Planegg:Besuch im Mekka alternativer Energien

Planegg: Fuchstals Bürgermeister Erwin Karg ist stolz auf die Klimaneutralität, die seine Gemeinde auch durch Windräder erreicht.

Fuchstals Bürgermeister Erwin Karg ist stolz auf die Klimaneutralität, die seine Gemeinde auch durch Windräder erreicht.

(Foto: Catherina Hess)

Gemeinderäte holen sich in der zu 100 Prozent klimaneutralen Gemeinde Fuchstal Anregungen für eigene energetische Vorhaben.

Von Rainer Rutz, Planegg

Der Name der kleinen Gemeinde zwischen Landsberg und Ammersee, rund 70 Kilometer von Planegg entfernt, lässt die Herzen von Freunden regenerativer Energieformen höher schlagen. Die rund 4000 Einwohner von Fuchstal versorgen sich zu einhundert Prozent klimaneutral und haben damit eine Vorreiterrolle bundesweit. Auch in Planegg gibt es Bestrebungen, die mehr als 11 000 Einwohner spätestens in 20, 30 Jahren komplett mit alternativen Energieformen zu versorgen: Solaranlagen, Windräder, E-Mobilität, Biogas-Anlagen oder Blockheizkraftwerke. Was also lag näher, als Fuchstal einen Besuch abzustatten? Gemeinderätin Angelika Lawo von der Grünen Gruppe 21 hatte die Idee und setzte sie am vergangenen Wochenende mit neun Kollegen/innen aus nahezu allen Fraktionen um. Ihr begeistertes Resumee: "Die Fahrt hat sich rundum gelohnt."

Fuchstal ist so etwas wie das Mekka von Freunden grüner Energiepolitik. Die Kommune versorgt sich komplett mit erneuerbarem Strom für alle Haushalte. Die alternative Wärmeversorgung und der größte Teil der E-Mobilität stammen aus erneuerbarer Energie. Es gibt im Ort eine Biogasanlage mit angeschlossenen Blockheizkraftwerken und ein Hackschnitzelheizkraftwerk. Die Wärme wird in ein eigenes Wärmenetz geliefert, in das auch überschüssiger Strom aus den bald sieben Windkraftanlagen und vielen Photovoltaikanlagen eingespeist werden kann. Es gibt zwei Wärmespeicher mit 5000 Kubik und 200 Kubik Fassungsvermögen. Das Nahwärmenetz umfasst 15 Kilometer Länge und versorgt 150 Wohnungseinheiten, demnächst sind es 450. Die Verteilung erfolgt über eine Schaltstelle, die in einer Scheune untergebracht ist, "die innen sogar noch genug Platz bietet, um Feste zu feiern", sagt Angelika Lawo. Hier befinden sich auch etliche Container mit hochmodernen Lithium-Ionen-Akkus, in denen bis zu 5,8 Megawatt/Stunde Strom zwischengespeichert werden kann.

Fuchstals Bürgermeister Erwin Karg -"ein energiefanatischer Mann", so Lawo, erzählte den Planeggern, man habe 17 Jahre gebraucht, um so weit wie heute zu kommen: "Am Anfang waren die Widerstände enorm, die Nachbargemeinde hat gegen die Windräder sogar geklagt." Mittlerweile hat man sich wieder versöhnt - auch angesichts der hohen Gewinne durch die Windkraft. Aus einer Einlage von einer Million Euro kamen nach 20 Jahren drei Millionen zurück, berichtet er. Der Bau der Windräder läuft über ein Beteiligungsmodell durch die Bürger, das mittlerweile mehrfach überzeichnet ist. Lawo: "Die 371 Zeichner werden gar nicht so viel investieren können, wie sie eigentlich wollen." Die Windräder stehen im nahen Wald und stören niemanden. Lawo: "Das Summen der Transformatoren war das bei weitem lauteste wahrnehmbare Geräusch. Vor Windrädern habe ich jetzt keine Angst mehr. Sie verursachen keinen Lärm und arbeiten sauber und zuverlässig."

Planegg: Mehrere Rotoren drehen sich in Fuchstal im Wald.

Mehrere Rotoren drehen sich in Fuchstal im Wald.

(Foto: Catherina Hess)

Natürlich fragen sich die Besucher aus der Würmtal-Gemeinde, ob das Fuchstaler Modell so ohne weiteres auf Planegg anwendbar ist. Das scheint zumindest auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich: Fuchstal hat Platz, Planegg nicht. In Fuchstal leben 4000 Menschen auf 40 Quadratkilometer, in Planegg leben mehr als 11 000 Menschen auf nur gut zehn Quadratmetern. Die Fuchstaler "verstecken" ihre Windkrafträder perfekt in ihren Wäldern. Planegg diskutiert zur Zeit darüber, ein erstes Windrad in der Nähe der Lindauer Autobahn zu installieren - für mehr ist kein Platz. Bei der Geothermie könnte es anders aussehen. Dann nämlich, wenn die Würmtalgemeinden zusammenarbeiten, erste Annäherungsversuche an Gräfelfing oder Gauting gibt es bereits. "Schließt euch interkommunal zusammen" - das ist der Ratschlag von Erwin Karg. Angelika Lawo sieht nach dem Besuch in Fuchstal erste Ansätze: "Es gibt in unserem Planegger Gemeinderat eine Allianz von sachorientierter Offenheit über die Parteigrenzen hinweg. Die Atmosphäre mit Gemeinderäten aus fast allen Fraktionen war konzentriert am Thema orientiert." Und: "Wir müssen eng mit unseren Nachbarn kooperieren."

Das sieht auch Peter von Schall-Riaucour so. Der Gemeinderat der Gruppe "Pro Planegg & Martinsried" ist Mitglied im Bund Naturschutz. "Der Kurztrip hat mir aufgezeigt, dass wir bezüglich klimaneutraler Energiegewinnung aufgrund der räumlichen Gegebenheiten eher würmtalregional statt gemeindelokal denken sollten" sagte er der SZ. Über 200 Meter hohe Windräder in Verbindung mit 50 Meter hohen Türmen mit Kameras für den Vogelschutz seien wohl "nur im Zusammenspiel mit den Nachbargemeinden sinnvoll." Die Erkenntnisse aus dem Besuch seien jedoch "höchst interessant."

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