Uraufführung:Phantasiewelten in freiem Tempo

Uraufführung: Die Komponistin und die Chorleiterin: Eva Kuhn (links) und Margret Joswig bei der Probe.

Die Komponistin und die Chorleiterin: Eva Kuhn (links) und Margret Joswig bei der Probe.

(Foto: Claus Schunk)

Im Wolf-Ferrari-Haus präsentieren Solisten und der Kirchenchor St. Magdalena erstmals die "Ottobrunner Lieder" - Vertonungen von Gedichten des Historikers Herbert Speckner. Für die Kompositionen sind drei Studenten der Münchner Musikhochschule verantwortlich.

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Der Premierenort erscheint angemessen: Die "Ottobrunner Lieder" erleben an diesem Wochenende ihre Uraufführung in Ottobrunn. Sie sind eine besondere Erinnerung an den Historiker und Publizisten Herbert Speckner, der gemeinsam mit Jan Murken von 1976 an das Otto-König-von-Griechenland-Museum in der Gemeinde aufgebaut hat. Weniger bekannt ist, dass Speckner auch eine poetische Seite hatte. Seine Tochter Eva hat nun, zwei Jahre nach dem Tod ihres Vaters, einige der tiefsinnigen Verse vertonen lassen. Entstanden sind vier Chor- und vier Sololieder, die am Samstag, 16. September, erstmals im Wolf-Ferrari-Haus erklingen.

Grundlage der Kompositionen ist die Anthologie von 79 aus 1100 Gedichten, die Speckners Frau Ilse und seine Tochter Bettina anlässlich seines 80. Geburtstags zusammengestellt haben. Aus ihnen wählten drei Studierende der Hochschule für Musik und Theater München Texte aus. Bernhard Plechinger aus Rheinland-Pfalz komponierte einen Zyklus für Sopran und Klavier, den die Griechin Vassia Alati, begleitet von ihrem Liedduo-Partner Yuto Kiguchi (Klavier), singen wird. Aus dem lyrischen Sprachklang der Texte habe sich für ihn intuitiv der Klang oder die Farbe des daraus entstehenden Liedes entwickelt, sagt der 29-jährige Komponist. So umspielen von Maurice Ravel inspirierte solistische Klavierparts die sich entwickelnden Strophenstrukturen, ohne die Textverständlichkeit zu beeinträchtigen. Sängerin und Pianist agieren einander ebenbürtig.

Uraufführung: Sie wird mit ihrem Klavierpartner einige Ottobrunner Lieder interpretieren: Sängerin Vassia Alati.

Sie wird mit ihrem Klavierpartner einige Ottobrunner Lieder interpretieren: Sängerin Vassia Alati.

(Foto: Veranstalter)

Auch in den Chorvertonungen steht der Text im Vordergrund. Er wird im "Sommerregen" von Yann Windeshausen durch die Musik in seiner Atmosphäre verdichtet. "Ich sann schon eine Weile über das Stück nach, als mir plötzlich beim Rollerfahren die Regenmelodie einfiel. Danach feilte ich an den Harmonien bis zur völligen Stimmigkeit", erläutert der 20-jährige Luxemburger. Die Frauen- und Männerstimmen der Kantorei von St. Magdalena Ottobrunn fordern sich gegenseitig auf, den Regen und das Leben lachend zu genießen: "Streu dir Blumen auf den Hut/ trag sie lachend durch den Regen". Sie vereinigen sich und unterstreichen das Fazit Speckners: "Wie es kommt, so ist es gut". Das ist schlicht und wirkungsvoll zugleich.

Eva Kuhn greift tiefer in die Schatzkiste neuzeitlicher Kompositionstechniken und lässt im "Gesang zur halben Nacht" den Chor in freiem Tempo und im Dunstkreis nur einiger Tonhöhen einzelne Verse von Speckner vortragen, während der Pianist rhythmisch gebunden spielt. Sie habe Gedichte gewählt, die "sehr bildhaft geschrieben sind und gleichzeitig eine Phantasiewelt aufbauen". So hatte sie im "Gesang" gleich ein Bild des Fischers, der am Meer steht, wohingegen im Lied "Segelschiff in Nauplia" der genannte "Viermastsegler meiner Phantasie" ihre Gedanken beflügelte. Doch sie habe auch an Nauplia als Partnerstadt Ottobrunns gedacht: "Ich wollte dafür einen mystischen Klang schaffen, der leicht zu erzeugen, aber wirkungsvoll ist", sagt Kuhn.

Uraufführung: Eva Speckner, Projektkuratorin und Tochter des Dichters.

Eva Speckner, Projektkuratorin und Tochter des Dichters.

(Foto: Felikss Francer/privat)

Chorleiterin Margret Joswig hat mit ihren Sängerinnen und Sängern intensiv daran geübt, mutig diesen Clusterklang, der aus der Wiederholung nur weniger Töne in freiem Tempo entsteht, zu singen. Sie verrät, dass der Chor passend in Weiß-Blau, den Farben Griechenlands und Bayerns, auftreten wird. Projektkuratorin Eva Speckner ist schon heute begeistert: "Die Musik macht die Gedichte neuen Sinnen zugänglich. Inhalt, Sprachklang und Gefühle präsentieren sich vielfältig." Man darf gespannt sein, diese Seite von Herbert Speckner vertont zu erleben.

"Ottobrunner Lieder" von Herbert Speckner, Liederabend am 16. September um 19 Uhr im Ratssaal des Wolf-Ferrari-Haus, Rathausplatz 2, Ottobrunn. Interpreten: Vassia Alati und Yuto Kiguchi (Sopran und Klavier), Kirchenchor von St. Magdalena mit Margret Joswig. Eintritt: 19 Euro, ermäßigt 10 Euro (Schüler und Studenten mit Ausweis), Karten unter www.wfh@ottobrunn.de.

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