Süddeutsche Zeitung

Perchtenlauf in Ismaning:Wohliges Gruseln

Der erste Perchtenlauf in Ismaning lockt Hunderte Schaulustige an. Kinder halten anfangs noch vorsichtig Abstand.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Wilde Gesellen, die mit Lärm und Geläut die dunklen Geister des Winters das Fürchten lehren sollen, ziehen in der Zeit um Weihnachten und Neujahr im bayerisch-österreichischen Alpenraum seit Jahrhunderten umher. In der jüngeren Vergangenheit sind Perchtenläufe auch in Oberbayern wieder aufgelebt, wenn die Volkstradition auch recht unterschiedlich interpretiert wird.

In Ismaning kündigen sich die gruseligen Geistervertreiber am Samstagabend mit Trommelschlägen und Schellengeklirr an. Die gut 250 Schaulustigen am Kirchplatz drängen sich an den Stufen, um einen Blick zu erhaschen auf die wilden Gesellen, die in Fellumhängen und dicken Lederstiefeln und mit schreckenerregenden Masken langsam in die Nacht ausschwärmen. Vorsichtigere beobachten das Treiben lieber von einem Platz auf der Empore aus, in sicherer Entfernung von den Reisigruten der Perchten und den Besen der Hexen.

Mit einer wohligen Mischung aus Grusel und Faszination verfolgt die Menge das Geschehen. "Die wollen die bösen Geister vertreiben", spricht ein Mädchen ihrer Freundin Mut zu, die sich nun doch ein bisschen fürchtet vor dem weißen Zottelwesen mit dem beeindruckenden Widdergehörn. Ketten rasseln und Kuhglocken scheppern, als sich die "Höllengeister" vor dem Christbaum scharen. Spitze Zähne und zackige Nasen werfen im Fackelschein ihre Schatten an die Kirchenwand. Aus dem niederbayerischen Passau sind die Perchten angereist zu ihrem ersten Auftritt in Ismaning, eingeladen von der Jugendbeauftragten Michaela Klostermaier.

Kostüme aus Tierfell und Hörnern

Von Mitte November bis zur letzten Raunacht, dem Vorabend des Dreikönigstags, ist die Truppe in Bayern und Österreich unterwegs, um das alte Brauchtum zu pflegen und das Dunkel zu vertreiben. Das Kostüm gestaltet jedes der etwa 80 Vereinsmitgliedern selbst, mit echtem Tierfell, Schellen und Hörnern. Die Masken werden in Österreich handgeschnitzt und zeigen wahlweise gruselige Geister, monsterartige Fratzen oder freundlichere Gesellen. Denn trotz ihres schrecklichen Auftretens sollen die Perchten ja Glück bringen.

Mit dem Tanz der Hexen um das Feuer endet schließlich die schweißtreibende Schau. Nun dürfen sich die kleinen Zuschauer, die zu Beginn die Furcht vor den Perchten gepackt hat, überzeugen, dass unter den Gruselmasken freundliche Menschen stecken, die zudem als Fotomotiv gerne herhalten.

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Quelle:
SZ vom 19.12.2016
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