Mit einem Bündel von teils ungewöhnlichen Maßnahmen will die Gemeinde Planegg die Zahl der fehlenden Kinderbetreuungsplätze möglichst bis zum Herbst radikal verringern. Auf einer Pressekonferenz präsentierten Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) und Rathaus-Geschäftsführer Stefan Schaudig am Dienstag eine Fülle von Ideen, die zum Teil zusammen mit den betroffenen Eltern erarbeitet worden sind, um mindestens 70 neue Plätze schaffen zu können. 118 Plätze fehlen derzeit, die meisten im Kindergartenbereich. Die Diskussion über das Thema hatte in der vergangenen Woche im Gemeinderat zu turbulenten Szenen geführt. Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderäte mussten sich heftige Vorwürfe anhören.
Jetzt will die Gemeinde einen großen Coup landen. Dazu braucht sie allerdings die Hilfe des Erzbischöflichen Ordinariats, das Träger des Kindergartens St. Martin ist. Der ist gerade in durchaus gut ausgestatteten Containern untergebracht, nachdem vor einigen Jahren der alte Kindergarten einem Großfeuer zum Opfer fiel. Der Neubau ist fast fertig. Deshalb will die Gemeinde laut Nafziger dem Ordinariat den Vorschlag machen, die Behelfsunterkünfte zu kaufen oder zu mieten, wenn der Neubau bezogen werden kann. Rund 70 Plätze kämen so zusammen. Gleichzeitig will man neue Träger suchen - "auch solche, die bisher noch nicht in der Gemeinde vertreten sind, auch private", sagte Nafziger.
Mit dieser "Doppelstrategie" will die Gemeinde zusätzlichen Raum schaffen und das ganze System auf mehrere neue Beine stellen. Man führe bereits Gespräche mit potenziellen Trägern. Das Ziel ist laut Nafziger und Schaudig, bis zum Oktober die neuen Plätze anbieten zu können. Noch eine weitere Option soll geprüft werden: Die Gemeinde hat gerade die ehemalige Pension Elisabeth gekauft. Sie besteht aus zwei Häusern, eines soll Geflüchteten aus der Ukraine als Unterkunft dienen, das anderen könnte die Gemeinde laut dem Bürgermeister "für Kindergartenplätze umbauen."
"Am Geld soll es nicht scheitern", sagt der Bürgermeister
Bei Thema Bezahlung hielt sich Nafziger etwas zurück. Ja, sagte er, es stimme, dass die Nachbargemeinde Gräfelfing einen weiteren Zuschlag zahle, der bis zu 400 Euro im Monat ausmachen könne. "Am Geld soll es nicht scheitern", sagte er, betonte aber, dass auch Planegg nicht grenzenlos Geld ausgeben könne. Allein die bei den Tarifgesprächen vereinbarte Einmalzahlung würde die Kommune eine halbe Million Euro kosten. Dieselbe Summe würde eine Anhebung des monatlichen Zuschlags kosten - jährlich. Das alles werde man bald dem Gemeinderat zur Abstimmung vorlegen. Nafziger zeigte sich optimistisch: "Es wird keine Denkverbote geben. Und wenn wir unsere Maßnahmen umsetzen können, wäre das ein unglaublicher Gewinn."
Die prekäre Lage ist laut Nafziger entstanden, weil heuer erstmalig eine Fülle von Problemen gleichzeitig aufgetreten sei: "Ein starker Fachkräftemangel deutschlandweit, überlastete Einrichtungen und Betreuer, hohe Krankenstände, eine schwierige Situation am Wohnungsmarkt und eine gewisse Fluktuation beim Personal. Und die Folgen von Corona taten noch ihr übriges." Dazu komme, dass der Gesetzgeber "die Hürden für Neueinstellungen extrem hoch gesetzt hat". Man bekomme durchaus Bewerbungen, meist aus dem Ausland, und müsse dann nach Rücksprache mit dem Landratsamt München feststellen, dass die Anforderungen oft nicht erfüllt werden können. "Wir haben einige nach Hause geschickt, durchaus tolle Leute", sagte Nafziger.
In Planegg und Martinsried habe sich die Lage noch dadurch verschärft, "dass es Probleme bei den Trägern gab, die zu Gruppenschließungen führten". Dazu komme, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur noch in Teilzeit arbeiten wollten. Derzeit fehlen in Planegg mindestens fünf Fachkräfte. Nafziger: "Wir suchen eigentlich immer."