Postfiliale in Unterföhring:Platz da!

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Weil immer mehr Pakete verschickt werden, würde sich Ali Çakil gerne vergrößern. Doch noch ist ungeklärt, ob er das Nachbargeschäft mit integrieren kann. (Foto: Catherina Hess)

Ali Çakil benötigt mehr Raum für seine Postfiliale. Der würde jetzt zur Verfügung stehen, aber das Ladengeschäft am Bahnhof muss ausgeschrieben werden. Die Tür für den Betreiber soll weiter offenstehen.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Mehr als drei Jahre. So lang dauert die Hängepartie für Ali Çakil bereits - und ein schnelles Ende ist womöglich nicht in Sicht. Çakil führt seit 2009 die Postfiliale am Unterföhringer Bahnhof in einem kleinen Café. Dort gibt es Brot und Semmeln und zahlreiche Mitarbeiter aus dem Gewerbegebiet decken sich bei ihm mit Sandwiches und Kaffee ein. Auf dem zur Straße hin gelegenen gelben Schalter nehmen er und seine Mitarbeiter Briefe und Pakete entgegen, helfen bei Bankgeschäften und verkaufen Marken; am Tresen daneben werden Bestellungen für Speisen und Getränke erledigt.

Seit Ende 2016 setzt sich der umtriebige Çakil für eine Erweiterung der Poststelle ein. Vor allem die Vielzahl an Päckchen und Paketen macht das Arbeiten beschwerlich. Und auch für die Kunden ist es wenig angenehm, zwischen den Stapeln aus Kartons durchzulaufen. Ganz zu schweigen vom Datenschutz: Wer hat es schon gern, dass die in der Warteschlange Stehenden lesen können, welcher ihrer Nachbarn wo Hundefutter oder Kleidung bestellt haben? Çakil und seine Pakete brauchen mehr Platz.

Das Thema beschäftigt die Unterföhringer Kommunalpolitiker seit 2017. Im September vor drei Jahren hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, der Raumnot Abhilfe zu schaffen. Der Betreiber der Postagentur sollte eine neue Ladeneinheit mit einer Größe zwischen 80 und 100 Quadratmeter im Gebäude erhalten, damit sich vor allem in der Weihnachtszeit, wenn viele die Geschenke bei Online-Händlern bestellen, die Päckchen nicht mehr im Café türmen müssen. Doch daraus wurde nichts: Die Errichtung des neuen Ladenlokals hätte Kosten zwischen 600 000 und 800 000 Euro verursacht.

Nun aber bietet sich eine neue Chance: Weil die direkt neben dem Postcafé liegenden Räume nach dem Auszug der Feringa-Bäckerei seit Jahresbeginn leer stehen, könnte Çakil dorthin erweitern. Schon im Oktober 2019 sei die Gemeinde auf ihn zugekommen, um abzuklopfen, ob er Interesse an dem Ladenlokal hätte, berichtet Çakil. Und er habe nicht lange überlegen müssen angesichts der Aussicht, endlich mehr Platz für Post und Café zu bekommen. Schnell habe er ein Konzept vorgelegt, es folgte der Entwurf eines Mietvertrages - und dann kam Corona. Für ihn sei das wie für alle Gastronomen eine sehr schwierige Zeit gewesen. Da Bäckerei und Café gerade so über die Runden gekommen seien, weil viele seiner Stammkunden aus dem Gewerbegebiet im Home-Office arbeiteten und sich ihre Brote daheim schmierten, habe er überlegt, den Laden zu schließen, sagt Çakil.

Çakil habe den Gemeinderat nicht überzeugen können

Aber das Postgeschäft boomte, der Internethandel bescherte ihm enorm viel Arbeit. Und: "Wir wollten für die Unterföhringer da sein", sagt der Betreiber der Poststelle, der sich in der Kommune nach eigenen Angaben sehr wohl fühlt - und all seine Hoffnung auf die Übernahme des zweiten Ladenlokals richtete. Doch nun ist Çakil sehr enttäuscht. Während es Anfang Januar noch geheißen habe, es müssten nur noch "ein paar Details geklärt werden", ist seit Juni die Rede davon, dass das Lokal im Bahnhofsgebäude offiziell ausgeschrieben werden müsse und er sich bewerben könne. "Diese Information traf mich wie aus heiterem Himmel", sagt der Postbetreiber. Doch Çakil wäre nicht Çakil, würde er zulassen, dass die Enttäuschung überhand nimmt. Am 18. Juni habe er deshalb sein Nutzungskonzept dem Gemeinderat vorgestellt, in der Hoffnung, die Lokalpolitiker würden ihm den Zuschlag geben. Am Ende aber hieß er erneut: "Sie können sich ja bewerben", berichtet Çakil sichtlich betroffen. Immerhin habe er bereits Gespräche mit einem Ladenbauer und auch der Deutschen Post geführt. "Wenn die Unterföhringer ja sagen, dann könnten wir sofort anfangen."

Ganz so einfach ist es nicht. Aus dem Rathaus heißt es, die Gemeinde komme an einer formalen Ausschreibung nicht vorbei. Das sei nun einmal die Vorgabe, so Bauamtsleiter Lothar Kapfenberger. Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) bestätigt das. Ali Çakil habe den Gemeinderat im Juni mit seinen Konzepten nicht überzeugen können. In der Sitzung am Donnerstag, 16. Juli, wird das Gremium nun hinter verschlossenen Türen die Kriterien für Bewerber festlegen. Und sich darauf einigen, was mit dem Ladenlokal neben der Post passieren soll.

Dass in den Räumen wieder eine Gastronomie entsteht und sich nebenan die Postfiliale vergrößern könnte, wäre wohl die beste Lösung. Die Tür für Çakil ist dem Vernehmen nach weiter offen.

© SZ vom 11.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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