Ottobrunn:Wohnen über dem Kindergarten

Ottobrunn: So stellt sich Architekt Michael Biedermann den Neubau an der Rosenheimer Landstraße in Ottobrunn vor, der eine Kinderbetreuungseinrichtung und Gemeindewohnungen beherbergen soll. Simulation: DBLB Planungsgesellschaft mbH

So stellt sich Architekt Michael Biedermann den Neubau an der Rosenheimer Landstraße in Ottobrunn vor, der eine Kinderbetreuungseinrichtung und Gemeindewohnungen beherbergen soll. Simulation: DBLB Planungsgesellschaft mbH

Die Gemeinde plant einen fünf- bis sechsstöckigen Neubau für Familien und Gemeindebedienstete

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

In München, sagt Architekt Michael Biedermann, sei eine Entwicklung zu beobachten, die sich in Ottobrunn ins Gegenteil verkehren könnte. "Wenn in München Wohngebäude gebaut werden, heißt es irgendwann: Da muss noch eine Kita rein", sagte Biedermann am Dienstagabend im Planungsausschuss des Gemeinderats. Im Auftrag der flächenmäßig kleinen, aber bevölkerungs- und vor allem kinderreichen Gemeinde hat der Architekt des Münchner Büros DBLB einen anderen Plan entworfen: für ein fünfstöckiges Gebäude, das in Erdgeschoss und erster Etage Kindergarten und Krippe beherbergen soll und darüber Wohnungen für Angestellte der Einrichtungen sowie der Gemeindeverwaltung.

Entstehen soll das Projekt auf einer der wenigen freien Flächen, die sich im Besitz der Kommune befinden: dem sogenannten Johanniter-Grundstück, einem unbebauten Areal im Süden der Gemeinde, das von der Virchow-, Robert-Koch- und Rosenheimer Landstraße umgeben wird. Seit drei Jahren gibt es im Gemeinderat Überlegungen, an dieser Stelle Kinderbetreuungseinrichtungen in Modul-Bauweise zu errichten, um erstens schnell auf steigende Nachfrage reagieren und zweitens im Bedarfsfall eine andere Form der Nutzung ermöglichen zu können.

Spätestens seit Dienstagabend aber ist klar: Ottobrunn will neue Wege gehen, eine dauerhafte und vor allem innovative Lösung ermöglichen und sehr wahrscheinlich noch höher bauen, als zunächst gedacht. Die Vorstellung Biedermanns jedenfalls geht weit über das hinaus, was der Planungsausschuss eigentlich zu entscheiden hatte: einen Grundsatzbeschluss für das Projekt und eine Änderung des Bebauungsplans.

Geht es nach Architekt Biedermann, soll das Gebäude in konventioneller Bauweise errichtet werden und nicht wie zunächst gedacht als Provisorium in Modulbauweise. In den unteren beiden Etagen sollen bis zu drei Meter hohe Räumlichkeiten für bis zu sechs Kindergarten- und Krippengruppen entstehen, samt großzügiger Freiflächen und überdachter Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien. Um oberirdische Stellplätze zu vermeiden, ist eine Tiefgarage vorgesehen, die nur etwa 1,50 Meter in den Boden eingelassen und dementsprechend tageshell wird. Unter der Garage wäre Platz für Mieterkeller.

Diese Vorstellungen trafen bei den Gemeinderäten auf allgemeine Zustimmung, vor allem die bereits ausgearbeiteten Visualisierungen Biedermanns. Diese fachten die Fantasie des Gremiums an. Mit fünf Etagen sei das Haus im Vergleich zur Umgebung sogar etwas niedrig, sagte Reinhard Pohl von der Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO). "Wir können uns ohne Probleme sechs Etagen vorstellen - oder sogar zwei mehr." Doris Popp von den Grünen verwies auf das Hotel Aigner nördlich der Robert-Koch-Straße, das ebenfalls sechs Stockwerke hat: "Wir sollten eine Etage höher gehen." Denn vergünstigter Wohnraum sei in Ottobrunn dringend erforderlich, machte Popp deutlich. Planer Biedermann sagte, "höher bauen" gehe immer. Ein "Wachstum von 20 Prozent" beim Bauvolumen sei problemlos zu machen, und angesichts der umliegenden, hohen und dichten Bebauung auch verträglich.

Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) machte ebenso wie SPD-Fraktionssprecherin Ruth Markwart-Kunas deutlich, dass die Zeit dränge - und dieser Druck aufgrund der hohen Geburtenrate in der Gemeinde anfangs auch für eine Modulbauweise gesprochen habe. "Wenn wir jetzt auf eine andere Linie einschwenken und etwas Dauerhaftes bauen, heißt das aber trotzdem, dass wir das Projekt schnell durchziehen müssen", sagte Loderer. Die Gemeinde selbst wird als Bauherr und Kostenträger auftreten. Das habe den Vorteil, "dass wir dann auch entscheiden, an wen die Wohnungen vergeben werden", so der Rathauschef. Auf vier Etagen könnten mehr als 20 Wohnungen entstehen, die an den viel befahrenen Verkehrsachsen über Laubengänge betreten werden und zur Südseite hin über Balkone geöffnet werden können - und damit allen Vorgaben beim Schall- und Lärmschutz entsprächen, wie Biedermann erklärte.

Das Projekt reiht sich ein in eine Reihe innovativer Bauformen, die verstärkt in urbanen, dicht besiedelten Ortschaften erprobt werden, wie etwa Wohnungsbau über Discounter-Filialen. Oder einem Vorhaben in Taufkirchen: Dort wird ein Sportplatz auf das Dach der neuen Grundschule am Wald gesetzt.

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