U-Bahnbau:Fernwärmeleitungen und andere Widrigkeiten

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Die Baugrube ist zum Teil schon mit Betonwänden versehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Arbeiten für die Verlängerung der U 6 nach Martinsried sind in der Hochphase. Bei zwei Führungen über die Baustelle blicken die Teilnehmer in den künftigen Tunnel – und erfahren, mit welchen Herausforderungen die beteiligten Firmen kämpfen.

Von Rainer Rutz, Planegg

Für Stefan Schaudig war es ein Heimspiel. Nicht nur, weil er als Geschäftsführer im Planegger Rathaus seit mehr als 20 Jahren die gesamte U-Bahnplanung auf dem Campus in Martinsried begleitet – der 55-Jährige kennt sich als Bauingenieur auch fachlich aus. Was also lag näher, als die erste öffentliche Begehung der riesigen Baustelle für die Verlängerung der U 6 zwischen den Universitäts- und Forschungsgebäuden und dem Klinikum Großhadern dem eloquenten Schwaben zu überlassen?

Zweimal scharte Schaudig am Freitagnachmittag je 20 Interessierte um sich, um die einen Kilometer lange Strecke abzugehen. Alle trugen Helm und Schutzkleidung, was bei der sengenden Hitze durchaus eine Herausforderung war, doch der Rathaus-Geschäftsführer blieb stets freundlich, erklärte jeden relevanten technischen Umstand und stellte sich den vielen Fragen der Planeggerinnen und Planegger, auch wenn sie noch so marginal waren.

Kaum zu glauben, wie sich die Landschaft auf der rund einen Kilometer langen Strecke innerhalb von 17 Monaten verändert hat: Wo vor dem Baubeginn im Februar vergangenen Jahres noch Graslandschaften, blühende Wiesen und Wälder waren, klafft jetzt auf tausend Metern eine zehn bis 20 Meter tiefe und 15 Meter breite Grube, teilweise schon eingeschalt mit wuchtigen Betonwänden. Tonnenschwere Baumaschinen, Kräne und ganze Gebirge von Aushubmaterial – meist Kies – wurden zwischen Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB) und den Max-Planck-Instituten angehäuft, alleine der Ablageplatz für den Aushub entlang des Waldes ist mehrere Hundert Meter lang.

Rathaus-Geschäftsleiter Stephan Schaudig führte zwei Gruppen von Interessierten über die U-Bahnbaustelle. (Foto: Stephan Rumpf)

„Wurden beim Aushub wie befürchtet chemische Kampfmittel gefunden?“, fragte ein Martinsrieder. Nein, konnte Schaudig beruhigen, aber man sei noch nicht am Ende des Aushubs angelangt. Zurzeit wird die Strecke an der Straße Am Klopferspitz ausgebaggert und hier, an der früheren Kiesgrube, erwartet man, auf Hausmüll zu stoßen, oder jedenfalls das, was man früher darunter verstanden hat – etwa technische Geräte, möglicherweise auch Kühlschränke oder Altreifen. Alles, so Schaudig, werde sorgfältig entsorgt. Allein sieben Millionen Euro habe die Waschanlage für den Aushub gekostet, die gebaut werden musste, erzählt Schaudig – ein kleiner Teil nur der erwarteten Gesamtkosten in Höhe von rund 220 Millionen Euro. Geplant waren vor 25 Jahren maximal 70 Millionen Euro.

Man spazierte vorbei am bereits seit Monaten fertiggestellten Parkdeck für 80 Autos. Es ist allerdings noch nicht eröffnet, das fanden einige Teilnehmer der Führung seltsam. Zentraler Bauknoten ist zurzeit das Gebiet um die Kreuzung der Strecke mit dem Klopferspitz. Der Verkehr wurde umgeleitet, er läuft jetzt per Ampelschaltung. Es entsteht eine Brücke.

An manchen Stellen sind immer noch Bagger im Einsatz. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Aushub hier gestaltet sich nicht einfach, wie Schaudig auf entsprechende Fragen berichtete: „Die Fernwärmeleitung und der Abwasserkanal mussten verlegt werden. Dafür wurde ein eigenes Pumpwerk geschaffen.“ Warum man den Vortrieb nicht unterirdisch, sondern in offener Bauweise erledige, wollte eine Besucherin wissen. Es sei technisch einfacher und auch billiger, sagte Schaudig. Er verwies auf die riesigen Bohrmaschinen, die hier mit auswechselbaren Bohrköpfen aus Diamant zum Einsatz kommen.

Knapp hundert Bauerbeiter sind aktuell im Einsatz

Im westlichen Teil der Strecke, also Richtung Lena-Christ-Straße in Martinsried, sind bereits die Linien für die zwei bis drei unterirdischen Gleisstränge erkennbar, der Boden des Tunnels ist betoniert. 80 bis 100 Bauarbeiter aus aller Herren Länder sind zurzeit – jetzt ist die Hochphase der Bauarbeiten – beschäftigt. Wenn alles wie geplant weiterläuft, wird die erste U-Bahn im Laufe des Jahres 2027 fahren, zunächst im Probebetrieb.

Auch auf den Warnwesten der Exkursionsteilnehmer sind die Zeichnungen von Illustrator Mike Maurus zu sehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Wer den Baufortschritt auf plakative und humorvolle Weise nahe gebracht haben will, kann sich die Comics des Planegger Illustrators Mike Maurus zu Gemüte führen. Sie werden ständig aktualisiert, man kann sie unter anderem auf den Infostelen im Planegger Gemeindegebiet bewundern. Unter dem Motto „Licht in den Untergrund“ zeichnet Maurus alles, was ihm in der aktuellen Bauphase auffällt. Immer dabei: Das Glühwürmchen als Ingenieur und der U-Bahn-Dachs als Chef des Ganzen.

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