Erneuerbare Energie versus Trinkwasserschutz:Ottobrunner Gemeinderat billigt Klage gegen Windpark

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Die Arbeiten zum Bau der drei Windräder im Höhenkirchner Forst haben bereits begonnen. (Foto: Claus Schunk)

Bürgermeister Loderer muss sich viel Kritik wegen seines eigenmächtigen Handelns anhören. Doch eine knappe Mehrheit folgt seinem Kurs und will die Rotoren im Höhenkirchner Forst juristisch zu Fall bringen.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Die Gemeinde Ottobrunn verfolgt die Klage gegen die Genehmigung der drei Windräder im Höhenkirchner Forst vor dem Münchner Verwaltungsgericht weiter. Am Mittwochabend stimmte der Gemeinderat mit äußerst knapper Mehrheit dafür, das Vorgehen von Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) nachträglich zu legitimieren. Dies war notwendig, weil die Rechtsaufsicht im Münchner Landratsamt zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Loderer seine Befugnisse überschritten hatte und die Einreichung der Klage ohne Mandat des Gemeinderats unwirksam wäre. Die Rechtsaufsicht hatte aber auch klargestellt, dass dieser Mangel durch eine nachträgliche Genehmigung des Gemeinderats behoben werden könnte.

Der Entscheidung des Gemeinderats ging eine intensive Debatte voraus, in der insbesondere das eigenmächtige Vorgehen Loderers sowie der Zeitpunkt der Klage kritisiert wurden. Der Bürgermeister hatte Anfang Juni bei einem Pressegespräch mitgeteilt, dass er gegen die drei Windräder, die von den Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern im Forst errichtet werden, juristisch vorgeht. Er begründete diesen Schritt mit dem Trinkwasserschutz, da die Gemeinde Ottobrunn einen Großteil ihres Trinkwassers aus zwei Brunnen im Höhenkirchner Forst bezieht, die sich in Besitz der Wasserwerke Hohenbrunn befinden. Der Bau der Rotoren hat bereits begonnen.

„Sie spielen unser Trinkwasser aus irgendeinem Grund gegen erneuerbare Energien aus. Aber unser Trinkwasser ist nicht in Gefahr“, sagte Grünen-Gemeinderat Leon Matella in der Sitzung zu Loderer. Er verwies auf die lange Planungszeit der Rotoren von fünf Jahren. „Wenn Ihnen das wirklich wichtig ist, dann haben Sie schwer weggeschaut“, sagte Matella. Er selbst und zahlreiche weitere Gemeinderatsmitglieder hätten sich selbst ein Bild von der Situation im Höhenkirchner Forst gemacht und das Gespräch mit Planern sowie Höhenkirchen-Siegertsbrunns Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) gesucht. „Der Bürgermeister redet über tiefe Fundamente, aber die sind nur 70 Zentimeter tief. Alle Beteiligten sind sich der sensiblen Lage im Wasserschutzgebiet bewusst. Und eine Havarie ist nahezu ausgeschlossen“, sagte Matella. „Warum wir das wissen? Weil wir nachgefragt haben.“

Die SPD wirft dem Bürgermeister vor, die Gemeinde in die Isolation zu treiben

Loderer räumte ein, zu der Klage nicht berechtigt gewesen zu sein, verteidigte diese aber in der Sache. Er übte erneut Kritik am Landratsamt München als Genehmigungsbehörde der drei Windräder. Dieses habe schlichtweg versäumt, die Gemeinde Ottobrunn an dem Verfahren zu beteiligen und anzuhören, sagte der Bürgermeister. Ihm – und auch seiner CSU-Fraktion – gehe es darum, vollständige Akteneinsicht zu erlangen. Er führe keinen Kampf gegen Windräder, sondern gegen „Windräder am falschen Ort“, sagte Loderer. Nach Einschätzung Loderers und auch der hinzugezogenen Anwältin Kerstin Funk ist die Gemeinde Ottobrunn – anders als vom Landratsamt behauptet – sehr wohl Verfahrensbeteiligte, da die Gemeinde mit Abstand am meisten Wasser aus den beiden Brunnen beziehe. Funk betonte, dass die Wasserversorgung eine kommunale Pflichtaufgabe sei. Daher hätte das Landratsamt nach ihrer Aussage eine Stellungnahme der Gemeinde Ottobrunn einholen müssen, eben weil die Trinkwasserversorgung in deren Aufgabenbereich liegt.

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SPD-Fraktionssprecherin Ruth Markwart-Kunas widersprach dieser Darstellung: Die Gemeinde Ottobrunn habe einen Wasserlieferungsvertrag mit den Wasserwerken Hohenbrunn, sei aber keine Eigentümerin der beiden Brunnen V und VI, selbst wenn sie einen Großteil der Investitionen tätige. Markwart-Kunas warf Loderer vor, die Gemeinde Ottobrunn in „die politische Isolation“ zu treiben, weil er nicht mit den am Bau der Windräder beteiligten Gemeinden gesprochen habe. Loderer pflege einen „merkwürdigen Umgang“ mit den Bürgermeisterkollegen. „Sie suchen kein Gespräch, Sie kommen immer sofort mit der Keule“, sagte Markwart -Kunas zu Loderer.

Erika Aulenbach von der Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO) warf dagegen der Gemeinde Hohenbrunn vor, Ottobrunn nicht über das laufende Genehmigungsverfahren informiert zu haben. CSU-Gemeinderat Florian Keil räumte ein, dass man die „Zeitschiene“ bei der Klage kritisieren könne. Sein Fazit war aber: „Besser spät als nie.“ Der Fortführung der Klage stimmten Loderer, die gesamte CSU-Fraktion sowie Aulenbach und ihr Fraktionskollege Reinhard Pohl zu. Dagegen stimmten die SPD, die Grünen sowie BVO-Gemeinderat Matthias Klebel und FDP-Rat Axel Keller. Weil ein ÖDP-Gemeinderat sowie eine Vertreterin der Grünen fehlten, ergab sich eine Mehrheit von 15 zu 14 Stimmen. Einen Baustopp auf den drei Windrad-Baustellen zieht die Klage nicht nach sich, weil keine aufschiebende Wirkung besteht.

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