Verbrechensserie:Unbekannte jagen Fahrkartenautomat in die Luft

Verbrechensserie: Der Automat am Bahnsteig in Haar ist nach der Detonation am Mittwoch an der Front notdürftig mit Folie abgedeckt und durch ein Absperrband der Polizei gesichert.

Der Automat am Bahnsteig in Haar ist nach der Detonation am Mittwoch an der Front notdürftig mit Folie abgedeckt und durch ein Absperrband der Polizei gesichert.

(Foto: Claus Schunk)

Zwei Tage nach der Sprengung von Zigarettenautomaten in Heimstetten und Dornach gibt es am S-Bahnhof in Haar eine weitere Explosion. Die Polizei steht vor einem Rätsel.

Von Bernhard Lohr, Haar

Zwei Tage nach der Sprengung von zwei Zigarettenautomaten in Heimstetten und Dornach hat Mittwochnacht ein lauter Knall Menschen in Haar aus dem Schlaf geschreckt. Unbekannte zerstörten einen Fahrkartenautomaten auf dem Bahnsteig mit einer absichtlich herbeigeführten Explosion. Das meldeten Zeugen der Bundespolizei um 3.26 Uhr. Die Polizei ermittelt, hat aber bis auf die naheliegende Annahme, dass die Täter von Heimstetten und Dornach erneut am Werk gewesen sein könnten, bisher kaum Anhaltspunkte. Die Münchner Polizei äußerte sich am Mittwoch noch sehr zurückhaltend. Ein Sprecher sagte, die Taten seien wohl mit einer Art Pyrotechnik ausgeführt worden. Auf jeden Fall nicht mit üblichen Knallern, "die es bei uns in Deutschland gibt".

Die Taten erscheinen nebulös. Bei den beiden Automaten, die am Montagmorgen um 5 Uhr in Heimstetten und Dornach völlig zerstört und meterweit durch die Luft geschleudert wurden, stahlen die Täter Geld und Zigaretten. Bis auf ein paar Münzen fand die Polizei im Umfeld nichts mehr. Das Ziel der Täter war also klar. Aber beim Fahrkartenautomaten? Vandalismus wäre auch eine Möglichkeit. Die Polizei äußerte sich jedenfalls am Mittwoch noch nicht, ob und in welcher Höhe die Täter überhaupt Beute machten. Die Münchner Polizei, die den Fall von der Bundespolizei übernommen hat, verweist auf laufende Ermittlungen.

Verbrechensserie: Trümmerteile werden am Mittwoch vom Bahnsteig geräumt.

Trümmerteile werden am Mittwoch vom Bahnsteig geräumt.

(Foto: Claus Schunk)

Jedenfalls sind die spektakulären Taten Tagesgespräch im Münchner Osten. In Haar entwickeln sich am Nachmittag auf dem Bahnsteig vor dem durch ein Absperrband der Polizei gesicherten Automaten, dessen Front mit schwarzer Folie notdürftig verschlossen ist, immer wieder Gespräche. "Gesprengt", sagt ein Mann kopfschüttelnd laut vor sich hin, als er an dem Absperrband vorbeigeht. Eine Frau erzählt einer anderen, dass sie erst angenommen habe, der daneben befindliche Snack-Automat sei geknackt worden. Ein Fahrgast, der aus einer S-Bahn aus München ankommt, spricht Passanten direkt an und fragt, was passiert sei.

Ein 38-Jähriger, der seinen Namen nicht nennen will, berichtet, Leute hätten ihm erzählt, dass den Knall bis in die Jagdfeldsiedlung gehört haben. Auf seinem Smartphone zeigt er ein Foto, auf dem noch die aufgerissene Front des Automaten zu sehen ist. Die Kassette, in der das Bargeld sich befindet, sei offenbar nicht beschädigt worden.

Trotz 20 Streifenwagen und Hubschrauber verläuft die Fahndung erfolglos

Die Tat ausgerechnet auf einem Bahnsteig erscheint dreist. Bahnhöfe sind mit Kameras in der Regel überwacht, wobei offenkundig keine Kamera direkt auf den Automaten gerichtet ist. Sollten es dieselben Täter sein wie in Heimstetten, würden sie Kameras aber womöglich auch nicht schrecken. Dort wurden sie schließlich sogar beobachtet. Anwohner sahen in Heimstetten vier Personen mit Sporttaschen, die über einen Parkplatz rannten, und alarmierten die Polizei, die am Montag mit 20 Streifenwagen und einem Hubschrauber anrückte. Die Täter entkamen unerkannt, ebenso wie keine 48 Stunden später in Haar.

Die Spurensicherung war am Mittwoch am Bahnsteig im Einsatz. Arbeiter räumten die zerborstenen Teile des Automaten weg. Der Streckenagent der S-Bahn München meldete erst gegen Mittag, dass die Beeinträchtigungen wegen eines Polizeieinsatzes am Haarer Bahnhof beendet seien. Doch der Zugverkehr war einer Sprecherin der Bundespolizei zufolge nicht betroffen, weil S-Bahnen zum Tatzeitpunkt tief in der Nacht nicht verkehrten und Güterzüge nur durchfahren.

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