Polizei:Kämpfer, Helfer, Ansprechpartner

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Christian Weis verlässt die Polizeiinspektion Altstadt und steigt zum Leiter des Einsatzabschnitts Ost auf, der unter anderem die Polizeiinspektionen Ismaning, Haar, Ottobrunn, Unterhaching und Grünwald umfasst.

Von Renate Winkler-Schlang, Ottobrunn/Grünwald

Christian Weis steigt hoch hinauf auf die Dachterrasse der Polizeiinspektion an der Hochbrückenstraße, mitten in der Münchner Altstadt, wo Kollegen sogar Bienen halten. Hier rundum unter und zwischen all diesen Dächern war bisher sein Einsatzgebiet. Doch der Leiter der Polizeiinspektion Altstadt wechselt zum Jahresende zur Dienststelle am Neuperlacher Konrad-Adenauer-Ring. Weis wird Leiter des Einsatzbereichs Ost. Das ist die übergeordnete Stelle für elf Inspektionen "drüberhalb der Isar", wie er sagt, sowohl in der Stadt wie auch im Landkreis, von Ismaning über Haar, Ottobrunn und Unterhaching bis Grünwald.

Dieser Einsatzbereich für die Inspektionen 21 bis 32 (die 30 ist nicht vergeben) umfasst zwei Drittel der Fläche, für die das Polizeipräsidium zuständig ist, rund die Hälfte der Einwohner. Statt des operativen Tagesgeschäfts wird es für den Leitenden Polizeidirektor künftig mehr um strategische Konzepte gegen und darum, diese "zu übersetzen in konkrete einzelne Handlungen".

Er scheide mit Wehmut, bekennt der 58-Jährige an einem seiner letzten Arbeitstage in der Altstadt, hinterlasse seinem Nachfolger, der bereits feststeht, aber noch formal berufen werden muss, "ein tolles Team". Aber er habe "eine Art innere Uhr", die ihn nach ein paar Jahren nach einer neuen Herausforderung suchen lasse.

Ein Schlüsselbeinbruch brachte ihn zur Polizei

Ein Schlüsselbeinbruch war schuld, dass Weis nach dem Abi in Regensburg bei der Polizei anfing. Eigentlich hatte er zur Bundeswehr gehen wollen, doch diese hätte ihn wegen des Bruchs zurückgestellt, bei der Polizei konnte er gleich den Aufnahmetest machen. Er bestand, der Einstieg in den gehobenen Dienst war getan. Eine glückliche Fügung, wie Weis nachträglich meint, für ihn hat sich bewahrheitet, was er als junger Mensch mit der Polizei verband: "Ein bissl Abenteuer, das Kämpfen für den Staat und das Gemeinwohl, anderen helfen", das seien seine Leitmotive gewesen. Seine Laufbahn begann nach der Ausbildung in der Inspektion Neuhausen.

Aus dem Polizeikommissar wurde ein Hauptkommissar. Er bewährte sich dann auch als Außendienstleiter im Abschnitt West so gut, dass er in Münster auf der Hochschule der Polizei studieren durfte, der Weg war frei in den höheren Dienst. Zwei Jahre lehrte er in der Fortbildungsanstalt der bayerischen Polizei in Ainring bei Freilassing Recht und behandelte als Führungskräftetrainer die Themen Kommunikation und Teamarbeit, Stressbewältigung und Selbstreflexion. Hier, wie eigentlich überall, habe er sein Lebensmotto mit vermittelt: "Mit Reden kemma d'Leit zamm" und "Leben und leben lassen". Seine pragmatische Einstellung hat ihm, zurück in München, auch geholfen in der Inspektion 43, die für den Olympiapark und damit den Fußball im alten Stadion zuständig war. Als die Arena in Fröttmaning fertig war, ging Weis als erfahrener Einsatzleiter hinüber zur Inspektion 47 nach Milbertshofen. "Die WM 2006, das war einer meiner schönsten Einsätze", schwärmt er.

Ende 2006 wurde Weis Leiter des Präsidialbüros des damaligen Polizeipräsidenten Wilhelm Schmidbauer. 2014 wechselte er in die Altstadt: "In der Hierarchie ein Rückschritt, aber höher dotiert", erklärt der Mann mit den vier goldenen Sternen auf der Schulterklappe seines blauen Diensthemds. Im Präsidium hatte Weis die Verantwortung für 30 Beamte, in der Altstadt, der größten Inspektion der Stadt, für 210 Mitarbeiter.

Prägenstes Erlebnis war der Amoklauf am OEZ

Die Tage hier waren ausgefüllt, auch wenn er natürlich kaum mehr an vorderster Front dabei war, wenn es galt, Dealer festzunehmen oder Kaufhausdiebe, Unfälle zu klären oder Demonstrationen zu schützen. Persönlich gefährlich sei es für ihn selten geworden, erzählt er, etwa bei einer Kurdendemo im Bahnhofsviertel, als ein Türke auf die Demonstranten losgehen wollte und er dazwischen stand, oder bei der Verhaftung eines Mannes, der ein Messer unterm Mantel mit aus seiner Wohnung schmuggelte. Sein prägendstes Erlebnis aber sei der Amoklauf des OEZ-Attentäters gewesen. Weis denkt zurück an die vielen "Phantomtatorte" in der Innenstadt, an die Verletzten, die panisch in die Wache flüchteten und für die seine Kollegen im Hof ein kleines Feldlazarett eingerichtet haben, an das Kaufhaus voller verängstigter Leute, den Ausnahmezustand, in dem sich aber gezeigt hatte, was die Polizei in Nullkommanichts mobilisieren könne: "Weil halt die meisten Kollegen echte Überzeugungstäter sind."

Weil Weis davon überzeugt ist, engagiert er sich auch als Vorsitzender des Vereins "Münchner Blaulicht", der im Präsidium ein kleines Polizeimuseum eingerichtet hat. Dort hält er Führungen, er veranstaltet Krimitouren, vergibt einen Präventionspreis - und macht so sympathische Werbung für die Münchner Polizei.

Abwechslungsreiche Karriere

Intern gilt Weis als ansprechbarer Chef. Und als einer, der weiß, dass seine Mitarbeiter Beruf und Familie unter einen Hut bekommen müssen. Der Vater von drei Kindern hatte sich nach der Geburt seiner Tochter um Teilzeit bemüht. In den Achtzigerjahren war das nicht gern gesehen, aber er konnte einen Kompromiss aushandeln, alle Überstunden und den ganzen Urlaub an den Werktagen auf einmal nehmen. Dafür schob er jedes Wochenende Dienst - und das gerne, denn ohne wäre es ihm doch langweilig geworden. Heute hat er Verständnis für alle Elternzeitwünsche, bindet diese Kollegen aber durch regelmäßige Kaffeeeinladungen an die Polizei.

Er selbst wird für seine neue und vermutlich letzte große Aufgabe seiner langen und abwechslungsreichen Karriere erneut Vollgas geben, er denkt sich schon ein in mögliche Aufgabenschwerpunkte des Münchner Ostens, zu dem sensible und besondere Orte gehören wie das Bezirkskrankenhaus Haar, das Gefängnis Stadelheim, die Messe und nicht zuletzt das Giesinger Stadion. Aber mit Fußballfans kennt er sich ja aus.

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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