Ein Abendgottesdienst erscheint als ungewöhnlicher Rahmen für eine Ausstellungseröffnung. Aber in diesem Fall könnte er nicht besser gewählt sein. Am Dienstag wurde in der katholischen Kirche St. Elisabeth in Planegg um 19 Uhr eine Ausstellung eröffnet, die in 14 Wandbildern an das Wirken von Karl Leisner erinnert, der von den Nazis im KZ Dachau gefangen gehalten und dort 1944 heimlich zum Priester geweiht wurde. Im Würmtal hat der Geistliche Spuren hinterlassen. Seine letzten Lebensmonate verbrachte er im Waldsanatorium in Krailling. Bis heute findet an seinem Todestag dort ein Gedenkgottesdienst statt. Die Wanderausstellung wurde jetzt vom Internationalen Karl-Leisner-Kreis in Leisners Heimatstadt Kleve konzipiert, weil sich seine Priesterweihe zum 80. Mal jährt.
Leisner ist im Würmtal bis heute in lebendiger Erinnerung. Der Gräfelfinger Pfarrer Markus Zurl, der derzeit auch die Pfarrgemeinde Planegg betreut und die Ausstellung eröffnete, hat eine besondere Verbindung zu dem Geistlichen. Als Leisner von Papst Johannes Paul II. 1996 seliggesprochen wurde, war Zurl im Berliner Olympiastadion dabei. Die Eintrittskarte hat er bis heute aufbewahrt. Leisner wurde nur 30 Jahre alt, hat eine einzige Messe als Priester gefeiert und doch so große Bedeutung erlangt, das fasziniert Zurl. Leisners Wirken werfe die Frage auf, was die wirklichen Siege im Leben seien. Für Zurl sind es nicht die vordergründig glänzenden, sondern eine aufrechte Haltung, wie Leisner sie sich bewahrt habe.
Die Ausstellung zeichnet den Lebensweg Leisners nach und widmet sich dem Denkmal, das anlässlich der Seligsprechung Leisners durch den Bildhauer Bert Gerresheim geschaffen wurde. Thomas Schaffert hat sie nach Planegg geholt, damit die Erinnerung an ihn im Würmtal weiter verankert bleibt. Schaffert gestaltet jedes Jahr die musikalische Begleitung für den Gedenkgottesdienst zum Todestag Leisners und ist Mitglied im Verein „Gedenken im Würmtal“, der an den Todesmarsch der Häftlinge aus dem KZ-Dachau und den Außenlagern erinnert. Schaffert sieht es als Aufgabe des Vereins, auch an andere NS-Opfer zu erinnern, die in Bezug zu den Würmtaler Gemeinden stehen. Für ihn ist Leisner bis heute unter anderem ein „politisches Vorbild“, das gesellschaftliche Entwicklungen wachsam wahrgenommen und sich mit „mutiger Zivilcourage“ gegen totalitäre Gleichschaltung gewendet habe.
Leisner, der sich trotz des Nazi-Regimes stark in der Jugendbewegung der Kirche engagierte, wurde verhaftet, nachdem er das Scheitern des Attentats auf Adolf Hitler am 8. November 1939 laut bedauert hatte. 1940 kam er ins KZ Dachau. Insgesamt waren dort etwa 2000 Priester inhaftiert, in einer notdürftigen Baracken-Kapelle wurden Gottesdienste geduldet, wie Markus Zurl erzählt. Die Priesterweihe konnte hier, am 17. Dezember 1944, heimlich und unter großer Gefahr für alle Beteiligten durch den ebenfalls inhaftierten französischen Bischof Gabriel Piguet stattfinden. Leisner war damals schwer krank, seine Tuberkulose war in der Lagerhaft erneut ausgebrochen. Es soll die einzige Priesterweihe gewesen sein, die je in einem Konzentrationslager stattfand.
Nach der Befreiung des KZ Ende April 1944 wurde das Lager unter Quarantäne gestellt. Der tuberkulosekranke Leisner durfte es zunächst nicht verlassen. Mithilfe anderer Geistlicher konnte er aber aus dem Lager gebracht werden und kam so am 4. Mai 1945 nach Krailling zu den Barmherzigen Schwestern in das damalige Lungensanatorium, wo er hingebungsvoll gepflegt wurde. Das Waldsanatorium bezeichnete der Priester in seinen Tagebuchnotizen als „Paradies“. Leisner schrieb sein Leben lang intensiv Tagebücher und Briefe. Sein schriftlicher Nachlass wurde in fünf Bänden 2015 anlässlich seines 100. Geburtstages veröffentlicht.
Nach nur drei Monaten Aufenthalt im Waldsanatorium starb der entkräftete Geistliche am 12. August 1945. In seinem Sterbezimmer im zweiten Stocken haben die Schwestern nach der Seligsprechung durch den Papst einen Gebetsraum eingerichtet. Bis heute kommen immer wieder Gläubige zu Besuch, beten und tragen ihre Fürbitten und Gedanken in ein Gästebuch ein. Der Karl-Leisner-Weg, der den Wallfahrtsort Maria Eich in Planegg und das Waldsanatorium verbindet, erinnert seit der Seligsprechung an Leisner, ebenso die Erinnerungsstele an der Zufahrt zum Sanatorium, das heute eine Pflegeeinrichtung ist und die Inschrift trägt: „Segne auch, Höchster, meine Feinde“. Die Ausstellung in der Kirche St. Elisabeth ist bis 14. Oktober zu sehen.