen für eine zweite Exzellenzrunde auf vollen Touren, bis zum Herbst müssen die Hochschulen Antragsskizzen einreichen.

Die LMU müsse also wichtige Weichenstellungen vornehmen, bevor der neue Präsident sein Amt antritt. Deshalb sei es kontraproduktiv, die LMU-Leitung auszutauschen, schließlich müsse die Hochschule ihre Spitzenstellung behaupten. Auch Kunsthistoriker Hubertus Kohle nimmt die Stimmung an der LMU so wahr: "In einem derartig brutalen Wettbewerb sollte man die Pferde besser nicht wechseln", das dächten viele.

Und dass für viele Hochschullehrer die Exzellenzinitiative im Fokus steht, daran lässt Kohle keinen Zweifel: "Die Vorbereitung darauf absorbiert derzeit alles." Schon im Juni trifft die Hochschule die Vorauswahl, welche Projekte sie mit Hochdruck weiterverfolgen will.

Bei den Studenten hat Nida-Rümelin "schon größere Sympathiewerte", die Wahl interessiere sie, "bestimmt aber sicher nicht die Abendunterhaltung", sagt Malte Pennekamp, als Chef der Landes-Astenkonferenz so etwas wie Bayerns oberster Studentenvertreter. Die Aktivisten indes verbinden damit politische Hoffnungen, sie haben sich eindeutig auf Nida-Rümelin festgelegt. Mit großer Mehrheit hat sich der Konvent der Fachschaften, sozusagen das Parlament der Studenten, für den Philosophie-Professor ausgesprochen.

"Er ist der bessere Kandidat", erklärt Sebastian Urchs, Geschäftsführer der Studierendenvertretung. Er habe schon auf die Fehler der Bologna-Reform hingewiesen, lange bevor die Kritik auch bei Politik und Hochschulen "in Mode gekommen" sei. Die jetzige LMU-Spitze habe die Reform "verschwitzt" und versuche nun, überstürzt Korrekturen anzubringen. Nida-Rümelin habe als Dekan der Philosophischen Fakultät bereits gezeigt, meint Urchs, "dass er sich für studentische Belange einsetzt".

Außerdem werde er nicht zuletzt mit seiner politischen Erfahrung die LMU prominent nach außen vertreten können, begründen Urchs die Parteinahme der Studenten. Und dass sich Huber in Medien nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen gegen die Abschaffung der Studiengebühren ausgesprochen hat, dürfte ihm unter Studenten kaum neue Freunde beschert haben. Denn die hoffen nach dem Ende von Schwarz-Gelb auf ein Aus für die Studienbeiträge an Rhein und Ruhr - und auf neuen Druck auf den hiesigen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) und seinen strammen Gebührenkurs.

Doch wie denken die, die den Präsidenten tatsächlich wählen? Das ist auch für die Insider im LMU-Kosmos nicht sicher abzusehen. Wenn man allerdings die Einschätzungen aus vielen Gesprächen zusammenträgt, verdichtet sich das Bild, dass der bisherige Amtsinhaber am 1. Juni die Nase vorne haben könnte. Das amerikanische Wortspiel zur Präsidentschaft müsste dann mit dem Namen Huber beginnen.

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