Personalbedarf:Göbel: Der Freistaat lässt uns hängen

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Das Landratsamt übernimmt immer mehr staatliche Aufgaben. Weil das Finanzministerium kaum neue Stellen genehmigt, bezahlt der Kreis die Staatsbediensteten selbst

Von Martin Mühlfenzl, München

Wer bei der Kfz-Zulassungsstelle in Grasbrunn ein Auto anmelden oder einen Fahrzeugschein beantragen will, hofft eigentlich nur, dass er hier nicht gleich einen ganzen Vor- oder Nachmittag verbringen muss. Und wer den Bittsteller am Schalter bedient, ist diesem eigentlich auch egal - es sollte nur reibungslos und einigermaßen schnell laufen.

Landrat Christoph Göbel (CSU) ist es nicht gleichgültig, wer sich in der Neukeferloher Außenstelle um die Bürger kümmert. Dieser Bereich gehört zu den sogenannten staatlichen Aufgaben des Landratsamtes - eine Obliegenheit, die der kommunalen Behörde vom Freistaat übertragen worden ist. Der Kreis wird hier also als Staatsverwaltung tätig. Und die Angestellten in den betroffenen Abteilungen müsste auch der Freistaat bezahlen. Nur schafft er schlichtweg zu wenig Stellen - und der Landkreis muss selbst einspringen.

"Wir bekommen fast nur negative Bescheide."

Bei der Beratung des Haushalts 2017 im Kreisausschuss wurde auch über den neuen Stellenplan des Landratsamtes gesprochen. Darin sind zweieinhalb neue Stellen für die Führerscheinstelle vorgesehen. Die rasant gestiegenen Fallzahlen machten dies notwendig, sagte Göbel. Hinzu kommen zehn weitere neue Stellen im Landratsamt im Bereich Staatsaufgaben, und die Kreisräte zeigten sich offen für diese.

Nur wer bezahlt sie? Jeden neuen Arbeitsplatz muss das Landratsamt formal beim Finanzministerium beantragen. Die Antworten auf diese Anfragen, sagt Göbel, seien aber in den allermeisten Fällen vorherzusehen: "Wir bekommen fast nur negative Bescheide." Es gebe aber Ausnahmen: "Beantragen wir einen Wassertechniker für den Reaktor der TU in Garching, wird dieser sofort bewilligt." Dies sei ein Antrag ganz im Sinne der Staatsregierung.

Mit der Übertragung der staatlichen Aufgaben auf das Landratsamt, sagt Göbel, hat der Freistaat auch deren Finanzierung weitergegeben. Plötzlich sind die Landkreise in der Pflicht: Sie bekommen keine neuen Staatsbediensteten, müssen also selbst Stellen aufbauen - und bezahlen. Der Landkreis München sei dabei kein Einzelfall. "Es werden alle 71 bayerischen Landkreisen hängen gelassen. Und es ist immer wieder Thema beim Landkreistag. Nur finden wir beim Freistaat kein Gehör."

"Wir bräuchten 240 Staatsangestellte, damit alles reibungslos funktioniert", sagt der Landrat. Die Realität ist aber eine andere: Es gibt im Landratsamt 137 Staatsbedienstete, davon 117 Beamte. Diese werden vom Freistaat bezahlt. Den großen Rest der staatlichen Aufgaben übernehmen Angestellte des Kreises. "Weil der Freistaat zu wenige schafft und zu wenige genehmigt", sagt Christine Spiegel, die Sprecherin des Landratsamts.

Die Personalkosten entsprechen ein paar Punkten der Kreisumlage

Also stockt der Kreis selbst auf und bezahlt - wenn der Kreistag zustimmt - auch im kommenden Jahr wieder 12,5 neue Stellen, die für staatliche Aufgaben vorgesehen sind, selbst. Die Kosten werden sich auf eine Million Euro belaufen. Die Personalkosten insgesamt, sagt Kämmerer Markus Kasper, seien bereits "für ein paar Punkte bei der Kreisumlage verantwortlich". Sie werden 2017 bei etwas mehr als 65 Millionen Euro liegen.

Der Stellenplan ist einer der zentralen Teilbereiche bei der Aufstellung eines neuen Haushalts. Schließlich ist daran abzulesen, wie sich der Landrat die Aufstellung seiner Behörde wünscht. Bei der Aufstellung seines ersten Etats vor zwei Jahren legte Göbel den Kreisräten eine umfassende Wunschliste vor: 118 neue Stellen wollte er dem Kreistag abtrotzen - er bekam schließlich 60.

Seither wächst die Behörde immer weiter. Setzt sich Göbel dieses Mal in den Etatverhandlungen durch und bekommt die insgesamt avisierten 19,25 Stellen, hat das Amt bald 957 Mitarbeiter. Diese Entwicklung, sagt Göbel, gehe Hand in Hand mit der raschen Bevölkerungszunahme und den damit verbundenen Aufgaben. Gestärkt werden sollen vor allem das Jobcenter sowie die Abteilung Soziales und das Jugendamt.

Verschiebungen gibt es auch innerhalb der Abteilungen. Die größte Veränderung steht der Stabsstelle Asyl bevor. Bis zu 26 Stellen könnten in diesem Bereich im Jahr 2017 wegfallen. "Das hat in erster Linie damit zu tun, dass uns derzeit kaum mehr Flüchtlinge zugewiesen werden und viele mittlerweile anerkannt sind", sagt Landrat Göbel. Sollte sich die Situation allerdings ändern und doch wieder mehr Schutzsuchende nach Deutschland kommen, müsse hier eben wieder nachjustiert werden.

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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