Süddeutsche Zeitung

Planungsstopp:Kostenexplosion beim Sportpark

Unterföhringer Gemeinderat stoppt Projekt, weil sich die Ausgaben mehr als verdoppeln würden

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Paukenschlag im Unterföhringer Gemeinderat: Die gesamten Planungen für den neuen Sportpark südlich der Mittelfeldallee werden mit sofortiger Wirkung gestoppt. Grund sind die Kostenexplosion und die nicht zu gewährleistende Funktionalität der Gebäude und Anlagen, wie die SPD in einem Dringlichkeitsantrag schreibt. Dieser hat im Gremium nach einer kontrovers geführten Debatte eine Mehrheit gefunden - gegen die Stimmen von Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer von der Parteifreien Wählerschaft und seiner PWU-Fraktion.

Bereits im Bauausschuss hatten die Unterföhringer Kommunalpolitiker ihren Augen und Ohren nicht getraut, als die jüngste Kostenschätzung für das Großprojekt auf dem Tisch lag: Die ursprüngliche Aufstellung der Ausgaben lag bei 60 Millionen Euro, nun sollte es plötzlich mehr als das Doppelte sein. 126 Millionen Euro - das könne nicht sein, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Philipp Schwarz und bat seine Kollegen darum, "die Notbremse zu ziehen".

126 Millionen

würde der neue Sportpark in Unterföhring mindestens kosten, wenn die Gemeinde das Projekt so umsetzt, wie es die Entwurfsplanung ausweist. Eine erste Schätzung lag bei 60 Millionen Euro, also bei weniger als der Hälfte. Der Gemeinderat hat deshalb einen sofortigen Planungsstopp verfügt.

Der Bürgermeister verweis auf "einstimmige" Beschlüsse

Seine Partei habe sich in den vergangenen Wochen die Entwurfsplanung ganz genau angesehen, gemeinsam sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Gemeinde die Planungen angesichts der immensen Summen aussetzen müsse. "Baukosten in dieser Höhe stehe in unseren Augen in keiner Relation mehr. Unterföhring soll und wird einen Sportpark bekommen", heißt es im Dringlichkeitsantrag. Aber nicht für so viel Geld.

Bürgermeister Kemmelmeyer zeigte sich angesichts des drohenden Planungsstopps verärgert: "Wir haben die meisten Beschlüsse zum Sportpark einstimmig gefasst", sagte er. Beim Architektenwettbewerb habe sich auch das Preisgericht für den jetzt im Feuer stehenden Entwurf ausgesprochen. "Wie soll es weitergehen? Wir haben gültige Verträge mit Planern und Firmen", fragte der Bürgermeister. Er teile zwar die Meinung, dass eine solche Kostenexplosion keinesfalls hinzunehmen sei und habe das auch im Bauausschuss deutlich gemacht. Allerdings habe man sich dann darauf geeinigt, bei einem sogenannten Architekten-Workshop am 24. Juni mit allen Planern und Gemeinderäten Sparvorschläge und Änderungen der Entwurfsplanung einzufordern. Diesen solle das Gremium doch bitteschön abwarten, forderte Kemmelmeyer, dem in dieser Frage von Bauamtsleiter Lothar Kapfenberger assistiert wurde.

Die Mehrheit im Gremium wollte sich darauf nicht einlassen, wenngleich der Workshop in jedem Fall stattfinden solle, wie alle Fraktionen betonten. Dennoch muss die Planung jetzt gestoppt werden, sagte CSU-Sprecher Manfred Axenbeck. Das Preisgericht habe nicht falsch entschieden, als es sich für den Entwurf vom Büro Kplan entschied, das sich mit den Münchner Landschaftsarchitekten Mahl-Gebhard-Konzept um den Sportpark beworben hatte, sagte Axenbeck.

"Große Mängel" bei den Planungen

Allerdings müsse das Projekt "komplett umgeplant" werden, forderte er. Aus Kostengründen und vor allem wegen der "großen Mängel" bei den Planungen von Stadion, Hallenbad und Sauna sowie beim Vereinshaus mit Gastronomie. "Wir unterstützen den Antrag der SPD", kündigte der CSU-Sprecher zum Leidwesen von Rathauschef Kemmelmeyer an.

Zweite Bürgermeisterin Betina Mäusel (CSU) warb im Gremium um Zustimmung für den Planungsstopp: "Wir müssen den Mut haben, die Planung zu hinterfragen." Es müsse ja "nicht zurück auf Los gehen", aber so könne man nicht weitermachen, sagte Mäusel und bat darum, miteinander einen Konsens zu finden, "um den Sportpark wieder aufs Gleis zu setzen". Das könne bei besagtem Workshop sein oder in einer Sondersitzung des Gemeinderats, in der alle gemeinsam ihre Wünsche offenlegen und die nach ihrer Meinung bestehenden Mängel der Planung kommunizieren. Wie von Bauamtsleiter Kapfenberger gewünscht, könnte dies alles dann der Verwaltung übergeben werden - als eine Art Optimierungsliste.

Günther Ernstberger von der PWU unterstützte Mäusels Anregung. Er halte zwar nichts von einem sofortigen Planungsstopp, sagte er: "Aber ich bin sehr dafür, dass das Planerteam von der Verwaltung zurechtgerückt wird." Am Ende setzten sich all jene durch, die jetzt die Notbremse ziehen wollen. Mit zwölf zu neun Stimmen wurde der Planungsstopp mehrheitlich beschlossen.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2018
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