Philosophie:Die wirklich wichtigen Fragen

walther ziegler

Ein Philosoph, der auch als Journalist bei ProSieben für diverse Reportagen prämiert wurde: Walther Ziegler ist einer der Referenten beim Philosophischen Salon in Haar.

(Foto: Kubinska & Hofman)

In der Reihe "Philosophischer Salon Haar" werden die Theorien bekannter Denker auch für ein nichtakademisches Publikum aufbereitet und diskutiert. Zum Auftakt geht es an diesem Freitag um ein hochaktuelles Thema

Von Udo Watter, Haar

Zu wissen, was man alles nicht braucht, sich von falschen Begierden befreien, gehört zu den kleinen, großen Tugenden der Lebenskunst. Das Prinzip "Weniger ist mehr", das gerade auch im Lichte gegenwärtiger Großprobleme - Klimakrise, globaler Kapitalismus, Bevölkerungsentwicklung - eine zeitlose Gültigkeit besitzt, muss sich freilich nicht auf alle Lebensbereiche beziehen. "Denn wenn die Welt eines braucht, dann ist es: mehr Philosophie!", erklärt etwa der Philosoph, Autor und TV-Journalist Walther Ziegler auf seiner Homepage.

Mehr Philosophie. Der Münchner Autor, dessen Reihe "Große Denker in 60 Minuten" in mehrere Sprachen übersetzt ist, trägt dazu sein Scherflein bei: Ziegler ist einer der Referenten, die die Reihe "Philosophischer Salon Haar" gestalten, deren Zyklus 2021/22 an diesem Freitag startet. Er gilt als Moderator, der auch schwer zugängliche Denkgebäude für den Zuhörer öffnen kann und wird am Montag, 29. November, über Kant ("Der Gigant unter den Philosophen") sprechen sowie im Februar 2022 über Hegel ("Der Entdecker des Weltgeistes"). "Philosophie ist etwas Wunderbares!", sucht er etwaige Schwellenängste abzubauen. Ziegler sollte also gelingen, was sich der Philosophische Salon - unter konzeptueller Ägide von Marianne Heidegger und Hannelore Furtner - auf die Fahnen geschrieben hat: "Die Ideen großer Philosophen auf den Punkt bringen: Anregend, erhellend, kurzweilig und kompetent".

Zum Auftakt des neuen Programms, das nach langer coronabedingter Pause wieder startet, gastiert der Arzt, Philosoph und Theologe Matthias Beck an diesem Freitag im Kleinen Theater Haar. Sein Thema ist nicht der Weltgeist oder der kategorische Imperativ, sondern eines, das hochaktuell ist: "Braucht die Medizin die Philosophie?" Der Vortrag Becks, der katholischer Priester ist und als Professor an der Universität Wien mit Forschungsschwerpunkt Medizinethik unterrichtet, beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

Initiiert hat die Reihe Marianne Heidegger, die viele Jahre die VHS Haar geleitet hat und auch im Vorstand des örtlichen Kulturvereins war. Nachdem sie in Rente gegangen war, entwickelte sich die Philosophie zu ihrem Steckenpferd und aus diesem Interesse heraus entstand der Haarer Salon. 2019 gab es die ersten Veranstaltungen, bei der erstaunlich gut besuchten Premiere sprach ebenfalls schon Walther Ziegler über Hannah Arendt. 2020 und 2021 war dann aber wegen der Pandemie gut anderthalb Jahre Pause. Für Heidegger wichtig: Die Vorträge sollen auch ein nichtakademisches Publikum erreichen. "Und danach soll es in eine offene Diskussion münden", sagt sie. Dass sie in dem Zusammenhang gerne mal auf ihren auffälligen Nachnamen angesprochen wird, nimmt sie mit Schmunzeln zur Kenntnis: "Ich bin ja angeheiratet." Die Familie ihres verstorbenen Mannes sei wohl sehr weit entfernt verwandt gewesen mit der von Martin Heidegger, dem so berühmten wie umstrittenen Philosophen und Autor des schwer zu lesenden Klassikers "Sein und Zeit".

Deutlich zugänglicher wird an diesem Freitag voraussichtlich beim Auftritt von Beck gesprochen und debattiert werden. Im Lichte der Corona-Pandemie geht es unter anderem darum, wie begrenzt die Möglichkeiten der Medizin sind und wie notwendig zugleich die Forschung ist. Wer der Mensch ist, könne die Naturwissenschaft und die Medizin indes allein nicht vollständig bestimmen. "Um den Menschen in seiner Ganzheit zu erfassen, brauchen wir Geisteswissenschaften wie Philosophie und Theologie", ist eine von Becks Thesen.

Das Theater soll also zu einer "Oase des Denkens und des Seins" werden, auf "die wirklich wichtigen Fragen des Lebens" aufmerksam machen, wünschen sich Heidegger und Furtner. Weitere Veranstaltungen des "Philosophischen Salons Haar", der einer Kooperation der Pfarrei St Konrad und des Kleinen Theaters mit Unterstützung des Kulturvereins entspringt, sind neben den beiden Vorträgen von Ziegler: Am 31. Januar 202 eine "Talkshow mit Artur Schopenhauer" in Form eines szenischen Dialogs inklusive Musik sowie am 14. März ein Vortrag des Haarer Altbürgermeisters Helmut Dworzak: Der rhetorisch bewanderte SPD-Politiker widmet sich im Referat "Von der marxistischen Kritik bis Google - sind wir Gefangene des Kapitalismus?" einem spannenden Thema. "Er war ja früher ein wilder Juso", erzählt Heidegger schmunzelnd. Als Mann, der sowohl mit marxistischen Theorien vertraut ist, als auch durch seine langjährige Tätigkeit in der Kommunalpolitik inklusive ökonomischer Erfahrungen dürfte Dworzak viel zu erzählen haben. Augenzwinkernd sieht Heidegger in ihm - der ein regelmäßiger Gast des Salons ist - sogar ein wenig das platonische Ideal des Philosophenkönigs verwirklicht. Sie vergisst freilich nicht zu erwähnen, dass auch der aktuelle Haarer Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) schon einmal zu Gast war. Da schwingt Stolz mit auf eine Gemeinde, die immer wieder Philosophie-affine Rathauschefs hervorbringt.

Zum Abschluss des kommenden Salon-Programms gastiert am 2. Mai 2022 die Theologin und Philosophin Katharina Ceming in Haar. Sie widmet sich in ihrem Vortrag "Meister Eckhart und die Gottesgeburt im Seelenfunken" Traditionen christlicher Spiritualität. Auch der berühmte mittelalterliche Mystiker hat sich so seine Gedanken gemacht über die Loslösung vom Willen und eine geistige Armut (eine Art seelische Leere), die zu Gelassenheit und "ins Himmelreich" führt - eventuell sogar in dem Sinne: Wenn weniger mehr ist, ist dann vielleicht nichts alles?

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