Das Ziel ist die erdabgewandte Seite des Mondes. Dort, so vermutete man 1929, gibt es Sauerstoff und Gold. Der Boden der stark gekrümmten Mondkugel rollt sich unter der Kamera hinweg, die Erde verschwindet allmählich aus dem Blickfeld der Passagiere in der Rakete. Die Erde, sie ist nur noch ein "untergehendes Gestirn", wie der von Willy Fritsch gespielte Ingenieur Helius notiert. Fritz Langs "Frau im Mond" ist der letzte große Stummfilm der Ufa. Ein visuell aufwendiges Meisterwerk, gewiss, aber weitgehend vergessen und im Schatten des anderen großen Science-Fiction-Klassikers von Fritz Lang. "Wieso kennen viele 'Metropolis' und diesen Film gar nicht?", haben sich Johannes Tonio Kreusch und sein Bruder Cornelius Claudio Kreusch gefragt.
Die beiden, die als Duo für die künstlerische Leitung der Ottobrunner Konzerte verantwortlich zeichnen, wollen dies ändern. "Wir hatten die Idee, den Film mit einer ganz neuen Musik zu präsentieren", erklärt Johannes Tonio Kreusch. Dafür gewannen sie den Komponisten und Musiker Simon Stockhausen, und am Donnerstag, 26. Oktober, kann das Publikum das Ergebnis dieses kreativen Projekts in Ottobrunn quasi mit allen Sinnen wahrnehmen: Fritz Langs "Frau im Mond" nach einem Drehbuch von Thea von Harbou und mit Willy Fritsch und Gerda Maurus in den Hauptrollen wird im Wolf-Ferrari-Haus auf großer Leinwand gezeigt - und dabei in ein noch nie gehörtes Klanggewand gehüllt, in einer Live-Aufführung.

Newsletter abonnieren:SZ Gerne draußen!
Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.
Simon Stockhausen, Sohn des berühmten Komponisten Karlheinz Stockhausen, einem Pionier der elektronischen Musik, und der Künstlerin Mary Bauermeister, wird seine Improvisationen und Klanginstallationen im Saal darbieten. Mit einem "komprovisierten" Soundtrack aus elektronischen Klängen, Perkussionsinstrumenten, Sopransaxophon, Stimme, Alltagsgeräuschen und Live-Elektronik wird er die Mondfahrt der Lang'schen Helden und ihre amourösen und existenziellen Verwicklungen eindrucksvoll flankieren. An einigen Stellen soll gleichsam der Klang selbst die Regie übernehmen und die Bildsprache von Lang neu belichten, verzerren, rhythmisieren, surrealisieren.
"Er ist eine illustre Figur", sagt Johannes Kreusch
Die Veranstaltung in der Reihe "Ottobrunner Konzerte" ist nicht die erste, die experimentelle, aber auch jazzige Musik mit legendären Silent Movies verknüpft: Vor zwei Jahren gab es bereits ein "Stummfilmfestival mit Live-Musik" bei dem neben Laurel & Hardy-Klassikern auch die sowjet-avantgardistische Dokumentation "Der Mann mit der Kamera" von 1929 live vertont wurde. "Uns ist es wichtig, Projekte zu präsentieren, die nicht gewöhnlich sind, die etwas Neues bieten", sagt Johannes Tonio Kreusch, der selbst klassischer Gitarrist ist.

Er und sein Bruder Cornelius Claudio Kreusch, der selbst arrivierter Jazz-Pianist ist, sind schon länger mit Simon Stockhausen - und auch dessen als Trompeter renommiertem Halbbruder Markus Stockhausen - befreundet. "Er ist eine illustre Figur", sagt Johannes Kreusch über Simon Stockhausen, betont aber auch - vielleicht mit Blick auf den als Neutöner durchaus berüchtigten Vater Karlheinz -, dass dessen Musik "sehr hörbar" sei. Hörbar, aber originell. Neben der kompositorischen Tätigkeit konzertiert Simon Stockhausen, der seine ersten Auftritte mit seinem Vater im Alter von zwölf Jahren in den Bühnenwerken "Sternklang" und "Donnerstag aus Licht" an der Mailänder Scala hatte, in verschiedenen Formationen als Keyboarder und Live-Elektroniker sowie Sopransaxophonist. In Ottobrunn wird er nun allein auftreten und den visuellen Reiz der Reise zur fernen Seite des Mondes mit modernen Klangbildern kombinieren.
Karten für das Konzert am Donnerstag, 26. Oktober, Beginn 20 Uhr, sind im Wolf-Ferrari-Haus erhältlich (Telefon 089/60 80 83 02) oder über www.wfh-ottobrunn.de respektive www.reservix.de .