Süddeutsche Zeitung

Ortsentwicklung:Planegg sichert sich das Heide-Volm-Grundstück

Die Gemeinde kauft das 13 500 Quadratmeter große Areal am Bahnhof und kann nun insgesamt 30 000 Quadratmeter überplanen - ohne Rücksicht auf einen Investor.

Von Rainer Rutz, Planegg

Das Warten hat ein Ende: Zwei Jahre hat die Gemeinde Planegg zähe Verhandlungen um den Kauf des 13 500 Quadratmeter großen Grundstücks der ehemaligen Großgaststätte Heide-Volm am Planegger S-Bahnhof geführt - jetzt hatte sie Erfolg. Auf einer Pressekonferenz gab Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) bekannt, vor zwei Tagen seine Unterschrift unter den notariellen Verkaufsvertrag gesetzt zu haben.

Über die Höhe des Kaufpreises sagte Nafziger nichts, man habe "Stillschweigen" vereinbart. Der Vertrag wurde zwischen der Gemeinde Planegg und der HRE Grundbesitz GmbH & Co. KG unter Geschäftsführerin Daniela Heide geschlossen. Im laufenden Haushalt der Gemeinde Planegg für 2023 stehen für den Posten "Grundstückskauf" allerdings 46 Millionen Euro zur Verfügung. Dieser Betrag dürfte - neben dem Preis für den bereits abgeschlossenen Ankauf der in der Nähe gelegenen früheren Pension Elisabeth - auch den Kaufpreis für das jetzt erworbene Filetgrundstück enthalten, der nach Einschätzung von Insidern mindestens 30 Millionen Euro beträgt. Das würde einem Quadratmeterpreis von gut 2200 Euro entsprechen. Dass die Gemeinde das Grundstück überhaupt problemlos kaufen konnte ohne sich zu verschulden, hat sie weitgehend einer Gewerbesteuer-Sonderzahlung eines Biotech-Betriebes in Steinkirchen in Höhe von rund 30 Millionen Euro zu verdanken.

Mit dem Erwerb beginnt auch die städtebauliche Planung von vorne, die sich weit über 20 Jahre hingezogen hat. Zunächst hatte die Kommune große Bereiche des Gleisbettes des ehemaligen Güterbahnhofs entlang der Linie München-Garmisch gekauft. Es gab zahlreiche Architektenwettbewerbe und Bürgeranhörungen. So sollten im nördlichen Bereich Wohnungen, Fahrradanlagen, eine Tiefgarage, ein Omnibusbahnhof und kleinere Läden entstehen. Der südliche Teil wurde nach den Vorstellungen der Architekten von einem Supermarkt, Wohnungen und einer Teilerneuerung der Gaststätte Heide-Volm dominiert. Entlang der Bahn war ein neuer attraktiver Geh- und Radweg vorgesehen und eine Riegelbebauung mit Wohnungen zur S-Bahnanlage hin.

Alle diese Pläne, sagt Bürgermeister Nafziger jetzt, seien zwar nicht komplett hinfällig, aber doch weitgehend obsolet: "Wir müssen neu durchstarten. Es wird ein spannender und langwieriger Prozess. Aber wir kriegen das gebacken." Auch die Planegger Wirtschaftsreferentin Bärbel Zeller erklärt: "Was wir von den alten Plänen übernehmen, ist noch unklar." Das Gesamtpaket müsse jetzt in den Gemeinderat. Der muss dann auch entscheiden, ob das millionenschwere Projekt noch einmal ausgeschrieben wird.

Planeggs neue Stadtplanerin im Rathaus, Stephanie Meyer, betont, dass man nach dem Kauf "keine wirtschaftlichen Interessen mehr berücksichtigen" müsse: "Kein Investor bedeutet auch, dass wir sozialgebundenen Wohnungsbau favorisieren können." Laut Nafziger wurde im Rathaus eine Projektgruppe gebildet, "die sich ausschließlich mit dem neuen Bahnhofsquartier" befassen werde. Nach einer Klausurtagung des Gemeinderats im Frühjahr werde man in zwei bis drei Monaten erstmals öffentlich alle denkbaren Möglichkeiten in dem Gremium beleuchten.

Der Bürgermeister, sichtbar erfreut, aber auch ein bisschen nervös, räumte am Dienstag ein, dass die Gemeinde "Glück gehabt" habe: "Vor allem auch, weil wir gleichzeitig die Pension Elisabeth kaufen konnten. Damit gehört uns praktisch der gesamte Bereich zwischen Bahnhofstraße und Germeringer Straße entlang der Bahnlinie, mehr als 30 000 Quadratmeter." Auch eine Anbindung an die Germeringer Straße werde angedacht.

Der Bürgermeister sprach vom größten und bedeutendsten Bauprojekt in der Geschichte der Gemeinde: "Für die Entwicklung der Kommune ist der Kauf des Heide-Volm-Areals von elementarer Bedeutung. Wir haben nun hier die einmalige Chance, ein Quartier zu entwickeln, das auf die Bedürfnisse Planeggs abgestimmt ist. Ein historisches Ereignis."

Das Heide-Volm-Grundstück war über 80 Jahre lang im Besitz der Familie Heide. Seit 1931 betrieb die Familie dort über mehrere Generationen die bekannte Traditionsgaststätte mit Biergarten, auch ein bayernweit bekannter Treffpunkt für politische und kulturelle Veranstaltungen. Das, so Bürgermeister Nafziger, wird nach dem Abriss wohl endgültig der Vergangenheit angehören. Wenn es nach seinen Wünschen geht, wird es aber wieder eine Wirtschaft oder ein Café geben. Die alten Kastanien stehen jedenfalls noch weitgehend.

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