Pandemie und Ostern:"Sakramente kann man nicht digitalisieren"

Gottesdienst für die Opfer der Corona-Pandemie

Gottesdienst in Präsenz während der Pandemie.

(Foto: dpa)

Kirchenvertreter sind verärgert über die Bitte, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten.

Von Angela Boschert, Aying/Garching/Ottobrunn

Die Bundesregierung hat ihre Bitte, zu Ostern auf Präsenzgottesdienste zu verzichten, rasch wieder zurückgenommen. Christen und Juden können diese Woche Ostern beziehungsweise Pessach unter Einhaltung von Hygieneauflagen in ihren Gotteshäusern feiern. Dennoch sitzt der Schreck tief und das Ansinnen hat mehr als Verwunderung ausgelöst. Etwa bei Pfarrer Manuel Kleinhans, der die katholischen Pfarrverbände Höhenkirchen sowie Aying und Helfendorf leitet: "Die Ruhetage wurden dahin gelegt, wo es wirtschaftlich am wenigsten kostet, auf das Osterwochenende", sagt er. "Die Kirchen wurden gebeten mitzumachen."

Aber das religiöse Bedürfnis der Gläubigen in der katholischen Kirche sei der Empfang des Sakraments. "Sakramente kann man nicht digitalisieren. Solange der Mensch noch aus Fleisch und Blut besteht, ist seine körperliche Anwesenheit beim Sakrament nötig", sagt der 37-jährige Pfarrverbandsleiter. Er wisse nichts von kirchlichen Superspreader-Events. Auch gehöre ein Gottesdienst zum Grundrecht der Religionsausübung und sei etwas anderes als ein Veranstaltungsbesuch. Man beschränke sich nun aber auf die zentralen Gottesdienste am Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersonntag und verzichte auf zusätzliche Angebote, wie etwa das Nachtgebet und Ölbergandachten. Er glaube, die Gläubigen hätten Verständnis für das reduzierte Angebot. "Es ist natürlich nicht einfach für die Politik, aber dass ein Jahr nach Beginn der Pandemie nur Prävention das Mittel der Wahl ist, ist hart", sagt Kleinhans.

Jeder bringt seine Hostie mit

Die katholische Gemeinde Ismaning-Unterföhring mache "das Menschenmögliche" für sichere Ostermessen, betont Pfarrgemeinderatsvorsitzende Barbara Buhn. "Wir haben Routine, auch ein Hochamt unter freiem Himmel im Innenhof der Ismaninger Kirche abzuhalten. Zudem bringt jeder seine Hostie von zu Hause mit." Für sie alle gelte, "lieber ganz reduziert, als überhaupt keinen Präsenz-Gottesdienst zu feiern". Erneut am Ostersonntag vor dem Fernseher zu sitzen, weil die Kirchen geschlossen sind, aber an Karfreitag "draußen Party", das dürfe nicht sein.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern teilte ihren Gemeinden mit, wer am liturgischen Ablauf beteiligt sei, solle auf Kosten der Landeskirche einen Schnelltest machen. Jede Gemeinde entscheidet selbst, wie sie agiert. So verzichtet die Laudatekirche in Garching gänzlich auf ein Abendmahl beim Präsenzgottesdienst, der seit Herbst im Bürgersaal stattfindet. Pfarrerin Kathrin Frowein teile das Abendmahl aber gerne Gläubigen zu Hause aus, sagt Pressebeauftragter Alexander Bautzmann. Der Kirchenvorstand sei sich schnell einig gewesen, sich auch anderen Auflagen anzupassen.

Die evangelische Glaubensauffassung gehe von der Osterbotschaft aus, die sich digital transportieren lasse, sagt der Pullacher Pfarrer Martin Zöbeley. Bei sakramentalem Denken gehe das nicht. Ein digitales Abendmahl lehnt Zöbeley ab, Manche Menschen bräuchten Präsenz-Gottesdienste. Diese hätten eine ganz besondere Tiefe bekommen, seit sie wieder möglich sind. "Das packt mich einfach, da fallen mir Berichte an Gottesdienste nach dem Zweiten Weltkrieg ein", so Zöbeley. Also gibt es an der Jakobuskirche eine besondere Auswahl an Gottesdiensten, aber auch Online-Übertragungen.

In der evangelischen Michaelskirche Ottobrunn war man laut Dekan Mathis Steinbauer überrascht über das Ansinnen der Politik: "Eine solche Bitte haben wir nicht erwartet, zumal es nie ein Problem wegen Hygienemaßnahmen gegeben hat." Man könne aber auch online vielfältige Angebote wahrnehmen, sagt Steinbauer und erinnert an die Worte des EKD-Ratsvorsitzenden und Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm: "Wir haben diese österliche Hoffnungsbotschaft selten so sehr gebraucht wie heute."

In einer früheren Version des Textes fehlte vor dem letzten Zitat "und erinnert an die Worte des EKD-Ratsvorsitzenden und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: