Wintersportler haben es in Zeiten des Klimawandels nicht leicht. Denn in einer Welt ohne Schnee und Eis könnten Skifahrer und Schlittschuhläufer schon bald zur Untätigkeit verdammt sein. Dass nicht allen Wintersportarten dieses Schicksal droht, zeigt das Eisstockschießen. Eisstockschützen müssen bei höheren Temperaturen nämlich nicht um ihren Sport bangen. Für die traditionsreiche Sportart aus dem Alpenraum gibt es mit dem Stockschießen eine sommerliche Alternative. Das freut insbesondere die Naturfreunde Würmtal. Einmal die Woche treffen sich Mitglieder des Vereins zum Stockschießen auf der Betonpflaster-Bahn des EC Planegg.
An einem Mittwoch im September stehen trotz brütender Mittagshitze zehn Spieler an der Bahn bereit. „Im Idealfall wird mit vier Spielern pro Team gespielt“, sagt Irmi Bohnenberger, Organisationsreferentin der Naturfreunde. Aber auch im „Fünf gegen fünf“ stehe jedem Spieler ein Schuss pro Durchgang zu. Das Ziel der Mannschaften ist die sogenannte Daube am anderen Ende der Bahn.
Gespielt wird in beide Richtungen. Die Mannschaft, die ihre Stöcke näher an das Donut-förmige Zielobjekt schießt, kann Punkte sammeln. Dabei gibt es für alle Stöcke, die näher an der Daube liegen als der beste Stock des Gegners, einen Punkt – im Idealfall also fünf.
Doch Vorsicht: Die Daube ist frei beweglich. Da braucht es viel Gefühl – „und einen Stock mit der richtigen Scheibe“, meint Udo Bräunig in Hinblick auf die flache Unterseite des Spielgeräts. Bräunig ist Rentner, so wie die meisten der Naturfreunde, die sich hier zur Mittagszeit verabreden. Mit seinen 88 Jahren gehört er zu den ältesten Spielern im Verein. „Es gibt langsamere und schnellere Scheiben“, erklärt er. Dabei haben die Stöcke mit den schnellen Scheiben nicht nur Vorteile. „Die kann man natürlich auch leichter von der Daube wegschießen“, merkt Bräunig an.
Er erzählt, dass Profis die Scheiben je nach Spielsituation auch während einer Runde tauschen. Zu diesen Spitzensportlern im Stockschießen gehört der Hartpenninger Stefan Zellermayer. Er ist achtfacher Welt- und dreizehnfacher Europameister. Vergangenes Jahr hielt er für die Fußballweltmeister Thomas Müller und Mats Hummels als Schiedsrichter her, als sich diese für ein gemeinsames Youtube-Video im Stockschießen probierten.
In den letzten warmen Wintern ist der Sport auf Eis meistens ausgefallen
Weil der kürzeste Abstand zur Daube nicht immer mit bloßem Auge bestimmt werden kann, muss ein Schiedsrichter auch mal zum Maßstab greifen. Die Naturfreunde machen das natürlich selbst. Zu genau will es hier aber niemand nehmen. „Für uns ist das Stockschießen vor allem eine Gaudi“, stellt Irmi Bohnenberger klar.
Im Winter haben sich die Naturfreunde lange Zeit zum originalen Eisstockschießen verabredet. „Dafür waren wir dann auf dem Maisinger See oder dem Dorfweiher in Unterbrunn“, erinnert sich Udo Bräunig. Auf zugefrorenen Gewässern musste dabei auch mit Unabwägbarkeiten gerechnet werden. „Das Natureis ist ruppig. Da gehört dann viel Glück dazu“, sagt Benni Bohnenberger.
Auf dieses Glück müssen sich die Stockschützen aus Planegg aber nur noch selten verlassen. In den vergangenen Jahren sei das Eisstockschießen wegen der warmen Winter meistens ausgefallen.