Präsentation:Mittelschüler ernten Spott

Mit ihren Wünschen finden die Jugendlichen nicht bei allen Taufkirchner Gemeinderäten Zuspruch

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Präsentation: Stockschießen sei doch "so etwas Ähnliches wie Bowling": So reagieren Taufkirchens Kommunalpolitiker auf die Anliegen der Jugendlichen.

Stockschießen sei doch "so etwas Ähnliches wie Bowling": So reagieren Taufkirchens Kommunalpolitiker auf die Anliegen der Jugendlichen.

(Foto: Christian Endt)

Alle Stühle sind belegt, gut ein Dutzend Besucher sitzt auf dem Boden, ganz hinten stehen sogar einige. Einen so großen Andrang gibt es nicht oft bei Gemeinderatssitzungen. Dieses Mal sind in Taufkirchen nicht nur Vertreter der örtlichen Fußballvereine erschienen, weil sie wissen wollen, wie es mit dem erhofften Kunstrasenplatz weitergeht, sondern auch rund 40 Schüler und Lehrer der Mittelschule sind im Saal. Der Grund: Die Jugendlichen präsentieren dem Gemeinderat an diesem Abend, wo es aus ihrer Sicht in Taufkirchen hakt und woran es der Gemeinde mangelt.

Es geht um die Modernisierung der Schule, Sicherheit am Ort, Nahverkehr und Freizeitmöglichkeiten. Die Ergebnisse gehen auf eine Jungbürgerversammlung im Januar zurück. Die Präsentationen der Mittelschüler sind knapp, präzise und verständlich. Von mehreren Räten erhalten die Jugendlichen Lob für ihre Vorträge und ihr Engagement; zugleich ernten sie aber auch Kommentare, die man wahlweise lustig oder spöttisch nennen kann.

Etwa beim Thema Nahverkehr. Da regen die Mittelschüler an, die Abfahrtszeiten der Busse besser auf die Unterrichtszeiten abzustimmen. "Die meisten Schüler haben um 13.05 oder 16.05 Uhr aus, aber der Bus fährt um sechs Minuten nach", sagt eine Schülerin. "Da ist es unmöglich, den Bus zu erwischen." Darauf entgegnet Herbert Heigl (CSU), es wäre wohl leichter, die Schulzeiten auf die Zeiten der Busse abzustimmen - was die anwesende Schulleiterin Nikola Kurpas zurückweist. Und als die Jugendlichen klagen, dass es an der Bushaltestelle in der Kirschenstraße weder Sitzmöglichkeiten noch ein Dach gebe, sagt Christoph Götz (CSU): "Ich spendier' euch gerne ein paar Schirme."

Die Jugendlichen sprechen weiter über Betrunkene am S-Bahnhof, die "uns Mädchen anpöbeln", wie eine Schülerin sagt, und über ein "ungutes Gefühl" nachts an einigen Ecken im Ort, etwa auf dem Weg entlang der S-Bahn, weil die Straßenbeleuchtung nicht ausreichend sei. Dazu erklärt Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei): Von der Polizei sei es durchaus gewollt, dass dieses Klientel sich am Bahnhof aufhalte. "Sie hat die Leute lieber dort, wo sie im Blick sind, als wenn sie sich in einer Ecke verkriechen, wo's dunkel ist."

Fußballer erhalten Kunstrasenplatz

Die Gemeinde Taufkirchen wird sich nun doch um einen Zuschuss für den Bau eines Kunstrasenplatzes am Postweg bemühen. Nachdem sich der Gemeinderat vor einem halben Jahr noch gegen die Beantragung von Fördermitteln ausgesprochen hatte, votierte das Gremium nun dafür, eine Unterstützung aus dem Programm "Investitionspakt Soziale Integration im Quartier" anzustreben. Allerdings wurde in dem Beschluss offen gelassen, wie ein neuer Fußballplatz im Detail aussehen könnte; dies wird der Gemeinderat noch zu entscheiden haben.

Kein Geheimnis ist, dass sich die drei Fußballvereine im Ort - der SV/DJK, der SV Inter und der EHC - ein Kunstrasenfeld wünschen, da man auf diesem auch bei schlechter Witterung spielen kann. Aus Sicht der Klubs wäre ein solcher Platz die beste Lösung, um dem derzeitigen Mangel an Spielstätten entgegenzuwirken, der sich infolge des Wegfalls des Fußballfeldes an der Pappelstraße für den Grundschul-Neubau verschärft hat. Die etwa zehn anwesenden Vertreter der Vereine nahmen den Beschluss des Gemeinderats jedenfalls zufrieden zur Kenntnis.

Sie hatten zuvor mehr als vier Stunden im Sitzungssaal ausgeharrt, ehe ihr Tagesordnungspunkt an die Reihe kam. Um ein Haar wäre all das Warten umsonst gewesen, da Gabi Zaglauer-Swoboda (Grüne) kurz vor der Debatte den Abbruch der Sitzung beantragte. Eine knappe 13:11-Mehrheit beschloss jedoch, die Sitzung fortzuführen.

In der Folge wies Renate Meule von der Initiative Lebenswertes Taufkirchen (ILT) auf die Gefahren von Kunstrasenplätzen für Umwelt und Gesundheit hin. Diese Sorgen hätten auch die Grünen, die jedoch einen Kunstrasenplatz mit Kork- statt Gummigranulat als "guten Kompromiss" erachten, sagte Fraktionschef David Grothe. Derweil brachte Herbert Heigl (CSU) als Alternative einen Hybridrasen ins Spiel, also einen durch Plastikfasern verstärkten Naturrasen. Zugleich plädierte er dafür, sich im Antrag noch nicht auf eine Technologie festzulegen - eine Lösung, die letztlich einstimmig angenommen wurde. stä

Ein großes Manko in Taufkirchen ist nach den Schilderungen der Mittelschüler das spärliche Freizeitangebot. "Jugendliche und Familien haben kaum Orte, wo sie Zeit verbringen können", klagt ein Schüler. Er und seine Mitschüler regen einen öffentlichen Grillplatz und ein Jugendcafé an sowie, das Jugendkulturzentrum auch am Wochenende zu öffnen und den Sportplatz zu beleuchten. Zumindest bei Michael Lilienthal von den Freien Wählern (FW) stoßen sie auf offene Ohren: "Das ist ja richtig irrsinnig, dass es bisher am Wochenende geschlossen ist. Da braucht man es doch mehr als an einem Montagabend", sagt er.

Während für ein Jugendcafé verschiedene Optionen - von Containern nahe dem Jugendkulturzentrum über den Bürgertreff bis hin zur Nutzung des Köglwirts - geprüft werden sollen, erfahren die Jugendlichen mit ihren Wünschen nach einem Kino, einem Bad oder eine Bowling-Anlage Widerspruch. Anton Almer (FW) verweist auf den Kinosaal im Ritter-Hilprand-Hof und die Kegelbahnen der Kirchen. Eine andere Idee hat sein Fraktionskollege Eckhard Kalinowski. Er legt den Schülern den Stockschützenverein nahe, der aktuell auf der Suche nach Nachwuchs sei. "Das ist doch so etwas Ähnliches wie Bowling", so Kalinowski.

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