Süddeutsche Zeitung

Ottobrunn:Wohnungen statt Flüchtlingsheim

Gemeinde stellt einen Bebauungsplan auf und erlässt eine Veränderungssperre

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Die Gemeinde Ottobrunn will sicherstellen, dass westlich und östlich der Rosenheimer Landstraße zwischen Hans-Kreß-Straße und Spatzenweg Wohnraum für Familien entsteht. Deshalb stellt sie einen Bebauungsplan mit konkreten Vorgaben auf und erlässt eine Veränderungssperre. Auslöser für den Beschluss des Bebauungsplans vom Montag war, dass das ehemalige Hotel Pazific in ein Wohnheim für Flüchtlinge mit vielen Appartements umgenutzt werden sollte.

Das eigentlich dort verfolgte städtebauliche Ziel, Wohnungen zu schaffen, sei "dadurch in Gefahr geraten", sagte Bürgermeiste Thomas Loderer (CSU). Daher schlage die Verwaltung vor, gegenzusteuern und die Planungshoheit auszuüben. Dem entsprechenden Antrag auf Nutzungsänderung entzog der Planungsausschuss damit mit seiner Entscheidung die Grundlage und verweigerte sein Einvernehmen.

Konkret handelt es sich bei dem Bebauungsplan um die sechste Änderung des Bebauungsplans 10R. Nun soll im besagten Bereich in Gebäuden mit zwei Vollgeschossen im ersten Obergeschoss und bei Gebäuden mit drei oder vier Stockwerken ab dem zweiten Obergeschoß ausschließlich Wohnen zulässig sein. Gleichzeitig soll die zulässige Höchstzahl der Wohnungen in Wohngebäuden so festgelegt werden, sodass der Bau von für Familien geeigneten Größen sichergestellt wird. Nicht zuletzt damit wäre das beantragte Wohnheim mit Single- und Doppelapartments nicht vereinbar.

Von Rechtsbeistand Ferdinand Kuchler erfuhr das Gremium, dass solch ein Vorgehen zulässig ist. Wichtig sei, dass die Gemeinde ein Ziel verfolge, das sie mit der Bauleitplanung verfolgen dürfe: Dass in einem weiteren Umgriff insbesondere Wohnungen für Familien entstehen, sei so ein Ziel, das die Gemeinde mit Bebauungsplan und Veränderungssperre verfolgen dürfe. Es sei auch kein vorgeschobenes Anliegen, weil ja mit dem einstigen Eigentümer des Hotel Pazific schon ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen worden war, dass Wohnungen in bestimmtem Umfang geschaffen werden sollten. Der jetzige Eigentümer verfolgte das aber nicht weiter. Auf den Einwand aus dem Gremium, dass nur bei diesem Vorhaben die Gefahr einer Zweckentfremdung bestehe, antwortete Kuchler: "Aktuell" sei das nur bei dem Gebäude der Fall, es könne aber in der Zukunft auch bei anderen Grundstücken so sein.

Auf Betreiben von SPD und Grünen hin sollen bei den Familien, für die Wohnraum entstehen soll, ausdrücklich auch Flüchtlingsfamilien gemeint sein. Dementsprechend wurde der Beschlussvorschlag in der Sitzung dann abgeändert. "Wir haben auch die Verpflichtung, Menschen, die ihre Heimat aus betrüblichen Gründen verlassen mussten", gut unterzubringen, sagte etwa SPD-Fraktionsvorsitzende Ruth Markwart-Kunas. Sie schilderte ihren Zwiespalt, dass sie natürlich auch nicht wolle, dass die Gemeinde ihre Planungshoheit aus der Hand gebe. Die Grünen sahen das ähnlich, mehrmals baten beide Fraktionen um eine Sitzungsunterbrechung, um sich zu besprechen. Bürgermeister Loderer sagte, dass der Wohnraum in erster Linie für Familien gedacht sei, die schon hier wohnten. Er verbarg auch nicht, dass er keine Pflicht sehe, dass die Gemeinde weitere Flüchtlinge unterbringe. Es gehe ja nicht nur darum, eine Notlage zu lindern. Der Zuteilungsschlüssel nach Einwohnern entfalte keine Rechtsverbindlichkeit. Am Ende ließ er sich doch auf den Zusatz mit den Flüchtlingsfamilien ein. Ebenso wurde im Beschluss auf den Vorstoß von Grünen und SPD hin festgelegt, dass die Verwaltung mit Bauwerbern - also hier dem Eigentümer des Hotels - und gegebenenfalls mit dem Landratsamt in Verhandlungen eintreten soll mit dem Ziel, familiengerechte Wohnungen auch für Flüchtlingsfamilien in einem familiengerechten Umfeld zu schaffen. So konnten dann auch die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte von SPD, Grünen und ÖDP dem Ansinnen der Gemeinde zustimmen.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2021
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