Projekt-Seminar:Über den Berg

Elftklässler des Gymnasiums Ottobrunn haben bei P-Seminar Alpen überquert. Hier haben sie gerade den Reschenpass passiert und blicken auf den Reschensee. Nevio Zuber ist in der Mitte hinten zu sehen, stehend mit blau verspiegelter Brille

Fast geschafft: Die Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern Roland Göbel und Bernhard Müller (vorne von rechts) nach der Überquerung des Alpenhauptkammes über dem Reschensee. Nevio Zuber steht hinten in der Mitte (mit Brille).

(Foto: Privat)

Monatelang stand die geplante Alpenüberquerung von Ottobrunner Elftklässlern auf der Kippe. Umso schöner war es für die Teilnehmer, als sie dann doch losradeln konnten.

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Die Anstrengung, der Anblick der Landschaft, das Teamgefühl - es gibt einiges, was elf Elftklässler des Gymnasiums Ottobrunn wohl nie wieder vergessen werden. Mit zwei Lehrern haben sie in einem Projekt-Seminar auf Mountainbikes die Alpen überquert und sind erst vor Kurzem zurückgekehrt. Dabei stand das Unternehmen wegen der Corona-Pandemie lange auf der Kippe. Nevio Zuber, einer der Teilnehmer erzählt, wie "surreal" es war, als sie schließlich tatsächlich im Zug Richtung Garmisch-Partenkirchen saßen - der Startpunkt ihrer ersten Etappe.

Seit der Einführung des G 8 müssen Oberschüler an den bayerischen Gymnasien in der Oberstufe ein Projekt-Seminar, kurz P-Seminar, besuchen. Es soll unter anderem der Berufsorientierung dienen. Das Seminar zur Alpenüberquerung, angedockt an das Fach Sport, fand schon großen Anklang, bevor es überhaupt startete. Wie Zuber erzählt, gab es 30 Anmeldungen, 16 Schülerinnen und Schüler konnten am Ende teilnehmen. Los ging es für die Elftklässler zu Beginn des Schuljahrs, als die Pandemie mit steigenden Inzidenzen wieder Fahrt aufnahm. "Das gesamte Seminar stand auf sehr unsicheren Beinen", sagt der 18-Jährige, der auch Landesschülersprecher ist. Die beiden Sportlehrer Bernhard Müller und Roland Göbel seien dennoch optimistisch gewesen und hätten sie angeregt, mit dem Organisieren zu beginnen, erinnert sich der 18-Jährige. Wie das bei einem Projekt-Seminar üblich ist, nahmen die Schüler vieles selbst in die Hand und teilten sich in verschiedene Gruppen ein. Zuber selbst betätigte sich in der "Erste-Hilfe-Gruppe". Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit der passenden Ernährung für die Tour. Eine weitere kümmerte sich um die Tourroute. Einige Monate lief all das mit angezogener Handbremse. Denn irgendwie wurden die Schüler laut Zuber das Gefühl nicht los, sie täten das alles umsonst.

Im Frühjahr kam der Lichtblick: Es bestand die Aussicht, die Sieben-Tage-Inzidenz könnten einstellig werden. Von da an gaben die Schüler Gas. Freilich hatten sie auch vorher trainiert, einige von ihnen sind ohnehin begeisterte Radsportler. Nur jetzt gaben die Lehrer vor, dass jeder pro Woche zwei Fahrradtouren machen sollte, eine im Flachen und eine Bergtour. "Denn mit einer schlechten oder mittleren Fitness kann man eine Alpenüberquerung nicht machen", sagt Zuber. Sie unternahmen auch gemeinsame Touren.

Stunde der Wahrheit war am 18. Juli: Elf Schüler und ihre beiden Lehrer saßen mit ihren Mountainbikes im Zug Richtung Süden. Die anderen fünf konnten aus verschiedenen Gründen nicht mitkommen, sei es wegen einer Verletzung oder weil die zweite Corona-Impfung anstand. Fünf Tage lang traten Zuber und die anderen nun in die Pedale, was das Zeug hält. Von Garmisch nach Biberwier in Österreich, von Biberwier nach Pfunds, von Pfunds nach St. Valentin in Südtirol, von St. Valentin nach Meran und auf der letzten Etappe von Meran zum Kalterer See, nach Bozen und zurück zum Kalterer See.

Insgesamt kamen 323 Kilometer und 5800 Höhenmeter zusammen. "Am anspruchsvollsten waren die zweite und die dritte Etappe", erzählt Nevio Zuber. Allein von Biberwier nach Pfunds hatten die Elftklässler 1700 Höhenmeter zu erklimmen. Auch fuhren sie oft in praller Sonne.

Das Training und die gute Vorbereitung zahlten sich aus: Bis auf ein paar Schürfwunden und Prellungen gab es keine Verletzungen. Dafür wurden sie alle für ihre Anstrengung belohnt. "Es war eine unglaubliche Erfahrung, eine unglaubliche Landschaft", sagt Zuber. Besonders beeindruckt hätte ihn der "wunderschöne Ausblick über den Reschensee", als sie den Alpenhauptkamm überquert hatten. Er selbst war mitgefahren, um "Erlebnisse zu schaffen, die mir das ganze Leben bleiben". Das dürfte gelungen sein. Auch seine Mitschüler dürften zufrieden sein. Einige wollten "an ihre Grenzen kommen", andere ihre "beiden Leidenschaften Berge und Mountainbiken" verbinden, wieder andere "die Alpen mit dem Fahrrad aus eigener Kraft überqueren", wie er erzählt.

Auch für die beiden beteiligten Lehrer war das Projekt ein Erfolg. "Die Schüler sind in einen Drive gekommen. Als ich sie am Ziel fragte, ob sie weiterfahren wollen, sagten sie ja", erzählt Roland Göbel, der selbst passionierter Radfahrer ist und schon zuvor einen Alpencross gemeistert hat. "Diese Lust und Begeisterung wollte ich weitergeben, dass es ein unvergessliches Abenteuer wird", sagt er. "Das freut einen, wenn es passiert."

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